5 Strand Krimis: Killer, Kohle und Konsorten. Alfred Bekker
Art und Weise, in der Sie mir hier kommen, gefällt mir nicht, Herr Moeller!", knurrte Feller. "Vielleicht sollte ich mich mal an Ihre Vorgesetzten wenden. Schließlich war ich fast zehn Jahre kommunalpolitisch tätig. Da hat man doch gewisse Drähte, die sich vielleicht reaktivieren lassen, woll?"
"Soll das eine Drohung sein?"
"Fassen Sie das auf, wie Sie wollen, Moeller!" Feller blickte auf die Uhr. "Entschuldigen Sie mich jetzt bitte, ich habe zu tun. Und Sie sicher auch, wie ich annehme!"
Feller ging davon. Er lief auf das Glasbüro zu, riss die Tür auf und setzte sich auf den Drehstuhl. Das Telefon klingelte. Feller nahm ab. Moeller beobachtete ihn dabei. Das Gesicht des Gebrauchtwagenhändlers sah aus wie eine Totenmaske. Sein Mund war ein dünner Strich geworden.
Charly Wallmeyer stand mit einem Öllappen in der Hand herum und ließ Moeller nicht aus dem Blick.
Moeller machte ein paar Schritte auf ihn zu.
Er warf einen kurzen Blick auf das Namensschild, das Charly am Kittel trug.
"Ihr Chef hat zur Zeit ziemlich großen Stress, was?", meinte der Kommissar dann.
"Kann man wohl sagen. Seit diese komischen Anrufe kommen, ist er nicht mehr derselbe!"
"Was für Anrufe?"
"Hat er Ihnen das nicht gesagt? Sieht ihm ähnlich. Er will immer alles alleine regeln..."
Feller kam aus dem Büro heraus. Er hatte einen Wagenschlüssel in den Händen. "Halten Sie meine Leute nicht von der Arbeit ab!", rief er Moeller zu. Dann stieg er in einen Wagen mit rotem Nummernschild und brauste los. Einen halben Meter vor Moellers Omega stoppte er, so dass die Reifen quietschten. Das Seitenfenster glitt hinunter. Feller gestikulierte ausholend und zeigte auf Moellers Wagen.
"Wären Sie vielleicht so freundlich?", rief Feller dann.
"Bin ich", murmelte Moeller nachdenklich.
33
Feller war auf dem Weg zum Kreishaus, um den roten Alpha Romeo für einen Kunden beim Straßenverkehrsamt anzumelden.
Gehörte zum Service beim Autohaus Feller. Man musste schließlich schon einiges bieten, um die Kundschaft einigermaßen bei Laune zu halten. Rauf und runter ging es durch die Straßen von San Franciscoscheid. Feller fuhr zu schnell. Eine innere Unruhe erfüllte ihm. Es gefiel ihm nicht, mit welcher Hartnäckigkeit Moeller in der Sache herumwühlte. Wie ein Nagetier fraß er sich immer weiter vor.
Zentimeter für Zentimeter.
Abwarten!, sagte Feller sich. Selten wurde so heiß gegessen wie gekocht wurde.
Das Kreishaus lag wie ein großer, erhabener Klotz auf einer Anhöhe. Von hier aus wurde der Märkische Kreis verwaltet und außerdem konnte man die begehrten Nummernschilder mit den Buchstaben MK ergattern.
Feller befand sich sozusagen auf der Zielgerade einer breiten Schnellstraße.
Das Autoradio lief. Feller summte den Oldie halblaut mit, der da gerade geträllert wurde. Eine sentimentale Schnulze, aber gut um sich jetzt etwas abzulenken.
Mit einem Seitenblick nahm er das große Plakat auf der Rechten wahr. COUNTRY-MUSIC IM KULTURHAUS! TOM ASTOR KOMMT NACH LÜDENSCHEID!
Und während er noch dachte, dass die strahlendweißen Zähne des Sauerland-Cowboys bestimmt nicht echt waren, hörte er hinter sich einen Motor aufheulen.
"Blöder Spinner, hast wohl den Führerschein im Lotto gewonnen, was?"
Ein rostiger, ziemlich zerbeulter Ford zog an ihm vorbei und begann, Fellers Alpha abzudrängen. Mit einem kräftigen Ruck kam der Ford gegen die Fahrertür des Alphas.
"Verdammt!"
Feller sah die Leitplanke auf sich zu rasen. Knackend bog sich das Metall. Der Kotflügel des Alpha rammte sich in die Leitplanke.
34
"Martin! Was ist passiert?", fragte Carola Feller zwei Stunden später, als sie ihren Mann im Krankenhaus Hellersen abholen wollte.
"Halb so schlimm, Schatz. Aber es ist schön, dass du gekommen bist, um mich mitzunehmen!"
Carola wandte sich an den Mann im weißen Kittel, der sie stirnrunzelnd gemustert hatte, als sie hereingekommen war.
"Doktor, was ist los?", fragte sie.
"Ein paar Kratzer, Stauchungen, Prellungen. Aber es hätte viel schlimmer kommen können, Frau..."
"Feller."
"Sie können Ihren Mann gleich mitnehmen."
"Gott sei Dank."
Der Arzt nickte und setzte ein geschäftsmäßiges Lächeln auf. Dann wandte er sich zum Gehen.
"Auf Wiedersehen!"
"Auf Wiedersehen!", gab Carola zurück, ohne den Arzt dabei anzusehen. Ihr Blick hing an Feller. Aber ehe sie etwas sagte, wartete sie, bis der Arzt das Zimmer verlassen hatte.
"Am Telefon hast du etwas von einem Unfall gesagt!"
Feller nickte.
"Ja, der Wagen ist hin!"
"Ach, was interessiert denn der Wagen? Was ist passiert?"
"So ein Idiot hat mich mit seinem Ford von der Straße gedrängt und ist dann abgehauen! Ich hatte wirklich Glück! Wenn ich gegen einen der Bäume geknallt wäre, dann könntest du jetzt schon mal den Kuchen für die Beerdigung bestellen!"
Carola schluckte.
"Meinst du..."
Er nickte heftig. "Ja, genau das meine ich. Das war kein Unfall! Das war ein gezielter Anschlag!" Er schüttelte langsam und sehr nachdenklich den Kopf und rieb sich die Augen.
Carola holte einen Umschlag aus der Handtasche und reichte ihn ihrem Mann.
"Das hier war heute im Briefkasten", erklärte sie dazu.
"Ein Umschlag ohne Adresse", murmelte Feller gedehnt. "Hast du..."
"Ich habe hineingesehen, ja. Wieder ein Foto."
Der Umschlag war nicht zugeklebt worden. Feller öffnete ihn und holte das Foto heraus.
"Ja...", murmelte Feller, als ginge ihm ein Licht auf. Sein Gesicht verlor dabei den letzten Rest frischer Farbe.
Carola fragte: "Kennst du den Mann?"
"Warum meinst du, dass ich den auch kennen sollte?"
"Du bist ganz blass geworden!"
"Quatsch!"
"Das Foto ist schon älter. Schwarz-weiß und schlechte Qualität... Fällt dir der schwarze Rand auf? Den hat jemand mit Filzstift draufgemalt... Wie ein Trauerrand bei Todesanzeigen!"
"Sicher fällt mir der auf", gab Feller schulterzuckend zurück. Nach kurzer Pause fuhr er dann nachdenklicher fort: "Das heißt nichts anderes, als dass der Kerl auf dem Bild auch tot ist..."
"Und dass er irgendwann auch dich erwischen wird! Martin, das scheint ein Serientäter zu sein! Fragt sich nur, warum du auf seiner Liste stehst! Du musst etwas mit diesen beiden Männern gemeinsam haben."
Er sah auf.
"Und was sollte das sein?"
"Ich weiß nicht."
"Wenn wir wüssten, um wen es sich handelt, wären wir vielleicht ein bisschen schlauer!"
"Du hast für die Stasi gearbeitet..."
"Na, und?"
"... und dasselbe gilt auch für den Mann auf dem ersten Foto."
"Ich nehme an, ja", bestätigte Feller.
"Und