Es hat uns sehr gefreut. Georg Markus
stimmten.«
Freilich irrte auch Grillparzer, als er nach einem Konzert über die Tannhäuser-Ouvertüre schrieb: »Ich bin entzückt. Das heißt: gegenwärtig. Denn während des Anhörens taten mir ziemlich die Ohren weh.«
Schüler von Giuseppe Verdi
Giuseppe Verdi war von Musikexperten lange verkannt worden. Österreichs Erzherzogin Marie Louise – die Tochter Kaiser Franz’ I. und Witwe Napoleons – hatte ein Stipendium für den jungen Musikus befürwortet, mit dem er am Konservatorium in Mailand studieren sollte. Doch der achtzehnjährige Giuseppe fiel bei der Aufnahmsprüfung mit Bomben und Granaten durch. Hatten die Professoren doch »völlige Talentlosigkeit und eine schlechte Handhaltung beim Klavierspiel« festgestellt.
Verdi hat seine Wien-Besuche nicht unbedingt in bester Erinnerung behalten. 1852 wurde an der k. k. Hofoper erstmals Rigoletto aufgeführt, etwas später Troubadour und La Traviata – alle in Anwesenheit des Meisters. Wiens Kritikerpapst Eduard Hanslick bezeichnete Verdis Musik als »Mißgeburt«, und mehrere Aufführungen wurden sogar von der Sittenpolizei überprüft. Aida war für Hanslick »weder die Tat eines schöpferischen Genies noch die Arbeit eines fertigen Meisters«.
Die Wiener freilich liebten ihren Verdi vom ersten Moment an. Auf der Kärntner Straße stand ein Werkelmann und leierte die populäre Arie La donna e mobile aus Rigoletto herunter. Verdi war verzweifelt, als er vorbeiging, denn der Bettler war alles andere als musikalisch. Der Meister warf ihm eine Münze in den Hut und forderte ihn auf, das Stück wenigstens nicht so schnell zu spielen. Als er am nächsten Tag wieder vorbeikam, hatte der Mann ein Schild mit der Aufschrift um den Hals hängen: »Schüler von Giuseppe Verdi«.
Verdi selbst, der fast neunzig Jahre alt wurde, blieb sein Leben lang ein bescheidener Mann. Als er gefragt wurde, welches seiner Werke er für sein bedeutendstes halte, antwortete er: »Mein Altersheim in Mailand«. – Der Meister hatte es aus eigenen Mitteln für bedürftige Musiker errichten lassen.
Der falsche Richard Strauss
Richard Strauss, Schöpfer genialer Opern wie Die Frau ohne Schatten und Electra, war von 1919 bis 1924 Direktor der Wiener Staatsoper, und gleichzeitig wurde er auch als Dirigent gefeiert. 1923 unternahm er mit den Wiener Philharmonikern eine Südamerikatournee, in deren Verlauf er über dreißig Konzerte und Opernaufführungen dirigierte. Die letzte Veranstaltung sollte in der brasilianischen Stadt Bahia stattfinden, doch gerade als er im Hafen das Schiff verlassen wollte, erhielt Strauss ein Telegramm, in dem er gebeten wurde, sich möglichst schnell in der Staatsoper einzufinden.
Ehe er die damals drei Wochen dauernde Reise nach Wien antrat, übertrug er dem Oboisten Alexander Wunderer (der Strauss überdies ähnlich sah) die Leitung des Konzerts in der brasilianischen Stadt. Kein Mensch in Bahia merkte, daß der berühmte Komponist nicht am Pult stand, und die Philharmoniker freuten sich über den Jubel im ausverkauften Saal. Nur der wahre Dirigent des Abends kränkte sich ein wenig, daß nicht er, sondern »der große Ricardo Strauss« anderntags von der Presse gefeiert wurde.
Meister Brahms’ letztes Gulasch
Wenn es hier jemanden gibt, den ich noch nicht beleidigt habe«, sagte der als Zyniker bekannte Johannes Brahms einmal, »dann bitte ich um Entschuldigung.«
Die Wiener Familie Eibenschütz führte dereinst ein großes Haus. Tochter Ilona galt zu ihrer Zeit als Wunderkind und reiste – als Lieblingsschülerin Clara Schumanns – von einem Klavierkonzert zum anderen. Und der Schwiegersohn Robert Schiff zählte zu den bevorzugten Porträtisten Kaiser Franz Josephs – sein berühmtestes Bild des Monarchen hängt in der Ischler Lehár-Villa.
Zum Mittagessen im Salon besagter Familie Eibenschütz kam jeden Sonntag kein Geringerer als Johannes Brahms. Nicht nur der erlesenen Gesellschaft wegen, die ihn dort erwartete, sondern auch, weil hier ein Gulasch von unerreichter Qualität serviert wurde.
Als man Brahms eines Sonntags fragte, warum er gar so deprimiert wirke, erzählte er, sein Arzt hätte ihm gerade mitgeteilt, daß er an einem unheilbaren Leberleiden laboriere. Das Bedauern aller Anwesenden war ihm sicher, und als man zum traditionellen Mittagstisch schritt, meinte Frau Eibenschütz: »Aber nach dieser Diagnose dürfen Sie unser Gulasch nicht mehr nehmen, Meister, das wäre zu schwer für Sie!«
»Ach was«, wehrte Johannes Brahms ab, »stellen wir uns vor, ich wäre erst übermorgen zur Untersuchung gegangen.«
Sprach’s und ließ sich sein Gulasch einmal noch schmecken.
Befragt, was er von der Unsterblichkeit halte, meinte Brahms: »Wenn sie heutzutage dreißig Jahre dauert, dann ist das schon sehr viel.«
Ein Posten bei der Königin von Saba
Ein moderner Komponist will von einem Kollegen wissen, was er von seiner neuen Oper halte.
»Die wird vielleicht noch gespielt werden, wenn alle großen Meister vergessen sind!«
»Wirklich?«
»Ja, aber nur dann!«
Josef Hellmesberger, legendärer Konzertmeister der Wiener Philharmoniker, wird darauf angesprochen, daß sich sein komponierender Sohn in einem seiner Bühnenwerke stark an Mozart anlehne.
»Na und«, sagt er, »wissen Sie mir vielleicht einen Besseren zum Anlehnen?«
Apropos »Anlehnen«: Vom Komponisten Karl Goldmark wird berichtet, er habe für sein Werk Merlin fünf Jahre gebraucht. »Ha«, lachte Hellmesberger, »sowas stiehlt mein Sohn in drei Monaten zusammen!«
Goldmark war mächtig stolz darauf, daß mehrere seiner Werke an der Wiener Hofoper aufgeführt wurden. Besondere Triumphe feierte er mit seiner Oper Die Königin von Saba, die sowohl vom Publikum als auch von der Presse umjubelt wurde. In seinem Stolz versäumte er keine Gelegenheit, auch ihm persönlich nicht bekannten Menschen von seinen großen Erfolgen zu berichten. Einer fremden Dame stellte er sich vor: »Erlauben Sie, Gnädigste, mein Name ist Goldmark, ich bin der Komponist der Königin von Saba.«
»Sehr erfreut«, reagierte die Angesprochene, »ich bin die Vorleserin der Erzherzogin Sophie.«
Auch während einer Bahnfahrt gab er sich einer Sitznachbarin gegenüber als »Komponist der Königin von Saba« zu erkennen.
Worauf die Dame meinte: »Ach, das ist aber sicher ein guter Posten.«
Kein Duell mit dem Walzerkönig
Johann Strauß Sohn galt als bescheidener Mann. Als der Pianist Alfred Grünfeld seinen Frühlingsstimmenwalzer spielte, sagte der Walzerkönig: »So schön wie du ihn spielst, ist er gar nicht.«
Und über seinen Bruder Josef: »Ich bin populärer, er ist begabter.«
Selten haben sich Kritiker so sehr geirrt wie bei den »Sträussen«. Eduard Hanslick nannte Johann »ziemlich erfindungsschwach«. Demselben Irrtum erlag auch Strauß Vater, der seinen Söhnen einmal schrieb: »Das habe ich schon herausgekriegt, ihr habt alle keine Spur von Talent.«
Wie dem Talentiertesten der »Talentlosen« die Noten zuflogen, hinterließ uns ein Komitee-Mitglied des Technikerballs. Der Mann trat kurz vor der Eröffnung in einem Restaurant an Johann jun. heran, um ihn zu fragen, wie weit die Komposition eines vor Wochen in Auftrag gegebenen Musikstückes gediehen sei. »Ich habe noch keine Note«, gestand Strauß, nahm die Speisekarte zur Hand und ließ innerhalb von dreißig Minuten den seither oft gespielten Accelerationenwalzer entstehen.
Öffentliche Auftritte haßte er. »Lieber zehn Walzer komponieren«, meinte Strauß, »als eine einzige Rede halten.«
Jean« oder »Schani«, wie die Wiener ihn nannten, war der große Frauenliebling seiner Zeit. Ein Offizier forderte ihn zum Duell auf, weil seine Frau dem Walzerkönig