Mami Staffel 10 – Familienroman. Lisa Simon

Mami Staffel 10 – Familienroman - Lisa Simon


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Aufpassen bringst?«

      Das war natürlich gemein. Kristin wußte es, noch bevor sie das betroffene Gesicht ihrer Freundin sah. Aber eine Entschuldigung brachte sie nicht über die Lippen.

      »Tut mir leid, wenn du böse auf uns bist. Ich verstehe es sogar, deshalb mochte ich mich noch gar nicht melden. Ich weiß nämlich nicht, was ich… dir sagen soll.«

      »Wie wäre es damit, daß es dir leid tut?«

      »Ja, sicher tut es mir leid. Sehr leid sogar. Aber ich wollte das ebensowenig wie er. Übrigens sehen wir uns heute das erste Mal, nachdem ich ihn bei dir getroffen habe.«

      »Wirklich? Warum denn das?«

      Kristin war wirklich neugierig, warum die beiden eine solche Zurückhaltung übten. Gleichzeitig entspannte sie sich endlich. Geschehen war geschehen und so richtig heftig verliebt war sie ja glücklicherweise nicht gewesen. Sonst würde sie jetzt bestimmt mehr leiden.

      »Weil… wir beide Hemmungen hatten, glaube ich. So starke… Gefühle hatte ich noch nie.«

      »Was? Nicht mal bei deinem Derrik?«

      »Nein, das ist anders. Oder war anders, sollte ich wohl sagen.«

      »Was ist eigentlich an dem Abend passiert? Warum hast du geheult?«

      Marion warf einen vorsichtigen Blick auf die Uhr. Kristin tat so, als hätte sie es nicht bemerkt. Sie wollte erst einmal ihre Neugier befriedigen, bevor sie sich dezent zurückzog. Und heimlich hoffte sie darauf, auch Frederiks Verlegenheit noch genießen zu können, wenn er

      kam.

      »Er ist mit mir in so eine kleine Klitsche gegangen, in die sich bestimmt niemand von seinen Bekannten verirren könnte. Das Essen war furchtbar. Un dann wagte er mir vorzuschlagen, daß ich doch weiter wegziehen könnte, damit er mich freier besuchen und Johannes regelmäßig sehen kann.«

      »Das darf doch wohl nicht wahr sein!«

      Kristins Empörung schien Marion zu freuen. Sie lächelte.

      »Ich glaube, in dem Moment bin ich wach geworden. Ich bin einfach aufgestanden und dann noch eine Weile draußen herumgelaufen, bis ich endlich ein Taxi fand in dieser gottverlassenen Gegend. Deshalb bin ich auch zu spät gekommen. Vor ihm habe ich übrigens nicht geheult.«

      »Du lernst in einem Affenzahn.«

      »Na ja, jetzt ist ja sowieso alles ganz anders…«

      Ihre Augen begannen zu leuchten. Kristin begrub auch den Rest ihres Frustes und lächelte ebenfalls.

      »Ich gönne es dir. Ein paar Tage brauchte ich halt, um wieder zu mir zu kommen.«

      »Ach, Kristin, ich bin so froh! Ich hätte es nicht ertragen, deine Freundschaft zu verlieren. Bist du Frederik denn auch nicht mehr böse? Ich meine, ich weiß nicht, wie weit es mit euch schon war, aber…«

      Für eine Sekunde dachte Kristin, daß sie Marion mit der Antwort vielleicht ein bißchen zappeln lassen könnte, aber dann fand sie das doch ziemlich gemein.

      »Keine Bange, wir hatten nichts miteinander. Soweit ist es gar nicht gekommen.«

      »Gott sei Dank.«

      Ja, so hätte Kristin im umgekehrten Fall auch gedacht.

      »Ich gehe dann mal wieder. Viel Spaß. Hat sich Johannes wieder erholt?«

      »Ja, es war schon am nächsten Tag wieder gut. Tut mir leid, daß er…«

      »Der Abend ist ganz schön in die Hose gegangen.«

      Sie kicherten. Kristin wandte sich zum Gehen, und Marion hielt sie natürlich nicht zurück. Sie bat Kristin nur darum, sich an einem der nächsten Abende für sie Zeit zu nehmen. Kristin versprach es.

      Sie bezwang ihren Impuls, Frederik wenigstens durch den Türspion kommen zu sehen. Langsam entwickelte sie sich ja wohl zu einer alten Jungfer, die nur aus zweiter Hand lebte! Das war entschieden nicht die Rolle, die sie spielen wollte. Und um das gleich zu demonstrieren, zog sie sich ein aufregendes Schlauchkleid an, schminkte sich ein wenig mehr als sonst und ging zum Essen.

      Bei »ihrem« Italiener herrschte an diesem Abend nicht viel Betrieb. Das hatte den Vorteil, daß sie anstandslos einen Tisch bekam und den Nachteil, daß kaum alleinstehende Herren hier waren, mit denen sie ein bißchen flirten und ihr Selbstbewußtsein aufpolieren konnte. Zwei Männer waren in ein angeregtes Gespräch vertieft und beachteten sie gar nicht, aber Kristin tröstete sich mit dem Gedanken, daß die beiden vielleicht sowieso nicht an Frauen interessiert waren. Ein Herr saß allein an einem Tisch, und sogar in ihrer Blickrichtung, aber der schaufelte die Spaghetti auf so unappetitliche Weise in sich hinein, daß sogar der Kellner ihn leicht irritiert ansah.

      Nun, wenn schon nicht der richtige Mann in der Nähe war, dann wollte Kristin es sich wenigstens schmecken lassen. Sie bestellte sich das beste Essen, das auf der Karte verzeichnet war. Jedenfalls ließ der Preis vermuten, daß es das beste war.

      Natürlich durfte auch Wein nicht fehlen. Sie nippte und trank dann einen ordentlichen Schluck. Wenn sie allein in einem Restaurant war, hatte sie immer das Bedürfnis sich an irgend etwas festzuhalten. Da war das Weinglas ebensogut geeignet wie eine Zigarette. Da sie aber nur noch ganz wenig rauchte, wollte sie nicht gerade jetzt damit anfangen.

      Ihr Essen wurde serviert. Es duftete herrlich. Kaum hatte sie zur Gabel gegriffen, kam ein Mann an ihr vorbei, der ihr sofort bekannt vorkam. Und richtig, es war derjenige, der an dem Tag in der Buchhandlung war, als sie Frederik kennengelernt hatte.

      Er war allein. Er setzte sich sogar ganz in die Nähe. Zwar konnte sie ihn nur von der Seite bewundern, aber wenn sie sich ganz auf ihn konzentrierte, würde er sich vielleicht umdrehen und sie anschauen…

      Nein, entweder reichte ihre Konzentration nicht, oder er war überhaupt nicht an seiner Umgebung interessiert. Sein Blick auf die Uhr ließ Kristin zudem vermuten, daß er verabredet war und das dann sicher mit einer atemberaubenden schönen Frau. Soviel zu ihrem Glück bei Männern.

      Es kam eine Frau, aber atemberaubend schön war sie nicht. Kristin stellte sogar befriedigt fest, daß sie viel besser aussah, als jene, die allerdings mit einer herzlichen Umarmung und einem Kuß begrüßt wurde. Sie mußte sich ein wenig zusammenreißen, um ihr Essen noch immer so schmackhaft zu finden. Irgendwie war der Wurm in ihrem Liebesleben.

      Erst als sie zahlen wollte, drehte sich der Mann einmal kurz zu ihr herum. Seine Augen weiteten sich leicht, er hatte sie also auch erkannt. Und er sah natürlich, daß sie hier allein saß. Das war Kristin plötzlich gar nicht so recht, aber nicht zu ändern. Als Ausgleich strahlte sie den Kellner so an, daß der wohl glatt

      auf sein Trinkgeld verzichtet hätte.

      Schade, daß sie jetzt gehen mußte. Es hätte Kristin interessiert, ob er noch einmal den Versuch gemacht hätte, zu ihr herüberzuschauen. Wenn ihr Frederik ausgespannt worden war, warum sollte der Begleiterin dieses Mannes nicht Gleiches passieren? Verliebt wirkten die beiden nicht unbedingt. Vielleicht waren sie ja auch nur Freunde…

      Oder es war seine Ehefrau, und er war ein großer Langweiler. Ja, das mochte ebensogut sein. Die Vorstellung tröstete Kristin schließlich, bis sie zu Hause war und ihn sowieso vergaß, weil sie aus der Wohnung nebean lautes Kinderweinen hörte.

      Johannes war offenbar bestrebt, seiner Mutter den Abend mit dem neuen Lover zu verderben. So etwas nannte man dann wohl ausgleichende Gerechtigkeit.

      *

      Marion fühlte sich wie im siebenten Himmel. Sie fand es zwar ein wenig komisch, das Kristin so ungeschminkt zu erzählen, aber Kristin reagierte entspannt.

      »Das freut mich für euch. Sag Frederik, daß ich ihn nicht auch noch als Kunden verlieren will. Er soll sich ruhig mal wieder sehen lassen.«

      »Ich glaube, es ist ihm wirklich ein bißchen peinlich. Dabei mag er dich wirklich sehr gern.«

      Ach, wie tröstlich, dachte Kristin ein wenig spöttisch, aber sie sprach


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