Welche Pflanze passt wohin im Naturgarten?. Paula Polak

Welche Pflanze passt wohin im Naturgarten? - Paula Polak


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Arten sind natürlich entstanden, Kreuzungen mit anderen Arten sind manchmal möglich. Nachkommen von Kreuzungen, auch Hybriden genannt, sind aber in der Regel unfruchtbar. In Pflanzennamen sind Kreuzungen mit × gekennzeichnet. Pflanzenarten sind überall auf der Erde entstanden und haben sich dort an die Gegebenheiten angepasst. Heimisch sind sie dann dort, wo sie entstanden sind, z. B. in Amerika oder Asien und nicht bei uns. Es gibt eine Menge Pflanzenarten aus anderen Erdteilen, die von Standorten kommen, die unseren ähnlich sind. So fühlen sich Pflanzen der nordamerikanischen Prärie auf unseren trockenen Verkehrsinseln und leider auch auf den Trockenrasen in Naturschutzgebieten durchaus wohl. Warum wir solche Exoten nur in kleinen Dosen einsetzen sollten, erkläre ich gleich noch.

      Pflanzen werden in seriösen Gärtnereien unter ihrem botanischen, d. h. lateinischen Namen verkauft. Das macht durchaus Sinn, denn nur der sagt genau, um welche Pflanze es sich handelt. Deutsche Pflanzennamen variieren stark, manche Pflanzen haben beinahe in jedem Dorf einen eigenen Namen. Dadurch besteht Verwechslungsgefahr. Der botanische Name einer Pflanze dagegen ist weltweit identisch. Plaudert ein Australier mit einem Schweden über Althaea officinalis, so meinen beide genau die gleiche Pflanze. Der botanische Name setzt sich aus dem Namen der Pflanzengattung und dem Art-Beinamen zusammen. Primula veris, die Echte Schlüsselblume, gehört zur Gattung Primula. Um sie nicht mit anderen, wie z. B. Primula vulgaris, P. elatior oder P. clusiana, zu verwechseln, gibt es den Art-Beinamen. So weiß man, dass man mit Primula veris die Echte Schlüsselblume bekommt, die andere Vorlieben hat als ihre Verwandten. Die Echte Schlüsselblume (Primula veris) kann mit der Stängellosen Schlüsselblume (Primula vulgaris) Hybriden bilden, die dann Primula × variabilis genannt werden. Sie stehen hinsichtlich äußerlichen und ökologischen Merkmalen zwischen den Eltern, und so kommt es, dass ich im Garten alle Spielarten habe: stängellos mit kleinen Blüten, hohe Stängel mit großen Blüten und alles dazwischen.

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      Beispiel Schlüselblume: Primula elatior bevorzugt solche halbschattigen Plätzchen, P. veris würde es hier nicht gefallen. Der Art-Beiname hilft Ihnen, die passende Pflanze zu bekommen.

      Der Mensch spielt gerne Schöpfung, also gibt es auch absichtlich hervorgerufene Kreuzungen aus verwandten Arten oder es werden gezielt Individuen einer Art selektiert, die besondere Eigenschaften aufweisen. Oft haben Züchtungen einen kompakten Wuchs, große oder intensiv gefärbte Blüten oder blühen ausdauernd. Manchmal geht dies allerdings zulasten anderer Eigenschaften. Wie ein Mensch, der im Fitnesscenter nur den Oberkörper trainiert, auf seltsam dünnen Beinen daherkommt, verlieren Zuchtsorten manchmal den Duft oder werden anfälliger für Krankheiten. Das muss aber nicht sein, manchmal hat eine Zuchtsorte bessere Eigenschaften als die Wildart. Ein Ergebnis der Züchtung sollten wir im Naturgarten aber nur minimal verwenden: gefüllte Blüten. Um diese dichten, üppigen Blüten zu erreichen, werden die Fortpflanzungsorgane der Pflanze zugunsten von Blütenblättern reduziert. Keine Fortpflanzungsorgane bedeuten aber auch keine Insektennahrung. Ein Garten ist zur Freude und zum Nutzen der Menschen da, er ist aber auch Lebensbasis für alles mögliche, was kreucht und fleucht, für Insekten, Vögel, Kleinsäuger, Fledermäuse u.v.m. All diese Tiere haben sich mit den Pflanzen einer Region gemeinsam entwickelt und sind auf diese als Nahrung spezialisiert. Tipp 4 für einen lebendigen Garten heißt deshalb:

       Tierische Freunde fördern.

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      Ein Taubenschwänzchen saugt Nektar an einer Seifenkrautblüte (Saponaria officinalis).

      Sozusagen in der ersten Reihe stehen die Insekten. Insekten bestäuben Blüten und erhalten als »Belohnung« dafür Pollen und Nektar. Im Wettbewerb um die Bestäuber will jede Pflanze möglichst attraktiv erscheinen, z. B. durch große Blüten mit einladenden, bunten Staubgefäßen oder durch starken Duft. In der Evolution haben sich diejenigen Insekten durchgesetzt, die am effizientesten an den Nektar und den Pollen kommen, z. B. durch lange Rüssel. So haben sich über die Jahrtausende für verschiedene Blütenformen die genau passenden Bestäuberinsekten entwickelt. Das hat allerdings den Nachteil, dass manche Insekten nur genau diese Pflanze oder deren nahe Verwandte als Nahrung akzeptieren. Die Raupe des Schlüsselblumen-Würfelfalters etwa frisst nur an der Schlüsselblume, die des Kreuzdorn-Schillerfalters hauptsächlich am Kreuzdorn. Auch bei Wildbienen gibt es so enge Verbindungen zu bestimmten Pflanzen.

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      Der wunderschöne Segelfalter labt sich lieber an den röhrigen Blüten des Blutweiderichs (Lythrum salicaria).

      Was sind Wildbienen?

      Wenn wir »Biene« sagen, meinen wir meist die Honigbiene. Honigbienen leben in einem Staat mit bis zu 80.000 Individuen. Wir verdanken ihnen nicht nur gesunden Honig, auch 78 % unserer Nahrungspflanzen benötigen Insekten als Bestäuber. Bestäuber sind aber auch Schmetterlinge, Fliegen, Käfer, Wespen und Wildbienen. In Deutschland gibt es mehr als 550 verschiedene Wildbienenarten, in Österreich fast 700, auch die Hummeln zählen dazu. Die meisten Wildbienen leben nicht in Staaten wie die Honigbiene, sondern einzeln, also solitär. Mehr als 400 Arten bauen ihre Nester eigenständig, 135 Arten parasitieren andere Wildbienenarten und sparen sich das eigene Nest. 75 % der Wildbienenarten nisten im Boden, nur 25 % verwenden Pflanzenstängel oder von Käfern ins Holz gefressene Gänge. Die Holzbiene bohrt sogar selbst Löcher in Totholz, manche Hummeln nisten in hohlen Bäumen. Die kleinste Wildbiene bei uns, die Sand-Steppenbiene, ist nur 4 mm klein, die Schwarze Holzbiene erreicht dagegen stolze 3 cm. Die beste Bestäubungsleistung für unser Obst und Gemüse erfolgt quasi durch eine „Zusammenarbeit“ von Honigbiene und anderen Insekten, weil diese zu den unterschiedlichsten Tageszeiten fliegen und oft noch bei Temperaturen, die der Honigbiene zu niedrig sind. Hummeln generieren selbst Körperwärme und fliegen schon ab 4 °C aus.

      Leider sind all diese wichtigen Insekten durch Umweltgifte und Lebensraumverlust stark gefährdet. Die Krefelder Studie hat 2017 einen Rückgang von fast 80 % der Insekten sogar in Naturschutzgebieten festgestellt. Dabei sind Insekten nicht nur Bestäuber, sondern auch Nahrung für andere Tiere, vor allem für Vögel und Fledermäuse. Insektenschutz ist also auch Vogelschutz. Mit naturnaher Gartengestaltung können wir zwar nicht die 80 % Verlust in der Landschaft ausgleichen, aber doch kleine Inseln bieten. Es gilt die 10er-Regel: Von jeder heimischen Pflanzenart profitieren mindestens 10 Tierarten.

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      An Obstgehölzen findet die kleine Blaumeise im Frühling summende oder krabbelnde proteinreiche Happen.

      Nahrung und Lebensraum

      Insekten benötigen unterschiedliche, blühende Pflanzenarten, die Nektar und Pollen bieten, und das das ganze Jahr über, daher Tipp 5:

       Durchblühende Pflanzenvielfalt.

      Tiere brauchen genau wie wir regelmäßig Nahrung. Kleine Singvögel, wie Meisen, sterben, wenn sie nur 32 Stunden keine Nahrung zu sich nehmen können, der Brustmuskel braucht viel Energie. Der tierfreundliche Naturgarten bietet also durchgehend Blüten vom zeitigen Frühling bis in den Herbst sowie Samenstände von Stauden und Früchte von Sträuchern für den Winter.

      Insekten brauchen aber auch Nistmöglichkeiten. Manche Wildbienen, aber auch Schmetterlinge legen ihre Eier in oder an Pflanzenstängel. Dort entwickeln sie sich dann weiter. Mähen Sie diese Stängel früh ab, entsorgen Sie Eier, Raupen und Schmetterlingspuppen mitsamt dem Schnittgut. Blüten, Blätter und Stängel von Stauden werden im Herbst braun. Der ordentliche Gärtner schneidet alles bodennah ab, recht das Laub zusammen und wirft es bestenfalls auf den Kompost, schlimmstenfalls in die Tonne. Das ist das Ende für Raupe und Co., aber auch schlecht für Käfer, Molche, Kröten, Ringelnatter und Igel, die gern unter Laub und Stängeln überwintert hätten. Deshalb lautet


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