Schlemmen am Eifelsteig. Hubert vom Venn

Schlemmen am Eifelsteig - Hubert vom Venn


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Schreibtisch das Zertifikat »Hat erfolgreich am Seminar Backen von Els-Printen bei Jürgen Müller in Gemünd teilgenommen« hängt, will ich ein Printen-Rezept – zumal mit Els, dem Nationalgetränk der Nordeifel versetzt – erst bei der Etappe in Gemünd vorstellen.

      Bevor wir unsere Wanderung starten, möchte ich zum Frühstück einladen. Ein ehemaliger Aachener Oberbürgermeister soll vor dem Gang ins Rathaus in einem nahen Café immer einen Apfel im Schlafrock gegessen haben.

      Apfel im Schlafrock

      Bild 2: Apfel im Schlafrock

      Sie nehmen einen festen Apfel, entfernen das Kerngehäuse, in das nun eine Füllung kommt. Meine besteht aus Zucker, Zimt, gehackten Haselnüssen, Rosinen und ein paar Tropfen Rum. Mit Blätterteig, der einfach zu kaufen ist, ziehen wir dem Apfel nun den Pyjama über die Ohren, lassen aber oben eine kleine Öffnung und knicken die vier Enden zur Zierde um. Mit wenig Eigelb bestreichen und ab damit in den Backofen bis das Nachthemd braun glänzt.

      Auch in Aachen bekommt man beim Bäcker nichts geschenkt, wenn man einmal vom überflüssigen Kassenbon absieht.

      Doch Halt!

      Bis 1888 gab es, oft gegen den Widerstand der Bäckerszunft, die Sitte (man könnte auch von einem lokalen Gesetz reden), dass nach der Fastenzeit ein kostenloses Brot an die Kunden verteilt werden musste: Der Poschweck – »Posch« kommt von »Paschen« (lat. Pascha für Ostern) und der Begriff »Weck« ist jedem Rheinländer klar, man denke nur an den Weckmann zu St. Martin.

      Poschweck

      Zunächst nehmen wir 20 Gramm zerbröselte Hefe mit der dreifachen Menge Zucker und einen halben Liter lauwarmer Milch. Das Gemisch – warum stolpere ich über das folgende Wort vor einer Wanderung? – »gehen« lassen. Anschließend mit Mehl (500 Gramm), guter Butter (50 Gramm) durchkneten und Salz hinzufügen. Nach Geschmack Orangeat, etwas Vanillezucker Zitronat, Rosinen oder gehackte Nüsse beifügen und wieder gehen lassen.

      Bleibst du wohl hier: Nun einen Brotlaib formen und reichlich Zuckerklümpchen einkneten. Anschließend mit verquirltem Ei bestreichen. Ab damit bei ca. 180 Grad für eine Dreiviertelstunde in den Ofen.

      Ich weiß, ich weiß – Fritten gehören zu Belgien, waren aber immer ein fester Bestandteil im Leben der Aachener. Sogar mit einer Besonderheit, über die ein Lütticher sicher nur den Kopf schütteln würde: In Aachen isst man zu den Fritten gerne Senf statt der köstlichen belgischen Soßen wie zum Beispiel Sauce Andalouse (mein Favorit), Sauce Tartare, Pilli Pilli, Pickels, Saté Sauce (eher in den Niederlanden), Aioli oder schlicht und einfach nur Mayonnaise – um nur einige zu nennen.

      Aber warum Senf? Ein Insider hat es mir verraten:

      »Der Senf ist umsonst, die Soßen kosten …«

      In diesem Zusammenhang eine Bitte: Bestellen Sie in der Aachener und belgischen Region niemals »Pommes«, denn: »Es heißt Fritten und nicht Pommes« – da gab es sogar einmal eine kleine Bürgerbewegung. Was auffällt: Keiner redet mehr von Acrylamid, die Verordnung dazu wurde in Brüssel, also ausgerechnet in Belgien, auf den Gesetzesweg gebracht.

      Fritten

      Bild 3: Fritten mit Sauce Andalouse

      Kartoffeln schälen und nur einmal waschen, damit nicht zu viel Stärke verloren geht. In Stäbchen schneiden. Fett auf 160 Grad erhitzen. Es gibt einige, die auf Nierenfett schwören, ein gutes Pflanzenöl ist eher die Regel.

      Fritten – sehr gut in einem sogenannten Frittenkorb – rund fünf Minuten garen. Aus dem Fett oder Öl nehmen und ruhen lassen. Fritten-Puristen schlagen eine halbe Stunde vor, aber das muss nicht sein. Fett oder Öl auf 180 Grad erhitzen. Die »ausgeruhten« Fritten nun noch einmal kurz, bis zur leichten Bräunung eintauchen.

      Fertig! Senf dazu oder eine der Soßen.

      Beliebt ist auch »Rot-Weiß« – Tomaten-Ketchup und Majo.

      Wir sind immer noch in Aachen, wenn auch nicht im karlslastigen Zentrum: Kommen wir zu einer weiteren regionalen Spezialität, die ich gerne vorstelle, auch wenn sie nicht unbedingt mein Ding ist:

      Puttes

      Im ganzen Rheinland versteht man unter Puttes einen Kartoffelauflauf. Im ganzen Rheinland? Nein! Eine von unbeugsamen Maasländern bevölkerte Stadt hat ihren ureigenen Puttes, den Oecher Puttes – eine Blutwurst. Die darf nur von örtlichen Fleischern hergestellt werden. Dafür hat die EU 2016 Brief- und Herkunftsbezeichnungs-Siegel gegeben. Ein wachsames Auge auf die Einhaltung der Wursttradition hat der Verein »Aixtra-Fleischer«.

      Da wir nicht wollen, dass außerhalb von Aachen jemand gegen die Verordnung verstößt, gibt es an dieser Stelle keinen Rezepthinweis. Der befindet sich bis zur letzten Schwarte im Internet. Oecher Puttes wird als Wurst im Darm, in Dosen und im Glas vertrieben.

      Sauerbraten

      Ja, ja, ist ja gut: Natürlich können wir, bevor wir uns gen Eifelsteig auf die Socken machen, an dieser Stelle eine Diskussion über den Sinn oder Unsinn von Fleischverzehr anstoßen. Zugegeben: Ich bin da auch oft hin- und hergerissen. Also verschieben wir das Thema an einen anderen Ort, zu einem späteren Zeitpunkt oder noch besser: Wir reden nicht mehr darüber und lassen jeden nach seiner Façon selig werden – auch in der Frage, ob man lieber Fasson schreibt.

      Zumal ich nun auf den Aachener Sauerbraten eingehen will und ich mir – beim besten Willen – den nur schwer mit Tofu vorstellen kann.

      Noch ein Diskussionspunkt: Pferd oder Rind? Ich entscheide mich immer für Rind. Zunächst müssen wir die Beize herstellen, in der das Fleisch drei bis fünf Tage mariniert wird.

      Bild 4: Eifler Sauerbraten mit Klößen

      Wasser und Rotwein-Essig 1:1 mischen und nach Geschmack Sellerie, Möhren, Piment, Lorbeerblatt, Wacholderbeeren, Senfkörner, Salz, Pfeffer, Nelken, Zwiebeln, Porree oder auch andere Gemüse hinzufügen. Gegen einen Schuss »Kon-Jäckchen« oder Rotwein ist auch nichts einzuwenden. Das Fleisch einlegen, gut abdecken, nach zwei Tagen wenden und im Kühlschrank in einem Ton- oder Römertopf in Ruhe lassen.

       Übrigens: Bei einigen Metzgereien kann man Marinade und Fleisch erwerben und in einer kleinen Plastiktüte nach Hause tragen. Auch ganz bequem …

      Tage später: Das Fleisch aus der Marinade (nicht wegschütten, vielmehr durch ein Sieb gießen) nehmen, abtropfen lassen. Einige reiben das Fleisch nun mit Zucker ein, aber das ist Geschmackssache. Salz und Pfeffer dagegen nicht. In Butterschmalz oder Öl anbraten und die Marinade sowie Wasser in kurzen Abständen zum Ablöschen hinzufügen. Wenn der Braten gar ist, diesen aus der Flüssigkeit nehmen und Rosinen, gebröselte braune Printen sowie Rübenkraut zufügen. Ich nehme allerdings lieber »Sirop d‘Aubel« aus Birnen und Äpfeln aus Belgien.

      Dazu gibt es Rotkohl, Apfelmus und Klöße.

      Bevor wir zur ersten Etappe des Eifelsteigs aufbrechen, treffen wir an einer in der Nähe gelegenen Einsiedlerklause den Geiger Mario Triska, der Wert darauf legt, dass er ein Zigeuner ist und diese Bezeichnung auch verteidigt.

      Er kennt eine kleine Geschichte um diesen Ort:

      Napoleons Burg: Auf Wollust gebaut

      Unterhalb der Klause befinden sich noch heute Mauerreste eines nie fertig gestellten Pavillons, den Napoleon – so sagt es die Geschichtsschreibung – für seine Stieftochter Hortense von Holland bauen wollte.

      Mario Triska hält das für eine Mär: Vielmehr soll der Kaiser ein lüsternes Auge auf die Schwester des Klausners geworfen und ihr eine Burg versprochen haben. Als Beweis ließ er schon einmal einige Mauern errichten. Nachdem der Korse die arme Maid verführt hatte, zog


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