Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman. Viola Maybach

Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman - Viola Maybach


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zeige ich meine weichen Seiten selten. Sonst wäre ich heute noch ein unbedeutender Provinzschauspieler. Sie sind übrigens auch ein Mensch voller Widersprüche. Als wir uns kennenlernten, dachte ich… Es ist vorbei, das war damals, als…«

      »Sie brauchen nicht verlegen zu werden. Damals war ich noch mit Gunter zusammen. Wir waren damals übrigens per Du und können es bleiben.«

      »Gern, Sandra. Ich will dich nicht verletzen. Vielleicht magst du an diese Zeit nicht erinnert werden?«

      »Sprich ruhig offen, Alexander.«

      »Ich dachte, daß Gunter und du ausgezeichnet zusammenpaßtet. Zwischen euch stimmte alles, abgesehen davon, daß du keinen Adels­titel hast. Aber was bedeutet das schon heutzutage? Für mich war es ein Schock, daß eure Verlobung scheiterte. Ich begreife es heute noch nicht.«

      »Du glaubst, daß ich nicht der Typ bin, um Gunter zu betrügen?«

      »Allerdings.«

      »Ich danke dir für die gute Meinung, Alexander. Gunter teilte sie nicht. Gunter glaubte es sofort, als ich ihm sagte, daß ich ein Kind von einem anderen erwarte. Ich habe seither nichts mehr von ihm ge­hört.«

      »Er verlobt sich in Kürze mit Marion von Balsingen.« Alexanders Kummer brach aus ihm hervor. »Ich liebe sie schon seit langem, wenn du und Gunter zusammengeblieben wärt, hätte aus uns etwas werden können.«

      »Ja, wenn, Alexander. Der Mensch denkt und hofft, und das Schicksal nimmt seinen Lauf. Was geschehen soll, das geschieht. Man muß sich nach den Tatsachen richten, auch wenn es manchmal schwerfällt.«

      »Soviel Fatalismus bringe ich nicht auf. Ich bin sehr unglücklich. Marion hat nur Gunter im Sinn, mich hat sie überhaupt nie richtig angesehen. Freilich, mit einem Fürsten kann ich nicht konkurrieren.«

      Sandra behielt ihr Lächeln bei, obwohl es ihr schwerfiel. Denn die Nachricht, daß Gunter sich verloben wollte, schmerzte sie.

      »Ich kenne Marion von Balsingen fast nur vom Hörensagen. Sie ist hübsch, sie ist adlig, nach allem was ich weiß, ist sie sehr nett. Ich wünsche ihr und Gunter, daß sie miteinander glücklich werden. Fürstin Claudia ist Marion sicher auch als Schwiegertochter genehm. Bist du übrigens zur Verlobung eingeladen, Alexander?«

      »Ja, aber ich gehe nicht hin. Ich bin zwar Schauspieler, aber es liegt mir nicht, die Rolle des edlen, verzichtenden Freundes zu spielen. Ich wünsche den beiden alles Gute, doch ich ziehe mich zumindest für die nächste Zeit zurück. Wie steht es mit dir, Sandra? Siehst du den Vater deines Kinder öfter? Werdet ihr vielleicht irgendwann heiraten?«

      »Ich habe ihn schon seit Monaten nicht mehr getroffen und werde ihm fernbleiben, genau wie er mir. Es liegen besondere Umstände vor, über die ich nicht sprechen möchte. Ich bin mit meinem Kind sehr glücklich, ich will es allein großziehen.«

      Alexander war zu feinfühlig, um weitere Fragen zu stellen. Er hätte von Sandra keine Antwort erhalten. Als er ging, vereinbarten sie, daß er gelegentlich wiederkommen würde. Gunter sollte von dem Kontakt zwischen ihnen nichts erfahren.

      »Sonst verfällt er am Ende noch auf ganz falsche Gedanke«, sagte Sandra.

      »Er würde sich kaum dafür interessieren«, antwortete Alexander bitter. »Er denkt an dich genausowenig wie Marion an mich. Es ist schlimm, zu lieben und nicht wiedergeliebt zu werden.«

      Aber noch schlimmer ist es, wenn die Liebe durch Intrigen zerstört wird, dachte Sandra. Sie sah Alexander die Treppe hinuntergehen. Seine Schultern waren etwas nach vorn gesunken, er wirkte anders als der strahlende Erfolgsschauspieler, den die Öffentlichkeit kannte.

      Die kleine Bettina fing im Schlafzimmer an zu schreien.

      *

      Handle ich richtig, wenn ich mich mit Marion verlobe? fragte sich Gunter. Warum kann ich die andere nicht vergessen? Bis in meine Träume verfolgt sie mich. Aber das wird sich ändern.

      Der Fürst stand im Ankleidezimmer. Es war am Nachmittag des Verlobungstages, am Abend stand ein großer Ball bevor. Die von Balsingens waren schon am Vormittag auf Schloß Falkenau eingetroffen. Gunter hatte Marion ihr Geburtstagsgeschenk überreicht.

      Eine brillantenbesetzte Uhr, dazu vierundzwanzig rote Rosen – für jedes Lebensjahr eine. An der Mittagstafel hatten Freunde der Fürstenfamilie, des Barons und der Baronesse sowie Mitglieder des Adels teilgenommen. Am Nachmittag trafen weitere Gäste ein.

      »Durchlaucht sehen hervorragend aus«, stellte der Kammerdiener fest, der den Fürsten bediente.

      Gunter betrachtete sich im großen Spiegel. Der Smoking saß wie angegossen. Er nestelte an der Nelke im Knopfloch. In der Halle traf er Marion. Von einem Starcoiffeur frisiert, im festlichen Kleid mit goldener Gürtelschnalle, goldener Halskette und goldenen Ohrringen, sah sie ganz bezaubernd aus.

      Gunter bot ihr galant den Arm. Sie traten auf den Balkon. Die Fürstin, mit ihrem prächtigsten Schmuck, und Baron Edgar gesellten sich zu ihnen. Das Verlobungspaar zeigte sich den Gästen und zahlreichen Zuschauern. Bei den Zuschauern handelte es sich hauptsächlich um Leute, die für den Fürsten arbeiteten oder auf den fürstlichen Gütern lebten.

      Hinterher steckte Gunter Marion den Verlobungsring an, ein Familienerbstück. Nach dem Diner erstrahlte das Schloß im Lichterglanz. Im Ballsaal sorgten Musiker für beschwingte Unterhaltung.

      Marion war so glücklich, daß sie die ganze Welt hätte umarmen können. Baron Edgar rieb sich die Hände, kaum daß er allein in seinem Gästezimmer stand.

      Seltsamerweise vermißte Gunter seinen Freund Alexander Karben sehr. Alexander hatte sich mit beruflicher Überbelastung entschuldigt. Gunter glaubte ihm das.

      *

      Während es aussah, als ob die Intrigen des Barons Edgar zum totalen Erfolg führen würden, stellte das Schicksal neue Weichen. Der Baron hatte es überwundern, daß Fürstin Claudia seinen Heiratsantrag ablehnte. Er konnte es sich nicht erlauben, lange zu schmollen.

      Das Wasser stand ihm finanziell bis zum Hals. Selbst der Schmuck, den Marion bei der Verlobung getragen hatte, war geliehen gewesen. Die Baronesse wußte das nicht.

      Baron Edgar erschien künftig noch häufiger als zuvor als Freund des Hauses und als Verwandter in spe auf dem Schloß.

      Wenige Wochen nach der Verlobung fuhr der Baron mit der Fürstin zu einer Opernaufführung nach Frankfurt. Sie tranken hinterher noch ein Glas Sekt im Café der Alten Oper. Bei der Heimfahrt regnete es derart heftig, daß sie auf der Autobahn halten und fünfzehn Minuten lang abwarten mußten.

      Bei der Weiterfahrt ermahnte Fürstin Claudia den Baron, vorsichtig zu fahren.

      »Im Schneckentempo dahinzuschleichen, ist besser, als zu verunglücken. Mein Mann ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Seitdem habe ich schreckliche Angst, daß mir auch so etwas zustoßen könnte.«

      »Mein Wagen hat eine ausgezeichnete Straßenlage, ich bin ein erstklassiger Fahrer. Uns passiert nichts.«

      Baron Edgar trat aufs Gas. Es hatte zu regnen aufgehört. Auf der Landstraße hinter Wiesbaden geschah es. Ein entgegenkommender Wagen blendete den Baron, er verriß das Steuer und wurde auf der regenglatten Fahrbahn aus der Kurve getragen. Fürstin Claudia schrie auf.

      Der Baron kurbelte wie rasend am Steuer und trat voll auf die Bremse. Das war grundverkehrt. Der Wagen überschlug sich mehrmals. Es krachte zwischen die Bäume und blieb am Hang liegen – mit den Rädern nach oben. Die Scheinwerfer brannten noch…

      Der Fahrer, der mit seinem Fernlicht den Unfall verursacht hatte, hielt an. Er und sein Beifahrer stiegen aus. Ein einzelnes Auto näherte sich aus der anderen Richtung und stoppte. Eine junge, dunkelhaarige Frau stieg heraus.

      »Ich bin Ärztin, Dr. Sandra Richter. Was ist geschehen?«

      Der Fahrer berichtete hastig.

      »Sie fahren sofort zum nächsten Telefon und verständigen den Notarzt und die Polizei«, befahl San­dra. »Anschließend kommen


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