Der Plot H. Heine 1. Irene Pietsch
Irene Pietsch
Der Plot H. Heine
1
Mandamos Verlag
© 2020 Irene Pietsch
Umschlag:
Irene Pietsch
Illustration: Irene Pietsch
Verlag:
Mandamos Verlag UG (haftungsbeschränkt), Alte Rabenstraße 6, 20148 Hamburg
Herstellung und Auslieferung:
tredition GmbH
Halenreie 42, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback 978-3-946267-87-4
Hardcover 978-3-946267-88-1
e-Book 978-3-946267-89-8
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und der Autorin unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung
Heinrich Heine als kenntnisreicher und gewitzter Kommentator der Gegenwart.
Stellen Sie sich einen schönen, geräumigen Clubraum im Sommer 2020 vor, in dem 25 Leute Platz finden, die Diskretionszonen einhalten und nicht über Lautsprecher miteinander kommunizieren wollen oder müssen. Es ist ein Klassentreffen. Die Ambitioniertesten aller Leistungskurse der Oberstufe des letzten besten Jahrganges kommen allmonatlich in der literarischen Werteerweiterungsgesellschaft des als „Assembly der Honourable 25 (Twentyfive)“ eingetragenen gemeinnützigen Vereins an unterschiedlichen Orten zusammen. Zur Diskussion steht dann jeweils die ganze Palette von Sinngebungen der Gebote, Verbote und Empfehlungen zur derzeitigen Situation, die einem schwebenden Verfahren gleicht, weswegen auch dieses Mal der Einstieg in die Debatte möglichst neutral gehalten wird, nachdem festgestellt worden ist, dass sich alle ordnungsgemäß angemeldet haben, was aus datentechnischen Gründen ohne Namensnennungen bekanntgegeben wird. Einer der Honourable 25 (Twentyfive) hat sich entschuldigt. Er sieht dem täglichen Wasserverbrauch der Sonnenblumen als Schnittblumen in beheizten Räumen zu. Sein Fernbleiben mitsamt professionsrelevanter Entschuldigung – er ist einer der größten Importeure von Trockenfrüchten - hätte nach neuen Erkenntnissen nicht öffentlich kundgetan werden müssen. Es wird kein Wortprotokoll geführt. Was gesagt werden muss, wird gesagt. Darüber hinaus nichts und leere Plätze sind allemal ein willkommener Anlass, sie mit Coronasicherheit zu belegen.
Die „Assembly der Honourable 25 (Twentyfive“) hat schon im digitalen Vorweg den Antrag gestellt, auch bei einer Teilnahme von nur 24 Teilnehmern oder weniger beschlussfähig sein zu können, falls Beschlüsse gefasst werden müssen, was soweit wie möglich vermieden wird, um die literarische Weiterverwertung nach jeweils ortsüblichen Maßeinheiten wie Joule, Kubik oder Yard nicht zu gefährden.
Im Weiteren geht es um die reale Inanspruchnahme einer Heinrich (Harry)- Heine – Gedächtnisstütze. Der Heine, der einst auf seinem Bettenlager in Paris die Fürsorge einer französischen Haushaltshilfe genoss und sie mit einer Eheschließung kurz vor Toresschluss krönte.
T 1 zitiert Heine in seinen Geständnissen im Winter 1854 zu einer Begebenheit mit Frau von Staël, die dem jungen Korsen Napoleon einen Besuch abstatten wollte.
…als dieser letztere ihr hierauf sein Bedauern vermelden ließ, dass er die verehrte Dame nicht empfangen könne, sintemalen er sich im Bade befände, soll dieselbe ihm die famose Antwort zurückgeschickt haben, daß solches kein Hindernis wäre, denn das Genie habe kein Geschlecht.
T 4: Da staune ich aber nicht schlecht.
T 1: Nicht wahr?!
Das Zitat – wie auch Heines torschlussendliche Eheschließung - müsste nun zur Weiterbearbeitung an den juristischen Berater der „Assembly der Honourable 25 (Twentyfive)“ verwiesen werden, der jedoch die Trinkgewohnheiten der Sonnenblumen als Schnittblumen in beheizten Wohnräumen beobachtet und ersetzt werden muss, was mühelos gelingt. Es meldet sich Teilnehmer 1.
Soll ich meines Bruders Hüter sein?
T 21:
Können Sie die Frage bitte unisex formulieren?
T 3:
Ich stehe auf Originalansagen.
T 1: Auf Sächsisch?
Zwei Teilnehmer setzen sich Masken auf und verlassen den Raum. Da ihre Garderobe über den jeweiligen Plätzen rechts und links von ihnen liegt, muss angenommen werden, dass sie sich in den dafür vorgesehenen Räumen frisch machen wollen und nicht die Runde der „Assembly der Honourable 25 (Twentyfive)“ verlassen, obwohl sie – wie jeder der Anwesenden weiß – Würdenträger sind, die spätestens eine Stunde vor Parlamentsschluss im Plenum zu erscheinen haben, um Abstimmungen beeinflussen zu können. Sie haben im Hinblick darauf die allmonatliche Zusammenkunft der „Assembly der Honourable 25 (Twentyfive)“ ans vorschriftsmäßige Ende der Sitzung legen lassen. War bis dahin kein Konsens erzielt worden – und sei es über eine Abstimmung – wurde der fragliche Diskussionsbeitrag in eine andere Sitzung übernommen oder an einen oder mehrere Ausschüsse überwiesen, was dazu führte, dass die „Assembly der Honourable 25 (Twentyfive)“ zu einer politischen Instanz aufgewertet wurde, die ihr erlaubt, ihre Treffen als halböffentliche Veranstaltungen zu gestalten und sich Influencer zu nennen, so sie eine bestimmte Anzahl von Sitzungen absolviert haben. T 10 und T 20 haben bereits ihr Soll erfüllt. Wie es scheint, gehen sie influenzen. Ein Nachzählen ergibt, dass es sich tatsächlich um T 10 und T 20 handelt, was nicht ohne Bedeutung ist, weil der Eindruck entstehen könnte, es wäre kein Zufall, dass T 10 und T 20 zusammen die Veranstaltung verlassen und daraufhin die irrige Meinung kursieren könnte, man müsse sich nur die zahlenmäßige Verdoppelung der eigenen Kapazität sichern, um Akzeptanz zu finden. Die Sicherstellung der Richtigkeit, wer unter welcher Nummer und mit welcher Begründung die „Assembly der Honourable 25 (Twentyfive)“ verlässt, ist seit der Betrauung mit politischen Aufgaben eine Auskunft, die benötigt werden könnte, falls die abgemeldeten Teilnehmer nicht im Parlament ankommen sollten.
T 1: Die Sicherstellung, dass es sich nicht um eine zufällige Verdoppelung von T 10 handelt, könnte problematisch werden. Man ist gerade dabei, die Gesetze umzutexten, hat aber noch nicht das Gelbe vom Ei gefunden, um Fälschungen vorzubeugen. Eva ist nun mal Eva und Adam bleibt Adam.
T 3: Man muss gar nicht so weit zurückgehen. Maria bleibt Maria und Joseph Joseph.
T 1: Verehrtes Mitglied, ich fürchte, Sie sprechen lediglich als Protestant. Die jungfräuliche Geburt dürfte eines der größten Hindernisse sein, das sowohl Wissenschaft als auch Gläubige auf den Plan gerufen hat, um sich bis zum heutigen Tage, selbst unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer Frühform des Kaiserschnitts – des Augustus-, Hadrian – oder Titusschnitts - nicht einigen zu müssen. Sie könnten jedoch im ersten Schritt zu einer einvernehmlichen Niederkunft darauf hinweisen, dass der Papst Papst bleibt und – bei allen Gegenpäpsten, einem Papst emeritus, was eine umwälzende Reform an sich darstellt und allen Möchtegernpäpstinnen – die Anerkennung der modifizierten Unfehlbarkeit des Papstes wohl noch sehr lange auf sich warten lassen wird. Weniger kontrovers wird das Thema im Hinduismus behandelt, auch bei den alten Griechen, wo besonders Zeus unfehlbar sein wollte, aber ständig der Nachweis geführt wurde, dass er es keineswegs war.
T 4: Darüber kommt es zum 4. Rom! Die indischen Kardinäle dürfte es freuen.
T 1: Das ist mir zu nah an der Gegenwart. Ich spreche lieber vom 4. Byzanz.
Kaum gesprochen, öffnet sich die Tür und T 20 kommt zurück. Mit frischer Maske, ein Azzurro mit Duftnote „Irisch Moos“ statt „Farn“. Das erschwert das Durchdringen seiner ansonsten deutlichen Sprache umso mehr.
Könnten Sie bitte wiederholen, was Sie zu Rom gesagt