Mami Bestseller Staffel 4 – Familienroman. Jutta von Kampen
Daß jemand nicht schwimmen konnte, begriff die Sechsjährige nicht.
»Das konnte ich doch schon mit drei Jahren«, rief sie erstaunt.
Olsen streichelte flüchtig über ihr Haar, kommandierte Kai dann aus seinen nassen Kleidern und reichte Cornelia eine weiße Leinenhose und einen Pulli, die beide recht weit schienen.
»Was anderes hab’ ich leider nicht, Mädchen, aber es wird schon genügen. Und was das Schwimmen angeht, so bringe ich Ihnen das gern bei, falls Sie daran interessiert sind.«
Cornelia nahm die Sachen und meinte betont gleichgültig:
»Daraus wird wohl schon aus Zeitgründen nichts werden, Herr Olsen. Meine Ferien sind bald abgelaufen, und damit auch unsere… unsere Zufallsbekanntschaft. Trotzdem, besten Dank für Ihr Angebot.«
Olsens Miene erstarrte.
»Natürlich! Das hatte ich fast vergessen. Tja, Kinder! Dann kommt man mit auf Deck, damit die Fürsorgerin sich umkleiden kann.«
*
Am nächsten Tag hatte Cornelia den Schrecken ihres bewegten Bads schon wieder abgeschüttelt.
Ihr Verhalten Olsen gegenüber nötigte diesem ein ironisches Grinsen ab und die Bemerkung, man solle niemals versuchen, in einer Amtsperson eine Frau zu sehen, weil sie keine sei. Das wiederum erregte Cornelias Ärger. Ja, sie bekam einen roten Kopf und zornige Augen.
»Kümmern Sie sich lieber um eine Mutter für Kai und Heike!« stieß sie erregt hervor. »Oder ist es Ihnen gar nicht mehr so ernst mit Ihrer Verheiratung? Sie wissen, was davon abhängt, Herr Olsen! Die Kinder gewöhnen sich doch immer mehr an Sie. Ich gebe ja auch zu, daß Sie sehr nett mit den beiden umgehen. Aber Sie brauchen eine Frau, sonst wird nichts aus der Sache.«
Olsens Blick verfinsterte sich.
»Sie haben natürlich mitgekriegt, was ich vorhin mit meinem Sekretär besprochen habe. Es ist gar nicht so leicht für Bruns, die richtige Frau für mich zu finden.«
Er trat zum Fenster und blickte in den Garten, wo Kai und Heike mit Bimbo umhertollten.
Sie hatten beide schon zu Abend gespeist und sollten eigentlich in die Badewanne.
Aber es war drückend schwül heute abend. Die Kinder würden doch noch nicht schlafen können.
»Ich meine es nach wie vor ernst mit dieser Adoption«, sagte Olsen nun und drehte Cornelia sein Gesicht zu. »Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!«
Sie biß sich auf die Unterlippe und gab ein wenig verlegen zurück: »Es tut mir leid, aber bitte, verstehen Sie doch. Die Zeit drängt, und ich weiß nicht, wie die Sache für Kai und Heike ausgehen wird. Nach den Ferien müssen die Kinder ins Waisenhaus, wenn Sie bis dahin noch nicht verheiratet sind. Das Jugendamt läßt die beiden nicht einmal zur Pflege in Ihrem Haus. Nicht bei Ihnen allein. Das ginge ja auch gar nicht.«
Während Cornelia sprach, hatte sie das fatale Gefühl, als höre Olsen ihr überhaupt nicht richtig zu.
Ja, und was sein Telefongespräch vorhin betraf, da hatte sie wohl einiges mitgekriegt.
Olsen hat seinem Sekretär eindeutig mitgeteilt, daß er sich nicht weiter zu bemühen brauche.
»Wie soll es also weitergehen?« fragte Cornelia darum jetzt streng.
Ehe Olsen noch eine Antwort geben konnte, ertönte draußen Bimbos lautes Bellen, dem die erstaunten Rufe der Kinder folgten.
»Da haben Sie die Antwort«, sagte Olsen nun und maß Cornelia intensiv. »Doris von Ulstett! Sie kennen die junge Dame ja schon. Ich habe auch mit ihr telefoniert und sie gebeten, einige Tage unser Gast zu sein, damit Sie, Fräulein Krümel, feststellen können, ob Doris sich als Mutter der Kinder eignet.«
In Cornelias Gesicht zeigte sich tiefe Erleichterung.
»Warum haben Sie das denn nicht gleich gesagt!« rief sie Olsen noch zu, ehe sie sich umdrehte und hinauseilte.
Schon damals hatte ihr die junge Dame eigentlich recht gut gefallen. Nun, man würde ja sehen.
Vor der Haustür blieb Cornelia stehen und beobachtete die erste Begegnung der jungen Dame mit den Kindern.
Nicht schlecht, dachte sie befriedigt, als sie sah, wie Kai und Heike ein wenig schüchtern, dennoch nicht ablehnend der eleganten Frau die Hand reichten.
Freundlich neigte Doris sich zu den Kindern, lächelte sie an und hob dann rasch den Blick zu Olsen, der an Cornelia vorbei auf Doris zuschritt.
»Guten Tag, mein Lieber! Warum hast du mir niemals von den beiden erzählt? Das sind doch reizende Kinder. Und sie scheinen gut erzogen zu sein. Ach, da ist ja auch die Fürsorgerin. Guten Tag, Fräulein…?«
»Krümel, Cornelia Krümel. Wir kennen uns ja schon flüchtig. Ich nehme an, Herr Olsen hat Ihnen erklärt, warum ich hier bin.«
Damit reichte Cornelia der Frau mit festem Druck die Hand.
»Ja, das hat er, wenn auch mit recht dürftigen Worten. Aber manchmal ist er so. Er kann zum Glück anders sein.«
Doris von Ulstett legte ihre Hand mit sanftem Druck auf Olsens Schulter.
»Hier bin ich also«, sagte sie leise, aber Cornelia hörte es doch. »Man kann dich leider nicht so einfach abschreiben, Henry. Du Scheusal – Vater von zwei Kindern willst du werden?«
Seufzend blickte Doris zu den beiden hinab, dann mit einem etwas kläglichen Lächeln zu Cornelia.
»Ich werde mich bemühen, aber ob es klappt?«
Ernst sah Cornelia in die rehbraunen, temperamentvollen Augen.
»Bemühen? Das ist schon sehr viel. Das andere kommt dann ganz von allein.«
Aus einem unbestimmten Grund versetzten Olsen ihre Worte in Zorn.
»Bemühen!« knurrte er unfreundlich und riß den Kofferraum auf, um das Gepäck der jungen Dame herauszuholen. »Warum trifft das nicht auch auf Sie zu, Fräulein Krümel? Warum haben Sie sich nicht bemüht?«
Sprachlos sah Cornelia ihn zunächst an, ehe sie tonlos hervorstammelte: »Aber ich… ich habe mich doch bemüht.«
Darauf lachte Olsen nur zornig und stapfte ans Flußufer hinunter. Kai folgte ihm mit Bimbo.
*
Flimmernde Hitze lastete über dem Fluß, obschon sich der Tag dem Ende zuneigte.
Am Himmel zeigten sich einige graugelbe Schwefelwolken.
»Kinder, heute kommt endlich das Gewitter«, meinte Olsen nun und hob den Blick zu den Wolken auf. Kai und Heike saßen auf dem Steg, bekleidet mit ihren Badeanzügen, während Doris von Ulstett auf einer Liege unter den nahen Eichenbäumen träge vor sich hin summte.
Ihre Blicke hielten den Mann fest, der nahe bei den Kindern auf dem Steg hockte und die Angelleine beobachtete. Neben ihm saß Bimbo und spielte erregt mit den Ohren. Die Fische schienen ihn zu interessieren.
Ein Bild des Friedens, aber es trog. Henry Olsen hatte wieder einmal schlechte Laune, Doris von Ulstett langweilte sich, und Kai und Heike waren unruhig und beleidigt.
Jetzt sprang Kai auf und blickte zum Haus.
»Wie lange dauert das denn noch? Was reden die beiden denn nur die ganze Zeit, Onkel Henry?«
Damit neigte er sich zu Olsen hinab und tauchte seinen Blick fast beschwörend in die hellen Augen des Mannes.
»Warum gehst du nicht einfach hinüber und sagst diesem… diesem fremden Mann, daß wir hier alle auf Cornelia warten. Sag ihm doch einfach, er habe hier nichts zu suchen. Kommt da angefahren und will Cornelia sprechen. Sie ist ganz blaß geworden, als er aus seinem Auto stieg. Hast du das denn nicht gesehen, Old Henry?«
Natürlich hatte er das gesehen. Olsen blickte aus schmalen Augen zur Wiese hin, auf der Cornelia nun schon eine gute