Mission SOL 2020 Paket (1 bis 12). Madeleine Puljic

Mission SOL 2020 Paket (1 bis 12) - Madeleine Puljic


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schloss.

      Er wandte sich der Forscherin und dem Diplomaten zu, doch ehe er nach dem Verbleib seiner Richter fragen konnte, ertönte ein leises Summen. Einer nach dem anderen leuchteten die leeren Plätze auf, und auf ihnen erschienen die dreidimensionalen Hologramme der drei fehlenden Ritter.

      Über dem violetten Sitz zwischen dem Thron und der Forscherin schwebte das Abbild eines hageren, lang gezogenen Geschöpfs mit spitzem, fischartigem Gesicht sowie dunkelvioletter Haut und Kiemen, die einem Kragen gleich über seine Schultern hingen.

      Den gelben Stuhl links neben dem Eingang, der mit dem des violetten Wesens verbunden war, nahm eine Frau ein, die weitgehend wie ein Mensch wirkte. Nur ihre spitzen Ohren und der sehr längliche Schädel, der sich nach vorn wölbte wie ein Horn, verrieten, dass sie wohl nicht auf der Erde geboren war.

      Auf dem letzten Platz, der mit Yalabas Sitz verbunden war, lag ein winziges Gebilde, das aussah wie eine Qualle, die man an Land geworfen hatte. Schimmernde Fangarme tasteten über die Oberfläche des roten Stuhls, wobei Lichtblitze wie elektrische Stöße durch das weiche Gewebe zuckten.

      Hologramme. Rhodan fühlte leichten Ärger in sich aufsteigen. Wozu hatte man die SOL und ihn eigens nach Kessaila beordert, wenn auch eine Fernpräsenz der Ritter akzeptiert wurde? Dann hätte man sich das ganze Theater doch sparen und die Verhandlung gleich vor Ort abwickeln können, ohne dass vier riesige Raumschiffe drei Tage lang durch die Galaxis tingeln mussten.

      Die einzige Erklärung, die er für diesen Aufwand hatte, bestand in einem weiteren Ritual der religionsähnlichen Gesellschaft, die sich um die Superintelligenz gebildet hatte. Immerhin hatte Semmaru das Adyton als Allerheiligstes bezeichnet. Vielleicht erforderte ihr Glaube, dass besondere Anhörungen nur in diesen Räumlichkeiten stattfanden.

      Letztlich spielte es keine Rolle. Er war hergekommen. Nun musste er das Beste aus seiner Situation machen.

      Rhodan hatte keine Ahnung, welche Funktion die anderen drei Ritter übernehmen sollten, was es schwierig machte, seine Situation einzuschätzen. Schmerzlich wurde ihm bewusst, wie wenig er über BARILS Philosophie wusste, abgesehen von dem Eindruck, dass Gleichgewicht das oberste Gebot darstellte. Die Lobpreisungen der Roboter auf der SOL hatten ihm jedoch ebenso wenig Hilfreiches verraten wie die Jubelrufe der Menge, die er in der Stadt zu hören bekommen hatte.

      Nur das eine: BARIL hielt sich für unfehlbar. Und solche Wesen waren ihm prinzipiell suspekt. Niemand war vor Fehlern gefeit, das hatte er selbst oft genug am eigenen Leib erfahren.

      Ein weiteres Summen ertönte, und die Bewegungen der Ritter erstarben. Ein viertes Hologramm wurde hinzugeschaltet. BARILS Stimme erschien über dem grauen Thron. Vielmehr schwebte jenes Symbol über dem Sitz, das die Stimme bereits bei ihrer ersten Kommunikation mit Rhodan und den Rittern benutzt hatte: die stilisierte Waage, umgeben von einem goldenen Schnee- oder Funkenschauer.

      »Der Orden hat zusammengefunden«, verkündete die Stimme in gewichtigem Tonfall, »um über das Schicksal des Eindringlings zu urteilen. Lasst uns beginnen! – A-Kuatond, du erhebst Anklage gegen den Fremden. Rechtfertige deinen Vorwurf.«

      Die Zentrifaal erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung, verneigte sich in Richtung des Throns, um dann umso aufrechter zu stehen. Sie hielt die Hände vor dem Körper, umfasste mit der Schaufelhand die Finger der anderen und ließ sie in dem Hautlappen verschwinden.

      »Ich klage den hier anwesenden Eindringling Perry Rhodan an, mich in der Ausübung meiner Ritterpflichten behindert zu haben«, sagte sie. »Ich habe das Volk der Truvaud geerntet, wie es meine Aufgabe war, und ihre Spur zu einem zweiten System verfolgt, in dem sie einen weiteren Planeten besetzt hatten. Gerade als mein Orbiter und ich dabei waren, auch diese Abkömmlinge aufzugreifen, tauchte aus dem Nichts das Raumschiff dieses Rhodan auf. Er ...« Sie spie das Wort beinahe aus. »... griff meine Tetraedersegmente grundlos an, was den Truvaud Gelegenheit gab, zu einem Gegenschlag auszuholen. Sein Eingreifen hat dazu geführt, dass mein Orbiter getötet wurde.«

      Er und fünfundzwanzig Solaner, fügte Rhodan in Gedanken hinzu. Trotzdem hatte er die Auslöschung eines ganzen Volkes nicht verhindern können.

      »Wie kommt es, dass dein Orbiter sich in der Gefahrenzone aufhielt?«, fragte BARILS Stimme.

      Kam es Rhodan nur so vor, oder hatte sie einen lauernden Unterton angenommen?

      Es musste Wunschdenken sein, denn A-Kuatond antwortete ohne Zögern: »Er war vor Ort, um sicherzustellen, dass sich auf diesem uns bis dahin unbekannten Planeten nicht weiteres Leben befand, das wir durch den Erntevorgang gefährdet hätten.«

      Es gelang ihr, vollkommen vernünftig zu klingen, sogar einfühlsam. Wie jemand, den das Leben tatsächlich interessierte, das er vernichtete. Rhodan glaubte ihr diese Farce keine Sekunde lang. Er hatte ihren Zorn erlebt, ihre Rachsucht. Sie besaß die Aggression einer Zentrifaal, und sie hatte davon Gebrauch gemacht, um die Truvaud bis auf den letzten Angehörigen dieses Volkes zu vernichten. Rhodan hatte sie daran gehindert, nur damit BARILS Stimme die Aufgabe letztlich doch noch zu Ende führte.

      Die Stimme schwieg einen Augenblick lang, als wäge sie die Worte der Kriegerin ab.

      Dann sprach sie unvermittelt Rhodan an. »Und du, Terraner? Was hast du zu deiner Verteidigung vorzubringen?«

      Ich wollte nicht zusehen, wie in deinem Namen ein ganzes Volk niedergemetzelt wird, das seiner Angreiferin unverkennbar nichts entgegenzusetzen hatte.

      Rhodan sammelte sich. Die Wahrheit durfte er nicht aussprechen, das wusste er. Wenn er diese Verhandlung überleben wollte, musste er sich der Moral des Ordens bedienen.

      »Ich gestehe, dass ich einem Fehlurteil erlegen bin«, gab er sich deshalb reumütig. »Es war mein Bestreben, das Gleichgewicht wiederherzustellen, wie es auch im Sinne BARILS ist. Als ich mit meinem Schiff eingetroffen bin, war ein Kampf gegen einen massiv unterlegenen Gegner im Gange. Ich habe eingegriffen, um für Gleichgewicht zu sorgen.«

      »Ohne Informationen zu sammeln?«, fragte die Stimme.

      A-Kuatonds Nasenschlitze krümmten sich, vermutlich ein Ausdruck selbstgefälliger Zufriedenheit.

      »Von wem hätte ich eine aufrichtige Antwort erhalten sollen?«, erwiderte Rhodan. »Ein unrechtmäßiger Angreifer hätte mich belogen, und die Verteidiger waren bereits stark dezimiert. Ich gebe zu, dass ich als Neuankömmling in Yahouna nicht alle Fakten kannte. Aber angesichts der prekären Situation konnte ich nicht warten, bis ich diese Auskünfte bekommen hätte, sonst wäre es für die Truvaud zu spät gewesen.« Er räusperte sich. »Allerdings habe ich das Raumschiff der Angreifer kontaktiert, mit der Bitte um Erklärung und Waffenruhe, bis die Situation geklärt wäre, aber ...«

      Aber A-Kuatond hatte den Angriff wie von Sinnen fortgesetzt, nachdem ein von allen guten Geistern verlassener Truvaud ihren Orbiter getötet hatte. Das war die Wahrheit. Allerdings mochte sie Rhodan bloß ins nächste Fettnäpfchen befördern. Einmal mehr verfluchte er all das, was er nicht über BARILS Ritter wusste.

      »Danke für deinen Bericht.« Die Stimme gab mit keiner Silbe zu erkennen, was sie von seiner Verteidigungsrede hielt.

      »Ich ...«

      Rhodan kam nicht mehr dazu, noch etwas hinzuzufügen. Erneut schloss sich eine Kuppel aus Energie um ihn, und diesmal hielt sie ihn nicht nur an Ort und Stelle, sie schirmte ihn auch von der Verhandlung ab. Er hatte gehofft, die Diskussion der Ritter zumindest verfolgen, wenn schon nichts dazu beitragen zu können. Weit gefehlt. Durch die Energiekuppel drang weder Bild noch Ton. Er war eingesperrt, allein mit seinen Gedanken und der Sorge vor dem, was ihn nun erwarten mochte.

      Hatte er sie überzeugt? Seine Rede war reichlich dürftig gewesen. Aber dasselbe galt für A-Kuatonds Anklage. Er hatte den Kontakt gesucht. Dass sie dennoch den Kampf vorgezogen hatte, musste doch für ihn sprechen. Oder?

      Allerdings nur, wenn man von menschlichen Moralvorstellungen ausging. Immerhin war A-Kuatond gesandt worden, um diesen Genozid zu verüben – und das ganz im Sinne der Bevölkerung der Ritterwelt, wenn er nach dem urteilte, was er in den Straßen von Kessaila gesehen hatte.

      Rhodan zwang sich zur


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