Mami Bestseller Staffel 3 – Familienroman. Jutta von Kampen
davon sprechen. In den nächsten Tagen schicke ich dir den Scheck, und wehe dir, du läßt ihn zurückgehen!«
*
Es war ein strahlender Sommertag, als Ulrike nach Hause zurückkehrte.
Trudi stand mit Klein-Alexander vor dem Portal des Wohnhauses und winkte, als der Wagen vorfuhr.
Ulrike kamen die Tränen, während sie auf ihr Söhnchen zuging und den Kleinen, der die Ärmchen nach ihr ausstreckte, emporhob.
»Mein Liebling!« flüsterte sie erstickt. »Mein geliebter kleiner Sohn! Daß ich dich endlich wiederhabe! Ich habe solche Sehnsucht nach dir gehabt!« Voll zärtlicher Liebe herzte und küßte sie den Kleinen, der aufgeregt jauchzte und sich bei Ulrike festklammerte.
Rainhart stand unbeholfen daneben. Sein Herz war voll jubelnder Freude, weil er Ulrike nun wieder nach Hause holen durfte, und er wünschte und hoffte inständig, daß die geliebte Frau nun wirklich ganz gesund werden würde.
»In vier oder fünf Wochen komme ich nach Deutschland«, hatte Professor Deval beim Abschied gesagt. »Dann werde ich Ihre Frau noch einmal untersuchen, und ich kann dann erst mit Sicherheit feststellen, ob die Besserung eine endgültige ist.«
So glücklich Rainer war, Ulrike wieder bei sich zu haben, so groß war auch seine Angst vor diesen Wochen, in denen er auf die letzte schwerwiegende Entscheidung warten mußte.
Und wenn alles nichts genutzt hat? dachte er. Wenn das ganze Leiden wieder von vorn beginnt?
Sei dankbar für jeden Tag – für jede Stunde! mahnte eine innere Stimme, und er nahm sich vor, dieser Stimme Folge zu leisten.
»Wie groß er geworden ist!« sagte Ulrike und stellte ihren kleinen Sohn wieder auf die Erde. »Schau nur, Rainhart, er kann schon ganz allein stehen!« Zärtlich strich sie dem Kleinen über das hellbraune Haar.
Alexander streckte seine Ärmchen aus und sagte: »Mama!« und dann noch einmal: »Mama!«
Ulrike war fassungslos vor Glück und freudigem Staunen. »Alexander!« rief sie überwältigt aus, während Tränen in ihre Augen schossen. »Mein kleiner Alexander! Das war die schönste Begrüßung, die du deiner Mami bereiten konntest!«
»Mama!« wiederholte der Kleine begeistert, und es schien ihm Spaß zu machen, das neue Wort immer wieder auszusprechen. »Mama! Mama!«
»Ich hab’s ihm beigebracht«, erklärte Trudi stolz. »Ich habe so sehr gehofft, daß er es bis zu Ihrer Rückkehr lernen würde! Seit drei Tagen sagt er es!«
Ulrike kauerte sich nieder, um ihren Liebling noch einmal zu umarmen. In seliger Verzückung hob sie den Blick zu Rainhart. »Du hast mir gar nichts davon verraten!«
Ich wußte es gar nicht! dachte er, doch er sagte: »Es sollte eine Überraschung sein!«
»Die ist euch gelungen!« antwortete Ulrike voll überschwenglicher Freude, und Hand in Hand mit ihrem kleinen Söhnchen betrat sie ihr Heim, dem sie so lange fernbleiben mußte.
*
Die Schatten kamen wieder. Viele bange Fragen beschäftigten Ulrike, wenn sie heimlich die verschlossene Miene ihres Mannes beobachtete.
Sie fühlte, daß immer noch etwas zwischen ihnen stand; und eines Tages kam es zur Katastrophe.
Rainhart war zeitig am Morgen in die Stadt gefahren, um über den Kauf eines neuen Düngemittels zu verhandeln. Er war schon fort, als die Post kam.
Ulrike sah die Briefe und Drucksachen durch, und dann fiel ihr die offene Karte in die Hand.
Ich werde wiederkommen – schon bald werde ich wiederkommen! Kathinka, stand darauf.
Ulrike mußte sich setzen. Ein Schwindel erfaßte sie und ließ ihr Herz in rasendem Rhythmus schlagen.
Ich habe recht gehabt! dachte sie in hilfloser Verzweiflung. Nun halte ich den Beweis in den Händen!
Sie brach nicht zusammen, und es dauerte auch lange, bis endlich die befreienden Tränen kamen.
Dann wußte sie plötzlich, was sie zu tun hatte. Sie ging in ihr Zimmer, packte ein kleines Köfferchen und bestellte sich eine Taxe. Ohne sich von ihrem kleinen Söhnchen zu verabschieden, bestieg sie den Wagen und ließ sich zu ihrem Vater fahren.
*
»Warum hast du nicht schon längst mit mir darüber gesprochen!« sagte Konrad Eckhoff kopfschüttelnd. »Ich hätte dir deine Sorgen sofort nehmen können! Es hat nichts zu bedeuten, Ulrike – wirklich nichts!«
Sie schüttelte traurig den Kopf. »Du willst Rainhart in Schutz nehmen, weil du glaubst, daß mir jede Aufregung schaden könnte! Wenn du wüßtest, wie falsch das ist! Ich will lieber Gewißheit als das ewige Gefühl der Angst und des Zweifels.«
»Hör zu, Ulrike«, sagte er eindringlich. »Ich schwöre dir, daß jedes Wort, das ich sage, wahr ist! Ich war dabei, als Kathinka bei Rainhart war. Ich habe den Ausgang ihres Gesprächs selbst mit angehört! Er hat sie aus dem Haus gewiesen!«
»Ja – nachdem er sich vorher zahllose Male mit ihr getroffen hat! Wahrscheinlich hat er es nur getan, weil du gekommen warst!« Verzweifelt preßte sie ein Taschentuch an die Augen.
»Nein, Ulrike. Ich habe mit der Wirtschafterin gesprochen, als ich das Gut betreten habe. Sie erzählte mir voll Aufregung von dem Besuch Kathinkas, und ich konnte aus ihren Worten unschwer entnehmen, daß es das erste Mal war, daß die beiden sich seit ihrer Trennung wiedersahen. Johanna hat mir in ihrer Erregung die Szene deutlich geschildert, die sich bei Kathinkas Eintreten abgespielt hatte. Noch während ich in der Halle stand, wurden die Stimmen in Rainharts Zimmer laut, daß mir kein Wort der Unterhaltung entging. Ich wurde Zeuge, wie Rainhart Kathinka verbot, sich jemals wieder bei ihm sehen zu lassen.« Er legte Ulrike beide Hände auf die Schultern. »Das ist die Wahrheit, Ulrike. Du mußt Vertrauen zu deinem Mann haben!«
»Als ich in Paris war, habe ich so viel darüber nachgedacht, und allmählich hatte ich keinen Zweifel mehr, daß er sie immer noch liebt!«
»Siehst du, du hast dich selbst in diese Wahnvorstellung hineingesteigert!« sagte Konrad Eckhoff vorwurfsvoll. »Versprichst du mir, daß du alle diese dummen Gedanken ganz schnell vergißt und Rainhart kein Mißtrauen mehr entgegenbringst?«
»Es wäre so schön, wenn ich dir glauben dürfte«, entgegnete Ulrike zitternd.
»Du kannst mir glauben, Ulrike!«
Sie hob den tränenverschleierten Blick zu ihrem Vater auf. »Ist das wahr, Papa?«
»Ja, Ulrike, in solchen Dingen lüge ich nicht. Ich weiß, daß Rainhart dich liebt, wie ein Mann eine Frau nur lieben kann!«
Ein zaghaftes Lächeln blühte in ihrem Gesicht auf. »Dann – ja, dann habe ich ja wirklich keinen Grund mehr, unglücklich zu sein!«
»Nein«, erwiderte er, »das hast du nicht!« Er räusperte sich. »Und wenn du deinen Kummer überwunden hast, fahre ich dich wieder nach Hause zurück, damit niemand etwas von deiner überstürzten Flucht merkt!«
*
Die Worte ihres Vaters hatten Ulrike gutgetan, und doch kam jetzt, da sie allein auf dem Gut zurückgeblieben war, der Zweifel wieder.
Wäre Rainhart bei ihr gewesen und hätte sie sofort mit ihm über alles sprechen können, wäre es ihr gelungen, die bohrende Ungewißheit für immer aus ihrem Herzen zu verbannen.
So aber ging sie ruhelos durch die Zimmer und wartete auf Rainharts Rückkehr, nach dessen Nähe sie sich plötzlich in verzweifeltem Schmerz sehnte.
In seinem Arbeitszimmer blieb sie einen Augenblick zögernd vor seinem Schreibtisch stehen.
Ob diese Karte, die heute früh angekommen war, das erste Lebenszeichen gewesen war, das Kathinka Rainhart schickte?
Vielleicht hatte sie ihm schon öfter geschrieben?
Ulrikes Herz schlug laut und heftig,