Seewölfe - Piraten der Weltmeere 659. Fred McMason
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© 1976/2020 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-96688-073-2
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Fred McMason
Zum Tode verurteilt
Das Urteil ist grausam – Elefanten sollen die Henker sein
Juni 1599, Surat/Indien.
Die qualvolle Nacht hatte endlich ein Ende. Dem Getrappel von Schritten nach zu urteilen, mußte gerade die Sonne aufgegangen sein.
Im Verlies des Padischahs sah man allerdings nichts davon. Hier blakten nur ein paar kümmerliche Fackeln. Es war warm, schwül und stickig.
Kein noch so winziger Hauch brachte Kühlung.
Die Arwenacks, die bis auf zwei im Verlies saßen, warteten auf die Vollstreckung ihres Todesurteils, das der Padischah verkündet hatte. Die Anführer der „Piraten“, angeklagt der Spionage und Piraterie, sollten von Elefanten zerrissen oder zu Tode getrampelt werden. Das Urteil für die übrige Crew stand ebenfalls fest: Tod durch Köpfen!
Das konnte heute oder morgen der Fall sein. Oder erst übermorgen, und es war ganz von der Lust und Laune des Padischahs abhängig.
Auf jeden Fall sollte es wieder mal ein „Volksfest“ werden. Die Nachricht von der Hinrichtung hatte sich in Surat bereits wie ein Lauffeuer verbreitet …
Die Hauptpersonen des Romans:
Don Juan de Alcazar und Blacky – den beiden letzten Arwenacks sind die Häscher auf der Spur, und da gibt es kein Erbarmen.
Francis Ruthland – der Kapitän der „Ghost“ glaubt sich am Ziel seiner Intrigen und begeht gleich darauf zwei Fehler.
Edwin Carberry – hält eine Fackel für bestens geeignet, um sie einem Tiger auf den Schädel zu dreschen.
Plymmie – die Bordhündin der Arwenacks zeigt ihre kämpferischen Eigenschaften.
Philip Hasard Killigrew – der Seewolf geht seinen Männern voran, als sie zur Hinrichtung geführt werden.
Inhalt
1.
In dieser hoffnungslos scheinenden Situation hatte der Profos Edwin Carberry wieder mal philosophische Einfälle, die in recht merkwürdigen Sätzen gipfelten. Der Profos sah zudem noch aus wie ein Inder, jedenfalls, was seine augenblickliche Kleidung betraf. Diese Kleidung hatte er mit einem Inder getauscht, weil sie ihm so gut gefiel. Der Inder rannte jetzt mit grobem Leinenhemd und ebensolchen Hosen durch Surat, und er trug ein Paar Stiefel, die die Arwenacks schlicht als Torfkähne bezeichneten und dem kleineren Mann etliche Nummern zu groß waren.
Carberry dagegen war in schickliches Tuch gekleidet, mit engen Beinkleidern, leichten Schuhen und einer brokatverzierten hüftlangen Jacke.
Der hellblaue Turban aber war die Krönung von allem. Das Ding thronte wie das Unterhemdchen eines liederlichen Frauenzimmers auf seinem Schädel und wurde vorn von einem Halbedelstein zusammengehalten.
Alles in allem hätte der Profos als vornehmer Padischah durchgehen können, wäre da nicht das narbenzerfurchte Gesicht und riesige Amboßkinn gewesen. Das ließ ihn eher als einen Grobian der übelsten Sorte erscheinen. Zudem gab es in ganz Surat keinen Inder, der auch nur annähernd seine Figur hatte. Er war im Kreuz mindestens so breit wie zwei Inder und hatte es nur dem großzügig bemessenen Schnitt der Brokatjacke zu verdanken, daß sie am Rücken nicht platzte.
„Köpfen wollen uns die Affenärsche“, sagte er brummig. „Gerade jetzt, da ich so einen schönen Turban aufhabe. Wo soll ich das Ding denn später tragen, wenn mir die Rübe fehlt?“
„Wenn du keine anderen Sorgen hast“, erwiderte der Kutscher, „dann kannst du ihn dir ja an den Achtersteven nageln lassen. Vielleicht fällst du damit nicht mal auf.“
Der Profos war nun doch ein bißchen empört.
„Ich muß doch sehr bitten, Kutscher! Ohne Kopf ist der Mensch zeitlebens ein Krüppel, falls du das nicht weißt.“
„Da ist was dran“, meinte Mac Pellew, der den Sinn noch nicht ganz begriffen hatte. „Ohne Kopf ist man wirklich zeitlebens ein Krüppel.“
Edwin Carberry war der letzte aus der Crew, den sie geschnappt hatten.
Seine Kleidung hatte es ihm ermöglicht, vorübergehend in einem Tempel Unterschlupf zu finden. Dort war er durch einen Geheimgang in einer Götterstatue zunächst geflüchtet, doch das brachte ihm nur einen kurzen Aufschub, denn eine Meute war hinter ihm her. Schließlich hatten sie ihn überwältigt und in Ketten ins Verlies des Palastes gebracht.
Dort saß er nun auf dem gestampften Lehmboden und teilte den anderen seine umwerfenden Neuigkeiten mit.
Sehr großen Anklang fanden seine Weisheiten allerdings nicht, obwohl der Profos damit nur versuchte, die lausige Situation ein bißchen aufzulockern.
Die Luft begann sich langsam noch mehr aufzuheizen. Es war schwül wie bei einem bevorstehenden Gewitter. Vermutlich setzte der Monsun in diesem Jahr etwas früher als sonst ein.
Hasard ließ sie reden, obwohl es nur Stuß war, was dabei herauskam. Aber die anderen lenkte es ein wenig ab, und ein paar lachten sogar, daß Carberrys größte Sorge offenbar nur sein neuerworbener Turban war, der beim Köpfen sicherlich verunreinigt werden würde.
Das Verlies, das der Padischah bei ihrer Festnahme süffisant grinsend als seine Schatzkammer bezeichnet hatte, war geräumig. Sie konnten darin stehen und die Hände ausstrecken. Dabei war die gewölbte Decke immer noch mindestens ein Yard entfernt.
Hasard und seine Arwenacks hatten bereits alle Ausbruchsmöglichkeiten in Betracht gezogen, doch es war aussichtslos. Die Wände des Verlieses waren aus dicken Quadern, die nicht zu durchbrechen waren.
Der Boden war zwar aus gestampftem Lehm, doch er führte nur ein kleines Stück in die Tiefe. Darunter befand sich steinharter Felsboden. Das hatten sie bereits herausgefunden.
„Uns bleibt nur noch eine Hoffnung“, sagte der Seewolf, nachdem der Kutscher und Carberry ihr Geplänkel