CORONA - Lasst sie sterben, wo sie sind.... Werner Meier

CORONA - Lasst sie sterben, wo sie sind... - Werner Meier


Скачать книгу

       W. A. Meier

       CORONA

       Lasst sie sterben,wo sie sind!

      Buch

      Sommer 2020: die Corona-Lockerungen spalten die Gesellschaft. Die Kanzlerin ärgert sich intern voller Sorge über den Virus-Irrsinn, den Donald täglich aus dem Weißen Haus über den Globus twittert. Während ihre geheimnisumwitterte Vertraute M. wegen der konstanten Beliebtheit des bayerischen Ministerpräsidenten finster drauf ist. Im Provinzkaff Heiligbrück hadert der abgehalfterte Reporter Sepp Teufel mit seinen Gefühlen zur ruppigen Kriminalkommissarin Karola Honigmann. Da spuckt der Fluss eine Mädchenleiche ins Morgengrauen. Im hauchzarten Negligé. Erfüllt sich der Fluch der Weißen Frau nach der alten Legende? Oder ist eine makabre Geistersexorgie hinter einer Biedermannfassade im Villenviertel aus dem Ruder gelaufen? Der Oberbürgermeister und seine Amigos sind nervös. Derweil in Heiligbrück Mordlust ausbricht. Nur dem Pathologen fehlen Leichen im Keller. Spuren führen Teufel und Honigmann im gegenseitigen Wettkampf ins Rathaus und zur Beautyklinik Elysion, in ein Labyrinth von kleinstädtischen Machtspielen, Eifersüchteleien, Drogen- und Jugendwahn. Im Kanzleramt geht Verrat in eigenen Reihen um. M sieht ihre Stunde gekommen, die drohende Kandidatur des Bayern zu hintertreiben. Die letzte Botschaft einer sterbenden alten Frau lässt Teufel das politische Ausmaß des Wespennests ahnen, in dem er stochert. Im unguten Gefühl, dass er benutzt wird.

       Ort, Personen und Handlung sind frei erfunden. Sind Personen nicht frei erfunden, sind es ihre Handlungen. Eigentlich.

       Impressum

      © Copyright 2020 Werner Meier

      Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreihe 40-44, 22359 Hamburg

      ISBN

      978-3-347-11232-2 (Paperback)

      978-3-347-11233-9 (Hardcover)

      978-3-347-11234-6 (e-book)

       Mit den Sommernebeln in den Auen steigt die Weiße Frau aus dem Fluss und bringt das Böse über Heiligbrück.

      Sagt die Legende.

      1

      Tanzende Lichter hatten ihn aufgeschreckt. Sie kamen den Burgfelsen herunter. Schemen in der vollmondklaren Nacht. Hinter ihnen reckte sich die mächtige Silhouette des Berings. Sie kratzte an der Scheibe des Erdtrabanten, als wollte sie das blassgelbe Licht am Himmel ausknipsen und das gespenstische Treiben unter sich in schwarze Nacht hüllen.

      Er konnte seine Atemstöße nicht beruhigen, und seine Herzschläge klopften an die Totenstille um ihn herum, so laut, dass er befürchtete sie würden ihn gleich verraten, weil die sie auch hören mussten. Er sah die Lichter hin und her tanzen, und in deren Schein sah er sie, weiße Gestalten! Geister mussten sie sein, die aus dem Turm gekommen waren, wo der Fluch seinen Anfang genommen hatte. Jetzt, auf halbem Weg zur unteren alten Ruine blieben sie stehen, standen unbeweglich mit gesenkten Köpfen da. Stimmen wehten als dumpfes Murmeln ins stockfinstere Unterholz zu ihm runter. Als würden sie beschwören was zu ihren Füßen lag. Er konnte nicht erkennen was es war, bis sie es aufhoben. Ein lebloser Körper tauchte im Schein der tanzenden Lichter auf, als sie ihn zum Turm hinauftrugen. Langes offenes Haar berührte fast den Boden.

      Hastig machte er sich auf den Weg abwärts, leuchtete mit seiner Taschenlampe vor sich her. Er kannte hier jeden Stein. Als er endlich die Lichtung mit seiner Behausung erreicht hatte, beruhigte sich langsam sein Herzschlag. Früher waren hier unten auf dem Campingplatz weiter hinten über dem Fluss viele andere Menschen gewesen. Einige hatten ihn besucht, für Beeren, Kräuter, Schwammerl gespendet. Er hatte sie zu selbstgebranntem Obstler eingeladen und ihnen von der alten Legende erzählt. Sie hatten gelacht, gemeint sie hätten das Schauspiel oben auf der Ruine und den vorletzten Akt mit der Ertränkungsszene unten am Fluss schon gesehen. Sie hielten den Fluch der Weißen Frau nur für eine unterhaltsame Laienaufführung. Die Camper waren längst verschwunden, danach andere Menschen angekommen. Man hatte sie in Bussen gebracht und einen Drahtzaun um sie herumgezogen. Von denen hatte ihn niemand mehr besucht. Er hatte beobachtet, dass sie sich außerhalb des Zauns nicht frei bewegen durften. Wer sich entfernte wurde zurückgeholt und wieder hinter den Zaun gebracht. Sie hatten friedlich, nur verängstigt gewirkt. Aber warum waren sie dann eingesperrt? Menschen, die Schlimmes getan hatten wurden eingesperrt. Dann waren sie nach und nach alle weggebracht worden. Dort unten in den Auen war seitdem nur noch er. Bis auf die Woche alljährlich im Juli. Er verabscheute und fürchtete den Frevel, mit dem dumme Menschen aus der Stadt die Weiße Frau verhöhnten, sie ihren Zorn noch anstacheln mussten. Erst recht, seit sie die blutjunge Darstellerin in aufreizender Nachtwäsche schamlos durch die Ruine geistern ließen. Vergangenes Jahr hatte die Weiße Frau ihr eine Warnung geschickt, aber alle hatten sie in den Wind geschlagen. Polizisten hatten ihn vernommen, weil sie ihn verdächtigten. Auch sie verstanden nichts. Dieses Jahr hatte die Weiße Frau eine Seuche über Stadt und Land geschickt, und die Städter hatten ihr dummes Volksfest nicht aufführen können. Aber immer noch nicht wollten sie die Zeichen verstehen und damit aufhören.

      In dieser Nacht stieg die Weiße Frau aus dem Fluss und suchte ihn in einem Albtraum heim.

      Am Nachmittag kamen die drei Hexen und verkosteten seinen neuen magenfreundlichen Kräuterschnaps. Er erzählte ihnen, was er gesehen und geträumt hatte. Sie beruhigten ihn. Sie könnten die Geister bannen. Die Nacht brach ein Unwetter über die Auen herein, und er dachte die Hexen wären am Werk und würden die Geister austreiben. Er hörte die Auen leiden, und den Fluss sich aufbäumen. Er hatte keine Angst vor Unwettern. Nur vor Sommernebeln, wenn sie aus dem Fluss krochen. Die Weiße Frau erschien ihm nicht diese Nacht. Die Hexen hatten Wort gehalten. Am Morgen war er früh um fünf wach wie immer und lauschte der Ruhe nach dem Sturm. Der hatte aufgehört, Bäume und Fluss zu quälen. Wie gewohnt machte er sich auf den Weg, um sich zu waschen. Das kalte fließende Wasser machte frisch. Aus den Bäumen war kein Vogel zu hören. Er trat aus der Totenstille an den Rand der Böschung…

      Nebel war unten aus dem Fluss gestiegen und waberte über die breite Flutmulde und etwas, das dort unten ausgebreitet im Kies lag. Der anbrechende Tag holte seinen Albtraum fleischgeworden aus der gnädigen Nacht ins Morgengrauen, während die Sonne über dem Fluss aufstieg. Wie bleiche Finger griffen Nebelfetzen nach der Weißen Frau dort unten, als wollten sie die in ihr nasses Grab zurückholen. Auf dreckigbraunen Wellen tanzten Schaumkronen. Mehr Nebelschwaden krochen aus den kalten Fluten und folgten lautlos den anderen...

      Durch mein gekipptes Badezimmerfenster linste halb neun ein Fetzen blauer Himmel und versprach mir für diesen 18. Juli einen schönen Samstag. Wie sollte ich ahnen, dass der Himmel mich verarschte? Wäre ich abergläubisch, hätte ich die sich auskotzende Nacht als düsteres Omen sehen können. Am Abend waren finstere Wolken in Bewegung geraten und auf meine Terrasse zugezogen. Vereinzelt waren Vögel unter ihnen weggesaust. Wer konnte, war auf der Flucht. Eine gewaltige finstere Wolke hatte über mir angehalten, drohend wie das Mutterschiff der Aliens in Independence Day. Ich hatte mein halbvolles Weißbierglas gepackt, mich nach drinnen gerettet und von meiner butterblumengelben Couch durchs große Schaufenster verfolgt wie Sturmtief Isolde meiner kleinen Welt draußen den schwarzen Mantel anzog. Großes Heimkino. Dem Himmel war die finstere Wolke zur Sintflut gebrochen. Der Gulli auf meiner Terrasse war am Ersaufen gewesen und hatte am Limit gegurgelt. Ich hatte die Bäume weinen gehört, als Böen ihr Geäst vergewaltigten, der Sturm seine Wut ausließ, die Baumwipfel krumm geißelte, sie kurz aufstehen ließ und wieder zuschlug, sie sich ihm immer wieder ächzend beugten, im vom Sturm gepeitschten Regen verzweifelt um ihr Leben kämpfend.

      That long black cloud is comin' down. I feel like I'm knockin' on heaven's door. Knock, knock, knockin' on heaven's door. Knock, knock, knockin' on heaven's door.

      Als ich früh aufgewacht war, war der Spuk vorbei. Die Regionalnachrichten hatten mir gesagt, dass im Umland Feuerwehren noch im Einsatz gegen entwurzelte Bäume waren, gegen auf Straßen gewirbelte Äste und Dachziegel. Die Bäume auf der grünen Oase vor meiner Terrasse hatten mehr oder weniger gerupft überlebt.

      Ich ließ Prinzessin Leia mit meinen Boxershorts auf die Knöchel sinken und pflanzte mich mit einem wohligen Seufzer auf Villeroy & Boch. Während ich es mir


Скачать книгу