Atropos. Federico Betti
„Ja, danke.“
„Perfekt. Dann wünsche ich Ihnen einen guten Tag und hoffen wir mal, dass es bis heute Abend weiterhin so ruhig bleibt.“
„Ja, hoffentlich“, nickte der Polizist und ging fort.
Ein paar Minuten später tauchte der Polizeihauptkommissar der Mordabteilung in Zamagnis Büro auf und so wie es aussah, schien es kein Höflichkeitsbesuch zu sein.
„Guten Tag Zamagni, ich brauche Sie.“ erklärte er ohne Umschweife.
„Muss ich mich auf das Schlimmste gefasst machen?“, fragte der Ispettore.
„Ich hoffe, es ist nichts Kompliziertes, aber es wird sicher etwas Unangenehmes sein. Wir haben einen Anruf von jemandem erhalten, der sagt, dass er bei seiner Tochter angekommen ist und sie leblos in ihrer Wohnung vorgefunden hat."
„Ich hätte den Tag lieber anders begonnen.“ meinte Zamagni, „Gibt es ein paar Informationen mehr?“ Ich meine, zu dem Anrufer.“
„Die Dame sagte, dass sie bei ihrer Tochter ankam und die die Tür nicht aufmachte, obwohl sie mehrmals geklingelt hatte. Also ist die Dame, die anscheinend die Schlüssel zur Wohnung hat, nach Hause gegangen, um die Schlüssel zu holen, und als sie die Tür geöffnet hatte, hat sie ihre Tochter auf dem Wohnzimmerboden liegend gefunden.“
„Ich verstehe.“ sagte Zamagni, und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: „Warum sollte es ein Mord sein? Könnte sie nicht eines natürlichen Todes gestorben sein? Ein Unfall?“
„Keine Ahnung.“ antwortete der Hauptkommissar, „Ich denke, es ist das Beste, hinzufahren und zu versuchen, mehr darüber herauszufinden... Die Dame, die den Anruf getätigt hat, wartet auf uns und ich sagte ihr, sie solle sich zur Verfügung halten."
„In Ordnung.“ stimmte Zamagni zu. „Dann gehe ich mal kontrollieren.“
Das Mädchen lag noch genauso da, wie sie die Mutter gefunden hatte, und zwar auf dem Fußboden.
„Ich versichere Ihnen, dass ich nichts angefasst habe.“ beteuerte die Dame, nachdem sie den Polizeiausweis gesehen hatte, so als wolle sie sich sofort für irgendetwas rechtfertigen, was sie gar nicht getan hatte.
„Das haben Sie richtig gemacht.“ lobte Zamagni. „Darf ich Ihren Namen wissen?“
„Chiara. Chiara Balzani.“ stellte sie sich vor. „Und das ist meine Tochter.“ fügte sie hinzu, wobei sie sich dem Körper ihrer Tochter zuwandte, als ob sie noch leben würde.
„Ich verstehe. Könnten Sie mir bitte auch den Namen Ihrer Tochter nennen?“
„Oh...aber sicher. Entschuldigen Sie bitte. Ich stehe immer noch unter Schock wegen dem, was passiert ist. Sie heißt... hieß... Lucia Mistroni.”
„Vielen Dank.“ sagte Zamagni, dann fügt er hinzu: „Darf ich wissen, weshalb Sie ohne zu zögern die Polizei gerufen haben? Ich meine, es könnte sich ja auch um einen Infarkt oder eine andere natürliche Ursache gehandelt haben, oder?“ Er wandte sich an den Polizisten Marco Finocchi, der ihn begleitete: „Notiere alles.“
Der Polizist nickte.
„Ihre Frage ist berechtigt, aber es scheint, dass meine Tochter seit einiger Zeit Drohanrufe erhalten hat. Deshalb dachte ich sofort an einen unnatürlichen Tod und habe Sie gerufen.“
„Drohanrufe? Und weiß man, wer der Anrufer war?“
„Nein, obwohl ich immer den Verdacht hatte, oder vielmehr überzeugt war, wenn Ihnen das lieber ist, wie auch meine Tochter, dass es ein Ex-Freund von ihr war.“ erklärte die Frau. „Ihre Beziehung ist recht heftig auseinandergegangen, sie hatten einen großen Streit gehabt. In der letzten Zeit ihrer Beziehung haben sie sich oft gestritten."
„Ich verstehe.“ nickte Zamagni. „Wir müssen alles über Ihre Tochter wissen. Alter, Beruf, Hobbies, Adressen und Namen ihrer Freunde. Und dieser Ex-Freund? Können Sie uns sagen, wie er heißt? Alles, was Sie über ihn wissen. Und... noch etwas: war Ihre Tochter zurzeit verheiratet? Verlobt? Alleinstehend? Wissen Sie, wir können keine Spur ausschließen."
„Soweit ich weiß, war Lucia momentan Single.“
Der Ispettore legte eine kurze Pause ein, um sich ein wenig umzusehen.
Die Wohnung, die sich im ersten Stock eines neu errichteten Gebäudes am Stadtrand von Bologna befand, war elegant, modern, mit einer eher minimalistischen Einrichtung und dazu passenden Accessoires. Es gab keine Vorhänge an den Fenstern und tagsüber wurde jeder Raum perfekt vom Sonnenlicht erhellt.
„Gehörte die Wohnung Ihrer Tochter?“ fragte der Polizist Finocchi.
„Ja, sicher.“ Es schien, als ob Frau Balzani diese Frage als überflüssig empfand.
Die Wohnung war vollständig von der Tochter bezahlt, hatte die Mutter erklärt.
Sie hatte auch erklärt, dass Lucia Mistroni eine ziemlich wichtige Rolle in der Firma inne hatte, in der sie arbeitete, obwohl ihre Tochter ihr nie wirklich gesagt hatte, um was es sich dabei handelte.
„Also? Können Sie uns den Namen des Ex-Freundes Ihrer Tochter nennen?" fragte Zamagni.
„Ja, entschuldigen Sie.“ sagte Frau Balzani, „Die Person, die Sie suchen, heißt Paolo Carnevali. Wenn er nicht umgezogen ist, wohnt er in der Via Cracovia, neben dem Parco dei Cedri, Hausnummer... 10 glaube ich.“
„Perfekt. Also erst einmal vielen Dank. Denken Sie daran, dass jede Information, die Sie uns geben können, für die Ermittlung nützlich sein könnte. Und noch etwas: Die Spurensicherung wird jeden Zentimeter dieser Wohnung überprüfen müssen, in der Hoffnung, dass dies dazu beiträgt, den Täter dieses Verbrechens zu finden, so dass es in den nächsten Tagen absolut nicht möglich sein wird, die Wohnung zu betreten. Wir werden sie gleich versiegeln.“
Die Frau nickte verständnisvoll.
„Ich werde mein Möglichstes tun, um den Mörder zu finden.“
Sie verabschiedeten sich und, wieder auf der Straße, kehrten Ispettore Zamagni und der Polizist Finocchi in die Büroräume der Einsatzzentrale zurück.
III
Viel war es nicht, aber vielleicht hatten sie jetzt eine Spur gefunden, der sie folgen konnten, während sie auf die Ergebnisse aus der Wohnung von Lucia Mistroni warteten.
Gegen Mittag suchte Ispettore Zamagni in Begleitung von Marco Finocchi das Haus in der Via Cracovia Nr. 10 auf, um mit Paolo Carnevali zu sprechen.
Sie läuteten an der Tür, ohne eine Antwort zu erhalten, warteten ein paar Minuten und schafften es, zusammen mit einer alten Dame, die von einem Spaziergang mit ihrem Hund zurückkam, das Gebäude zu betreten.
„Dürfen wir eintreten?“ fragte Zamagni.
„Hausierer sind hier unerwünscht, tut mir leid. Wenn Sie Beide also zu dieser Sorte gehören, können Sie sich die Mühe sparen und lieber woanders Ihr Glück versuchen.“
„Wir suchen Herrn Carnevali. Kennen Sie ihn?“
„Und wer sind Sie?“ wollte die Frau wissen, die offensichtlich nicht viel von Fremden hielt.
„Wir müssen mit ihm reden. Es ist nicht unsere Absicht, ihn zu belästigen oder ihm körperlich zu schaden“, erklärte der Ispettore und zeigte seinen Ausweis.
„Oh, um Himmels willen...“ war die Reaktion der alten Dame, „Was hat der junge Mann denn angestellt? Er scheint mir eine anständige Person zu sein.”
„Keine Sorge“, beruhigte sie Finocchi, „wir wollen nur mit ihm reden.“
„Jedenfalls glaube ich, dass er um diese Zeit bei der Arbeit ist.“ erklärte die Frau.
„Und wann können wir ihn antreffen? Wissen Sie, wann er zurückkommt?“
„Wenn er keine besonderen Verpflichtungen