Dr. Daniel Paket 2 – Arztroman. Marie Francoise
vor allem, wenn er dabei lächelt. Damit hat er mich schon immer herumgekriegt, als er noch ein kleiner Junge war.«
»Glaub’ ihm kein Wort«, mischte sich Stefan ein. »Gerade mit mir konnte Papa immer gnadenlos streng sein.«
»Genauso schaust du auch aus«, meinte Manon schmunzelnd.
»Ich glaube, wir sollten dieses Thema nicht weiter vertiefen«, lenkte Stefan nun verschmitzt ab, dann reichte er seinem Vater ein Kuvert. »Für dich, Papa. Aus Sardinien.«
Dr. Daniel mußte gar nicht auf den Absender sehen, um zu erkennen, von wem dieser Brief kam. Rasch riß er das Kuvert auf und überflog die Zeilen, dann sah er Manon lächelnd an.
»Chiara Sandrini ist schwanger. Im Frühsommer wird sie ihr erstes Baby zur Welt bringen.«
»Das ist schön«, urteilte Manon. »Dann werden wir ihr Baby bei unserem nächsten Urlaub ja schon bewundern können.« Sie beugte sich zu ihrem Mann und küßte ihn. »Und du hast wieder einmal einen Fall zur vollsten Zufriedenheit gelöst.«
Dr. Daniel nickte. »Ja, ich freue mich sehr für die beiden. Es ist immer wieder…«
»Robert!« rief seine Schwester Irene in diesem Moment aus dem Wohnzimmer. »Anruf aus der Waldsee-Klinik! Eine Frau mir Unterleibsblutungen ist gerade eingeliefert worden!«
Ohne zu zögern stand Dr. Daniel auf. »Ihr entschuldigt mich, aber ich werde gebraucht.«
Manon sah ihm nach, dann seufzte sie leise. »Schade. Gerade jetzt wäre es so schön gemütlich geworden.«
»Das Schicksal einer Arztfrau«, urteilte Stefan. »Vor allem, wenn ihr Mann so pflichtbewußt ist wie mein Vater.«
Doch da lächelte Manon. »Ich bin doch froh, daß er so ist. Das ist ja einer von vielen Gründen, weshalb ich ihn so sehr liebe…«
– E N D E –
Im Laufschritt betrat Dr. Robert Daniel die Steinhausener Waldsee-Klinik. Eigentlich hätte er den lauen Herbstabend mit seiner Frau Manon und seinem kleinen Adoptivtöchterchen Tessa auf dem heimatlichen Balkon genießen wollen, doch ein alarmierender Anruf aus der Klinik hatte ihn hierher gehetzt.
»Robert, gut, daß Sie so schnell kommen konnten«, rief die Gynäkologin der Klinik, Dr. Alena Reintaler, erleichtert. »Fräulein Neubert ist gerade in den Untersuchungsraum gebracht worden.«
Dr. Daniel runzelte erstaunt die Stirn.
»Eva-Maria Neubert?« vergewisserte er sich, während er Alena in die Gynäkologie folgte.
Eine Antwort auf seine Frage erübrigte sich, denn jetzt betrat Dr. Daniel den Raum, wo sich Eva-Maria mit schmerzverzerrtem Gesicht auf der Untersuchungsliege zusammenkrümmte. Mit einem Schritt war Dr. Daniel bei ihr und nahm die Binde weg, die sich das junge Mädchen zwischen die Beine geklemmt hatte und die nun vollständig durchgeblutet war.
Forschend sah Dr. Daniel das junge Mädchen an. »Eva-Maria, bist du schwanger?«
Sie preßte die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf, doch dabei huschte eine verräterische Röte über ihr blasses Gesicht.
»Ich muß dich untersuchen, Eva-Maria«, erklärte Dr. Daniel, während er sich schon Plastikhandschuhe überstreifte.
Eva-Maria wimmerte leise vor sich hin, während der Arzt die Untersuchung vornahm. Dann streifte Dr. Daniel die Handschuhe ab und warf sie in den Abfall-eimer.
»Du warst ja doch schwanger.« Wieder sah er das junge Mädchen ernst an. »Sei ehrlich, Eva-Maria. Hast du versucht, das Kind wegzumachen?«
Heftig schüttelte sie den Kopf. »Ich habe plötzlich Bauchschmerzen bekommen, und dann hat es angefangen zu bluten. Bitte, Herr Doktor, das müssen Sie mir glauben.«
»Natürlich glaube ich dir«, versicherte Dr. Daniel, dann sah er Alena an. »Sofort OP bereitmachen. Es war offensichtlich keine vollständige Fehlgeburt. Ein Teil der Plazenta muß im Uterus zurückgeblieben sein.« Er wandte sich dem jungen Mäd-chen wieder zu. »Keine Angst, Eva-Maria. Du wirst jetzt ein bißchen schlafen, und wenn du aufwachst, ist alles wieder gut.«
Aufmerksam betrachtete er das Mädchen, dann griff er nach ihrem Handgelenk, um den Puls zu messen.
»90«, murmelte er besorgt, während er eiligst das Blutdruckmeßgerät holte. »100 zu 60.« Instinktiv ahnte er, wo er nach dem Grund für den drohenden Schockzustand suchen mußte, und tastete vorsichtig den Bauch der Patientin ab. Der Befund bestätigte seinen Verdacht. Rasch wandte er sich der eintretenden Schwester zu, die Eva-Maria in den Operationssaal bringen wollte. »Bianca, holen Sie mir schnellstens ein Infusionsbesteck.«
»Was ist los, Robert?« wollte der Anästhesist Dr. Jeffrey Parker wissen, der unbemerkt den Raum betreten hatte. »Ich dachte, wir bekommen einen Notfall ins OP?«
»Bekommen wir auch«, entgegnete Dr. Daniel. »Aber die Behandlung des Schocks ist im Moment vorrangig. Die Patientin hat vermutlich innere Blutungen.«
Dr. Parker nickte. »Ich kümmere mich darum.«
»Danke, Jeff. Ich gehe inzwischen in den Waschraum, damit ich nachher gleich mit der Operation beginnen kann.«
Während Dr. Daniel das Zimmer verließ, kontrollierte Dr. Parker noch einmal Puls und Blutdruck. Die Pulsfrequenz lag bereits bei 120, während der Blutdruck noch weiter unter 100 abgefallen war. Rasch und geschickt legte Dr. Parker die Infusion.
»Und jetzt ab mit ihr in den OP«, ordnete er an. »Aber schnell.«
Er half Schwester Bianca, die fahrbare Trage in den Operationssaal zu bringen, dann ließ er sich von der OP-Schwester Petra Dölling keimfreie Handschuhe überstreifen, nahm die vorbereitete Spritze entgegen und preßte deren Inhalt direkt in die Infusionskanüle, die er zuvor gelegt hatte. Das Medikament wirkte rasch und ließ Eva-Maria einschlafen, während Dr. Parker noch einmal Puls und Blutdruck kontrollier-
te.
»Wie sieht’s aus?« wollte Dr. Daniel wissen, der jetzt in Alenas Begleitung in den Operationssaal kam.
»Nicht besonders«, antwortete Dr. Parker. »Die Infusion bringt leider nur wenig.« Er trat an das Kopfende des OP-Tisches und begann mit der Instubation.
»Tubus ist drin«, erklärte er schließlich. »Sie können anfangen, Robert.«
Dr. Daniel streckte die rechte Hand aus und bekam von der OP-Schwester ohne Aufforderung das Skalpell gereicht. Er führte den Bauchschnitt durch, dann setzte Alena die Operationshaken an.
»Meine Güte«, stieß sie hervor, als sie einen ersten Blick auf das Operationsfeld werfen konnte. »Wie kann eine Fehlgeburt zu so massiven intraabdominalen Blutungen führen?«
Dr. Daniel seufzte. »Ich fürchte, Eva-Maria hat mich belogen. Vermutlich hat sie versucht abzutreiben und dabei die Gebärmutterwand durchstoßen.«
Währenddessen hatte die OP-Schwester schon begonnen abzusaugen, doch es dauerte eine Weile, bis Dr. Daniel freie Sicht bekam.
»Uterusperforation durch…« Der Arzt stockte. »Oh, das ist ja die Spirale… und ich dachte…« Er beendete den Satz nicht, sondern entfernte die Spirale, die sich durch die Muskulatur der Gebärmutter gebohrt und damit zu den extremen inneren Blutungen geführt hatte.
»Petra, noch einmal absaugen, bitte.«
Die OP-Schwester kam Dr. Daniels Aufforderung nach, dann warf der Arzt einen kurzen Blick zum Anästhesisten.
»Wie sieht’s jetzt aus, Jeff?« wollte er wissen.
Dr. Parker zuckte die Schultern. »Noch immer nicht gut, aber etwas stabiler.«
Dr. Daniel behob den Schaden, den die Spirale bei der Gebärmutter angerichtet hatte,