Die Stunde der Apachen: 12 Romane einer großen Western-Saga. Pete Hackett
die mit Karabinern bewaffnet waren. Ihre Gesichter waren ausdruckslos.
»Ich darf Sie bitten, uns zu begleiten, Lieutenant Whitlock. Die Kompaniechefs haben beschlossen, gegen sie wegen Insubordination vor dem Kriegsgericht Anklage zu erheben. Ich wurde angewiesen, Sie in Gewahrsam zu nehmen. Ich hoffe, Sie widersetzen sich nicht Ihrer Verhaftung, Lieutenant. Es täte mir Leid, wenn ich Gewalt gegen Sie anwenden müsste.«
»Keine Sorge, First Sergeant. Sie werden kein Problem mit mir haben. Gehen wir.«
Die vier Wachsoldaten nahmen draußen Whitlock in die Mitte und führten ihn ab. Whitlock konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass in diesen Momenten sein Leben in eine andere Bahn gelenkt wurde, und er hatte das tief empfundene, unheimliche Gefühl, dass sein Schicksal einer Entscheidung entgegen trieb. Fort Wingate schien zum Schauplatz eines Wendepunkts in seinem Leben zu werden...
Band 2
Die Spur führt nach Mexiko
»Bete, dass sich dein Boss richtig entscheidet!«, knirschte Ross Wallace. Seine Stimme war so frostig wie das Glitzern des Colts in seiner Faust. Er hielt die Mündung der Waffe gegen die Stirn des Wachsoldaten. Ken Cramer und Dan Connor hielten den Soldaten fest. Cramer hatte ihm den Arm auf den Rücken gebogen. Licht flutete vom Korridor in die Zelle. Man konnte das gepresste Atmen der Männer hören.
Die Banditen hatten nichts zu verlieren und mussten alles auf eine Karte setzen, denn für sie ging es um Kopf und Kragen. Das machte sie unberechenbar und tödlich gefährlich.
Der Wachsoldat, den sie in ihrer Gewalt hatten, zitterte, sein Gesicht war entstellt, die Angst ließ es zur Grimasse erstarren.
Dann war die Viertelstunde, die Ross Wallace als Frist für eine Entscheidung gesetzt hatte, um. Schritte tackten die Treppe hinunter in den Keller, in dem die Arrestzelle lag, eine Stimme erklang: »Was für eine Sicherheit bietet ihr, dass der Offizier, der sich euch als Geisel zur Verfügung stellt, freigelassen wird, sobald ihr euch in Sicherheit befindet?«
»Das ist eine verdammt dumme Frage!«, rief Scott Wilburn, der Indianermörder. »Es gibt keine Sicherheit. Unser Wort muss deinem Kommandanten genügen. Es ist verdammt leichtsinnig von ihm, dich statt mit einer Entscheidung mit dieser dummen Frage zu schicken, Reitersoldat. Will er wirklich, dass wir den Burschen erschießen, der sich in unserer Gewalt befindet?«
»Das werden Sie nicht wagen. Es würde auch für Sie das Ende bedeuten.«
»Weiß dein Boss eigentlich, dass wir nichts mehr zu verlieren haben?«
Stiefelsohlen scharrten. Ein Klirren, wie wenn Stahl gegen Stein stößt, erklang. Wispernde Stimme waren zu hören. Die Anspannung hielt die Banditen fest im Griff. Keiner fühlte sich wohl in seiner Haut. War Colonel Roger Miles erpressbar? Oder warf er das Leben seines Soldaten in die Waagschale?
Scott Wilburn gefiel die Entwicklung ganz und gar nicht. Sein Bruder war nach El Paso gekommen und trug sich gewiss mit Plänen, wie er ihm zur Flucht verhelfen konnte. Er, Scott Wilburn, und Glenn Farley sollten nach New Mexiko überführt und dort der Justiz ausgeliefert werden, weil sie Verbrechen gegen die Armee und die Indianer begangen hatten. Auf dem Weg nach Norden hätte sich Lester eine Chance geboten, sie zu befreien. Doch nun ...
Scott Wilburn und Glenn Farley waren gezwungen, mitzumachen. Es entsprach nicht ihrem Willen, aber sie hatten keine andere Wahl. Es galt jetzt, Nerven zu bewahren und sich durchzusetzen. Wilburn rief rau: »Wir geben euch noch einmal fünf Minuten. Bestell deinem Boss, dass wir nicht spaßen. Fünf Minuten. Dann stirbt der Mann, den wir hier haben. Und ehe ihr uns in die Hölle schickt, erwischen wir noch ein paar von euch. Vergesst nur nicht, dass wir einen Revolver und ein Gewehr haben.«
Es dauerte keine fünf Minuten, dann erklang eine grollende Stimme: »Hier spricht Colonel Roger Miles. Ich bin Kommandant dieses Forts. In Ordnung. Wir gehen auf eure Forderung ein. Major Stafford ist bereit, sich Ihnen als Geisel zur Verfügung zu stellen...«
»Wir wollen Sie, Colonel«, rief Wilburn. »Sie werden Garant dafür sein, dass es Ihre Leute nicht wagen, uns zu verfolgen. Lassen Sie die geforderten Pferde, Revolver, Gewehre und ausreichend Proviant vor die Tür der Wachbaracke bringen. Und dann kommen Sie waffenlos zu uns herunter. Ihnen geschieht nichts, darauf haben Sie mein Wort.«
»Wessen Wort?«
»Scott Wilburns.«
»Sie sind ein Mörder. Ich glaube nicht, dass Ihr Wort viel wert ist.«
»Dies herauszufinden werden Sie es wohl darauf ankommen lassen müssen, Colonel. Okay. Unsere Geduld ist am Ende. Entscheiden Sie sich jetzt. Wenn sie innerhalb der nächsten sechzig Sekunden nicht hier unten antanzen, stirbt der Soldat.«
Einige Sekunden der Stille, des betroffenen Schweigens, verrannen. Dann ließ wieder der Colonel seine Stimme erklingen. »In Ordnung. Ich komme jetzt hinunter.«
Feste Schritte hallten in dem Kellergewölbe wider. Wenig später betrat der Colonel die Zelle. Sofort packten ihn Glenn Farley und Shane Baker, Scott Wilburn drückte ihm die Mündung des Karabiners gegen den Leib. »So ist's gut«, presste der Bandit hervor. »Lass den Soldaten gehen, Ross.«
»Erst wenn draußen die Gäule stehen.« Ross Wallaces Stimme hob sich. »Vergesst nur nicht, auch für den Colonel ein Pferd vor die Tür zu stellen. Und lasst jedweden krummen Gedanken sausen. Der Colonel hätte die Suppe auszulöffeln, die ihr ihm einbrockt.«
Wenig später erklangen durch das kleine, vergitterte Fenster Hufschläge. Sieben gesattelte Pferde wurden herangeführt. Eines der Tiere wieherte hell. Gebissketten klirrten. Die Tiere stampften auf der Stelle.
»Die Pferde stehen vor der Tür!«, erklang es. »An den Sattelknäufen hängen die Revolvergurte, in den Scabbards stecken Gewehre, Munition und Proviant befinden sich in den Satteltaschen.«
»Dann räumt jetzt das Wachgebäude!«, gebot Wilburn. »Wir wollen auch draußen keinen Soldaten sehen. Denkt daran, dass ich sogar noch mit einer Kugel im Kopf die Zeit finden werde, euren Kommandanten zu erschießen. Die Spielregeln bestimmen wir. Haltet euch nur daran. Andernfalls ...«
Der Bandit brach ab. Die stumme Drohung hing im Raum.
Schritte entfernten sich. Durch das Fenster sickerte Stimmengemurmel in das Verlies.
»Wir gehen«, sagte Wilburn.
»Vorwärts!« Ross Wallace trat von hinten an den Wachsoldaten heran, legte ihm den linken Arm um den Hals und drückte ihm die Mündung des Revolvers unter das Kinn. Er dachte nicht daran, den Burschen laufen zu lassen.
Der Pulk setzte sich in Bewegung. Auf dem Flur stand eine einsame Laterne auf dem Boden und verbreitete Licht. Wallace ging mit dem Soldaten, den er als lebendigen Schutzschild vor sich hielt, voraus. Ihm folgten Shane Baker und Ken Cramer. Dann kam der Colonel. Ihn hielt Scott Wilburn in Schach, indem er ihm die Mündung des Karabiners zwischen die Schulterblätter drückte. Den Schluss bildeten Glenn Farley und Dan Connor.
Der Aufenthaltsraum und das Wachlokal waren menschenleer. Die Tür nach draußen stand offen. Auch draußen stand eine Laterne. Die sieben Pferde standen in einer Reihe. Einige Soldaten hielten die Tiere am Zaumzeug fest.
Die Banditen und ihre Geiseln drängten ins Freie. »Verschwindet!«, herrschte Ross Wallace die Soldaten an, die