Pflegegrade und die neuen Begutachtungsrichtlinien. Nicole Franke
Wertigkeit bezüglich des Pflegebedarfs angegeben.
Die pflegebegründende Diagnose ist ursächlich für den Pflegebedarf. Mit einer systematischen Identifikation und Darlegung in der Pflege- und Betreuungsdokumentation vermeiden Sie entsprechend Fehleinschätzungen, die sich im Folgenden auf die gesamte Beurteilung auswirken könnten!
3.3 Praxistipps und Formulierungshilfen
Vermeiden Sie Missverständnisse
➤ Damit es in Begutachtungen nicht zu Fehleinschätzungen kommt, identifizieren und benennen Sie die zwei hauptpflegebegründenden Diagnosen konkret!
Denn: wenn bei einem Pflegebedürftigen z. B. auch eine Niereninsuffizienz oder ein Diabetes mellitus diagnostiziert wurde, ist dies nicht unbedingt pflegebegründend, da es durch diese Diagnosen nicht zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung der Selbständigkeit kommen muss!
➤ Im Idealfall kennzeichnen Sie die zwei hauptpflegebegründenden Diagnosen bereits übergeordnet in Ihrer Pflege- und Betreuungsdokumentation
➤ Die Faktoren, mit denen Sie die den Hilfebedarf bzw. die Beeinträchtigungen der Fähigkeiten entsprechend begründen, sollten sich dann wieder eindeutig unter den einzelnen Punkten Ihrer Informationssammlung gemäß Ihrem gewählten Pflegemodell bzw. SIS wiederspiegeln.
➤ Achten Sie auf eine differenzierte Diagnosestellung durch den Arzt. Beispielsweise ist häufig nur die Diagnose Apoplex rechts mit Hemiplegie links oder umgekehrt zu finden, wenn ein Kunde einen Schlaganfall erlitten hat. Aber was resultiert alles daraus? Die Beeinträchtigung der Fähigkeiten bzw. der daraus resultierende Pflegeaufwand gestaltet sich sehr unterschiedlich, wenn als Folgeerscheinung ein Neglect, eine Aphasie und/oder eine Hemianopsie usw. auftreten. Um sicherzustellen, dass Sie erfolgreich argumentieren und begründen können, sollte dies entsprechend differenziert in der ärztlichen Diagnose dokumentiert sein.
➤ Schulen Sie Ihre Mitarbeiter bzgl. einer angemessenen Darstellung pflegebegründender Diagnosen (lückenlose Darstellung des Ist-Zustands) und hinsichtlich einer überzeugenden und plausiblen Argumentation im Begutachtungsgespräch!
Darstellungsbeispiel der Pflegebegründenden Diagnosen
Ärztliche Diagnose | davon insbesondere pflegebegründend und damit selbständigkeits- / fähigkeitsbeeinträchtigend |
Demenz (wesentlich pflegebegründend) | Desorientiertheit in allen Bereichen, Weg-/ Hinlauftendenzen, Überschätzung der eigenen Fähigkeiten mit Verkennung von Risiken und Gefahren, motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, erhebliche nächtliche Unruhe, verbale Aggressionen mit Abwehrverhalten und Unkooperation bei pflegerischen Maßnahmen, Fehlhandlungen insbesondere im Ausscheidungsbereich |
Harn- und Stuhlinkontinenz (wesentlich pflegebegründend) | komplette Inkontinenz; bestehende chronische Hautirritationen im Intimbereich, ärztlich verordnete Dauermedikation, häufiges nächtliches Wasserlassen mit Nichttoleranz des Inkontinenzschutzmaterials und unkontrolliertem Entfernen, häufige Abwehr pflegerischer Leistungen; komplette Unfähigkeit, die Folgen der Harn- und Stuhlinkontinenz bewältigen zu können |
Diabetes mellitusTyp 2(insulinpflichtig) | bestehende chronische Hautirritationen; Neigung zu Blutzuckerentgleisungen mit daraus resultierender Sturz- und Verletzungsgefahr; ist nicht in der Lage die ärztlich verordnete Diät / Verhaltensvorschrift einzuhalten |
Hypertonie | zeitweise Schwindel mit daraus resultierender Sturzgefahr, dadurch erhöhter Beaufsichtigungsbedarf, enger Überwachungsintervall durch RR-Kontrollen |
Niereninsuffizienz | nicht pflegebegründend |
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