Gesunde Kinder in der Kita. Jochen Rübo
um
a. die Säuglings- und Kindersterblichkeit zu verringern;
b. sicherzustellen, dass alle Kinder die notwendige ärztliche Hilfe und Gesundheitsfürsorge erhalten, wobei besonderer Nachdruck auf den Ausbau der gesundheitlichen Grundversorgung gelegt wird;
c. Krankheiten sowie Unter- und Fehlernährung auch im Rahmen der gesundheitlichen Grundversorgung zu bekämpfen, unter anderem durch den Einsatz leicht zugänglicher Technik und durch die Bereitstellung ausreichender vollwertiger Nahrungsmittel und sauberen Trinkwassers, wobei die Gefahren und Risiken der Umweltverschmutzung zu berücksichtigen sind;
d. eine angemessene Gesundheitsfürsorge für Mütter vor und nach der Entbindung sicherzustellen;
e. sicherzustellen, daß allen Teilen der Gesellschaft, insbesondere Eltern und Kindern, Grundkenntnisse über die Gesundheit und Ernährung des Kindes, die Vorteile des Stillens, die Hygiene und die Sauberhaltung der Umwelt sowie die Unfallverhütung vermittelt werden, daß sie Zugang zu der entsprechenden Schulung haben und daß sie bei der Anwendung dieser Grundkenntnisse Unterstützung erhalten;
f. die Gesundheitsvorsorge, die Elternberatung sowie die Aufklärung und die Dienste auf dem Gebiet der Familienplanung auszubauen.
(3) Die Vertragsstaaten treffen alle wirksamen und geeigneten Maßnahmen, um überlieferte Bräuche, die für die Gesundheit der Kinder schädlich sind, abzuschaffen.
(4) Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die internationale Zusammenarbeit zu unterstützen und zu fördern, um fortschreitend die volle Verwirklichung des in diesem Artikel anerkannten Rechts zu erreichen. Dabei sind die Bedürfnisse der Entwicklungsländer besonders zu berücksichtigen.
1.1 Wichtige Faktoren, die für die Gesundheit eines Kindes verantwortlich sind
1.1.1 Körperliche Voraussetzungen
Von den Eltern stammt das Erbgut, das in Genen kodiert auf Chromosomen in allen Zellen des Körpers den Bauplan des Körpers enthält. Modifiziert von Umweltfaktoren bestimmt das Erbgut maßgeblich die Entwicklung: von der Augen- und Haarfarbe, über die wahrscheinliche Körpergröße bis hin zur Wahrscheinlichkeit, einen Bluthochdruck oder eine Krebserkrankung im Verlauf des Lebens zu bekommen. Das Erbgut selber kann bereits bei der Zeugung Auffälligkeiten erhalten, so z. B. fehlende oder überschüssige Chromosomen, die dann zu charakteristischen Auffälligkeiten, wie z. B. die Trisomie 21, das Down-Syndrom führen. Kleinere chromosomale Schädigungen sind für eine größere Anzahl von angeborenen chromosomalen Veränderungen verantwortlich, die dann zu körperlichen und/oder mentalen Leistungseinbußen führen. Während der Schwangerschaft können äußere Einflüsse, wie z. B. Infektionen der Mutter (z. B. Röteln), schädliche Substanzen (z. B. Alkohol) und ionisierende Strahlen (z. B. Röntgenstrahlen, Atomenergie), das ungeborene Kind schädigen und zu lebenslangen Beeinträchtigungen führen. Während eine Beeinflussung des Erbgutes bei natürlicher Zeugung nicht möglich und ethisch äußerst fragwürdig wäre, muss das Ziel einer präventiven Gesundheitspolitik sein, schädigende Einflüsse auf die Mutter und das ungeborene Kind durch Aufklärung, sehr vorsichtigen Umgang mit Strahlung und Medikamenteneinnahmen und weitgehenden Schutz in der Arbeitswelt zu gewährleisten. Dazu gehören in Deutschland eine strikte Überwachung der Zulassung von Medikamenten, die in der Schwangerschaft eingesetzt werden sollen, Aufklärungskampagnen über die Gefahr einer Alkoholembryopathie durch Alkoholgenuss während der Schwangerschaft, konsequente Arbeitsschutzrichtlinien für die Schwangerschaft und vor allem ein von den Krankenkassen finanziertes, umfangreiches Vorsorgeprogramm während der Schwangerschaft.
1.1.2 Umweltfaktoren
Wesentliche Umweltfaktoren, die die Gesundheit eines Kindes beeinflussen, sind zunächst die Versorgung mit sauberem Trinkwasser und altersgemäßer ausgewogener, gesunder und frischer, vielseitiger Nahrung. Global gesehen ist dies für viele Kinder keine Selbstverständlichkeit trotz der intensiven Bemühungen der Vereinten Nationen in den letzten Dekaden, die zu einem deutlichen Rückgang von Hunger und Unterversorgung in der Welt gesorgt hat. In Deutschland spielt die Trinkwasser- und Nahrungsversorgung auch für finanziell schwächer Gestellte keine wirkliche Problematik dar. Schwieriger ist es, den Eltern in einer Überflussgesellschaft die Notwendigkeit einer gesunden Ernährung nahe zu bringen. Themen sind Übergewicht und Fehlernährung mit den gesundheitlichen Folgen.
Neben den basalen Bedürfnissen nach Nahrung und Wasser benötigt ein Kind eine gesicherte menschengeschaffene Umwelt: Wärme, Unterkunft, Hygiene, Kleidung, Schutz vor Gefahren, Möglichkeit zur altersgerechten Körper- und Bewegungskultur, eine unbelastete, natürliche Umgebung. Die politisch Verantwortlichen und die gesamte Gesellschaft müssen sich bemühen, in ihren Entscheidungen diese wesentlichen Bedürfnisse der Kinder zu berücksichtigen, die Verteilung des Wohlstands gerecht zu gestalten und die Bewahrung der Umwelt für die kommenden Generationen als wichtiges Ziel anzuerkennen.
1.1.3 Psycho-soziale Faktoren
Abgesehen von der Stillung der essentiellen Bedürfnisse – Atmen, Trinken, Essen – ist aber für die Gesundheit die Liebe das Wichtigste. Die Liebe, die Eltern, Großeltern, Geschwister, Verwandte und Freunde dem Kind entgegenbringen, ist das Licht, das ein Kind zum Erblühen bringt. Ein Kind benötigt das Gefühl der Geborgenheit, ein Urvertrauen muss sich frühzeitig entwickeln. Intakte soziale Bedingungen, Zuwendung, Fürsorge, keine dauernde Über- oder Unterforderung, Freiheit mit Gestaltungsmöglichkeiten sind wichtige Faktoren.
Gibt es in der Persönlichkeitsstruktur der Eltern (z. B. Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, aggressive Verhaltensstörung), im sozialem Umfeld (z. B. schwierige finanzielle Situation) oder aufgrund von Erkrankungen (z. B. psychische Störungen) berechtigte Sorgen, dass eine liebevolle Betreuung eines Kindes schwierig werden wird, müssen möglichst frühzeitig intensive Hilfsangebote etabliert werden, damit die Entwicklung des Kindes möglichst ungestört verlaufen kann.
1.2 Medizinische Möglichkeiten
Die Kinder- und Jugendheilkunde mit ihren Subspezialisierungen bemüht sich, ihren Beitrag zur Gesundheit der Kinder beizutragen. Zahlreiche medizinische Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte haben die Kindersterblichkeit auf ein historisch niedriges Maß gesenkt. Die Einführung der Impfungen und die ständige Weiterentwicklung der Impfstoffe haben Erkrankungen zurückgedrängt oder ausgerottet, denen früher ungezählte Kinder zum Opfer fielen. Die wissenschaftliche Erforschung neuer Heilverfahren hat Erkrankungen behandelbar gemacht, die noch in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts ein sicheres Todesurteil waren, dazu gehört z. B. die Leukämie, die heute fast 90 % der Betroffenen überleben. Schwere angeborene Herzfehler werden mit Hilfe der Herz-Lungen-Maschine erfolgreich operiert oder im Herzkatheterlabor mit speziellen Kathetertechniken behandelt. Die Verbesserung der Versorgung von Neugeborenen mit vielen technischen und medizinischen Innovationen ermöglicht heute das Überleben auch sehr kleiner Frühgeborener mit Geburtsgewichten von nicht einmal 500 g. In Zusammenarbeit zwischen Kinderärzten und Forschern werden Therapien auch für sehr seltene, sogenannte »Waisen-Erkrankungen« (orphan disease) entwickelt und verbessert, damit die Lebensqualität dieser Patienten steigt. Die Schmerz- und Palliativmedizin kümmert sich um die Kinder, denen trotz des medizinischen Fortschritts nicht zur Heilung ihrer Krankheit geholfen werden kann. Eine schmerzfreie und liebevolle Betreuung, möglichst im familiären Umfeld, ist Ziel dieses relativ jungen Teilgebietes der Kinderheilkunde.
Möglich werden diese Fortschritte auch durch eine zunehmende wissenschaftliche Untermauerung der Behandlungsstrategien durch gut geplante und durchgeführte Studien, die im Konzept der evidenzbasierten Medizin die Grundlage für Therapieempfehlungen bilden. Therapieverfahren sollen dadurch vergleichbarer und sicherer werden. Die Fachgesellschaften (z. B. die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin) verfassen dazu auf Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Evidenz Leitlinien, die allen klinisch tätigen Ärzten helfen, wissenschaftlich begründete Medizin anzuwenden (AWMF-Leitlinien).
Abb.