Wallensteins Tod. Friedrich Schiller

Wallensteins Tod - Friedrich Schiller


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Er steht schon draußen.

      Wallenstein.

       Warte noch ein wenig.

       Es hat mich überrascht—Es kam zu schnell—

       Ich bin es nicht gewohnt, daß mich der Zufall

       Blind waltend, finster herrschend mit sich führe.

      Illo.

       Hör ihn fürs erste nur. Erwäg's nachher.

       (Sie gehen.)

      Vierter Auftritt

      Wallenstein. (mit sich selbst redend)

       Wär's möglich? Könnt' ich nicht mehr, wie ich wollte?

       Nicht mehr zurück, wie mir's beliebt? Ich müßte

       Die Tat vollbringen, weil ich sie gedacht,

       Nicht die Versuchung von mir wies—das Herz

       Genährt mit diesem Traum, auf ungewisse

       Erfüllung hin die Mittel mir gespart,

       Die Wege bloß mir offen hab gehalten?—

       Beim großen Gott des Himmels! Es war nicht

       Mein Ernst, beschloßne Sache war es nie.

       In dem Gedanken bloß gefiel ich mir;

       Die Freiheit reizte mich und das Vermögen.

       War's unrecht, an dem Gaukelbilde mich

       Der königlichen Hoffnung zu ergötzen?

       Blieb in der Brust mir nicht der Wille frei,

       Und sah ich nicht den guten Weg zur Seite,

       Der mir die Rückkehr offen stets bewahrte?

       Wohin denn seh ich plötzlich mich geführt?

       Bahnlos liegt's hinter mir, und eine Mauer

       Aus meinen eignen Werken baut sich auf,

       Die mir die Umkehr türmend hemmt!

       (Er bleibt tiefsinnig stehen.)

       Strafbar erschein ich, und ich kann die Schuld,

       Wie ich's versuchen mag! nicht von mir wälzen;

       Denn mich verklagt der Doppelsinn des Lebens,

       Und—selbst der frommen Quelle reine Tat

       Wird der Verdacht, schlimmdeutend, mir vergiften.

       War ich, wofür ich gelte, der Verräter,

       Ich hätte mir den guten Schein gespart,

       Die Hülle hätt' ich dicht um mich gezogen,

       Dem Unmut Stimme nie geliehn. Der Unschuld,

       Des unverführten Willens mir bewußt,

       Gab ich der Laune Raum, der Leidenschaft—

       Kühn war das Wort, weil es die Tat nicht war.

       Jetzt werden sie, was planlos ist geschehn,

       Weitsehend, planvoll mir zusammenknüpfen,

       Und was der Zorn und was der frohe Mut

       Mich sprechen ließ im Überfluß des Herzens,

       Zu künstlichem Gewebe mir vereinen

       Und eine Klage furchtbar draus bereiten,

       Dagegen ich verstummen muß. So hab ich

       Mit eignem Netz verderblich mich umstrickt,

       Und nur Gewalttat kann es reißend lösen.

       (Wiederum stillstehend.)

       Wie anders! da des Mutes freier Trieb

       Zur kühnen Tat mich zog, die rauh gebietend

       Die Not jetzt, die Erhaltung von mir heischt.

       Ernst ist der Anblick der Notwendigkeit.

       Nicht ohne Schauder greift des Menschen Hand

       In des Geschicks geheimnisvolle Urne.

       In meiner Brust war meine Tat noch mein:

       Einmal entlassen aus dem sichern Winkel

       Des Herzens, ihrem mütterlichen Boden,

       Hinausgegeben in des Lebens Fremde,

       Gehört sie jenen tück'schen Mächten an,

       Die keines Menschen Kunst vertraulich macht.

       (Er macht heftige Schritte durchs Zimmer, dann bleibt er wieder

       sinnend stehen.)

       Und was ist dein Beginnen? Hast du dir's

       Auch redlich selbst bekannt? Du willst die Macht,

       Die ruhig, sicher thronende erschüttern,

       Die in verjährt geheiligtem Besitz,

       In der Gewohnheit festgegründet ruht,

       Die an der Völker frommem Kinderglauben

       Mit tausend zähen Wurzeln sich befestigt.

       Das wird kein Kampf der Kraft sein mit der Kraft,

       Den fücht ich nicht. Mit jedem Gegner wag ich's,

       Den ich kann sehen und ins Augen fassen,

       Der, selbst voll Mut, auch mir den Mut entflammt.

       Ein unsichtbarer Feind ist's, den ich fürchte,

       Der in der Menschen Brust mir widersteht,

       Durch feige Furcht allein mir fürchterlich—

       Nicht, was lebendig kraftvoll sich verkündigt,

       Ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz

       Gemeine ist's, das ewig Gestrige,

       Was immer war, und immer wiederkehrt

       Und morgen gilt, weil's heute hat gegolten!

       Denn aus Gemeinem ist der Mensch gemacht,

       Und die Gewohnheit nennt er seine Amme.

       Weh dem, der an den würdig alten Hausrat

       Ihm rührt, das teure Erbstück seiner Ahnen!

       Das Jahr übt eine heiligende Kraft;

       Was grau für Alter ist, das ist ihm göttlich.

       Sei im Besitze, und du wohnst im Recht,

       Und heilig wird's die Menge die bewahren.

       (Zu dem Pagen, der hereintritt.)

       Der schwed'sche Oberst? Ist er's? Nun, er komme.

       (Page geht. Wallenstein hat den Blick nachdenkend auf die

       Türe geheftet.)

       Noch ist sie rein—noch! Das Verbrechen kam

       Nicht über diese Schwelle noch—So schma ist

       Die Grenze, die zwei Lebenspfade scheidet!

      Fünfter Auftritt

      Wallenstein und Wrangel.

      Wallenstein. (nachdem er einen forschenden Blick auf ihn geheftet)

       Ihr nennt Euch Wrangel?

      Wrangel.

       Gustav Wrangel, Oberst

       Vom blauen Regimente Südermannland.

      Wallenstein.

       Ein Wrangel war's, der vor Stralsund viel Böses

       Mir zugefügt, durch tapfre Gegenwehr

       Schuld war, daß mir die Seestadt widerstanden.

      Wrangel.

       Das Werk des Elements, mit dem Sie kämpften,

       Nicht mein Verdienst, Herr Herzog! Seine Freiheit

       Verteidigte mit Sturmes Macht der Belt,

       Es sollte Meer und Land nicht einem dienen.

      Wallenstein.

      


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