Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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      »Gewurmt hat es mich schon, daß ich auf ihn hereingefallen bin, aber man wird vorsichtiger. Dann habe ich beim Skifahren einen Münchner kennengelernt, und wir verstehen uns ganz gut. Er hat gemeint, daß es schön wäre, wenn wir uns öfter sehen könnten. Nun will ich mal ausprobieren, ob er das ernstgemeint hat. Er hat noch keine Ahnung, daß ich die Stellung angenommen habe bei Dalibo.«

      »Als was?«

      »Public Relation und Kundenbetreuung. Gehaltsmäßig ein Sprung nach oben.«

      »Und welchen Beruf hat er?« fragte Jana.

      »Er ist Rechtsanwalt.«

      »Hat er auch einen Namen?«

      Simone lachte. »Du bist aber neugierig. Natürlich lernst du ihn auch kennen, wenn ich sicher bin, daß er sich über meinen Wechsel nach München freut. Vorher sage ich nichts, dann verdaue ich es leichter, wenn es ein Reinfall ist. Jetzt erzähl du aber, was du dir vorgenommen hast. Was für eine Stellung strebst du an?«

      »Ich möchte für Kinder sorgen, als Pflegerin oder Betreuerin.«

      »Guter Gott! Wie kommst du auf solche Gedanken? Du hast doch gar keine Erfahrung.«

      »Erinnere dich bitte, daß ich nach dem Abi ein Jahr in Amerika als Au-pair-Mädchen war. Es hat mir viel Spaß gemacht mit Jilly und Jeremy. Ich möchte etwas Konstruktives tun, etwas, was mir wirklich Freude macht.«

      »Und plötzlich kannst du ein paar schikanöse Gören am Hals haben, die dir das Leben zur Hölle machen. Denk lieber noch mal gründlich nach. Außerdem werden da meist Hungerlöhne gezahlt.«

      »Es geht mir dabei nicht ums Geld. Ich liebe Kinder, und da ich keine mehr haben werde, kann ich doch so etwas Gutes tun.«

      »Wieso kannst du keine Kinder mehr haben, Jana? Du bist noch jung genug, und es gibt wirklich nette Männer. Auch welche, die keine boshaften Eltern haben.«

      »Aber ich denke nicht daran, wieder zu heiraten.«

      »Jetzt denkst du natürlich nicht daran, aber das kann sich ändern. Um Kinder zu bekommen, muß man außerdem nicht unbedingt heiraten.«

      »Ich bin diesbezüglich altmodisch. Kinder sollten Vater und Mutter haben. Manchmal ist das nicht zu machen, aber man sollte es nicht von vornherein ausschließen. Rolf hatte alles geplant. Erst eine Wohnung einrichten, dann heiraten und an Familienplanung denken.«

      »Und das fandest du richtig?«

      »Ich fand es vernünftig.«

      »Na schön, ich lasse ja jedem seine Meinung, aber vom Hocker würde mich das nicht reißen. Ich hasse es, wenn Frauen einen Mann durch ein Kind zur Heirat zwingen wollen, aber echte Liebe in ein Schema pressen zu wollen, ist auch nicht gut. Dein Rolf war in Ordnung, ein Wunder bei diesen Eltern, aber ich weiß nicht, ob es zwischen euch auf die Dauer gutgegangen wäre. Es ist müßig darüber nachzudenken, aber dein Vorhaben halte ich, mit Verlaub gesagt, für eine Schnapsidee.«

      »Dr. Norden würde mir eine Stelle bei der Familie Liborius vermitteln.«

      Simone sah erstaunt auf.

      »So heißt mein zukünftiger Chef! Kennst du ihn?« fragte sie überstürzt.

      »Nein. Ich habe auch erst kürzlich gehört, daß seine Frau nicht mehr lebt. Für seinen vierjährigen Sohn wird eine Betreuerin gesucht. Ich habe mich noch nicht entschieden.«

      »Ich bin gespannt, wie er ist, denn ich habe bisher nur mit dem Personalchef gesprochen, der auch nicht übel ist.«

      Jana warf Simone einen Seitenblick zu. »Ich denke, du bist wegen eines Rechtsanwaltes nach München gekommen«, meinte sie anzüglich.

      »Deshalb kann ich doch auch andere Männer nett finden! Man soll alles nicht so eng sehen. Ich bin nicht der Typ, bei dem es Liebe auf den ersten Blick gibt. Es hat sogar ziemlich lange gedauert, bis ich Hannos Schwachstellen erkannt habe. Jetzt bin ich doppelt vorsichtig, aber man muß vergleichen können.«

      Diesbezüglich hatten sie schon immer verschiedene Meinungen gehabt. Das hatte jedoch ihrer Freundschaft nicht geschadet, und auch jetzt fühlten sie wieder die alte Verbundenheit. Es tat Jana gut, einen Menschen um sich zu haben, mit dem sie offen reden konnte.

      »Du wirst dir das noch reiflich überlegen, Jana«, sagte Simone. »Es wäre schade, wenn du nicht in deinen Beruf zurückfinden würdest.«

      »Ich habe noch überlegt, aber dann war ich auf dem Friedhof, und plötzlich kam ein kleiner Junge angelaufen, der meinte, ich sei seine Mami. Es war so rührend, wie er sagte, daß seine Mami doch wiedergekommen sei. Sein Vater erklärte mir, daß er es nicht begreifen wolle, daß sie gestorben sei. Es hat mir richtig weh getan. Ich habe mich sogar gefragt, ob es nicht schlimmer ist, wenn Kinder ihre Mutter verlieren, als wenn man seinen Mann verliert.«

      »Das mag von Fall zu Fall verschieden sein«, sagte Simone ernst. »Wenn du meinst, daß es dir hilft für Kinder zu sorgen, dann tu es. Ich will es dir nicht ausreden.«

      »Es kommt immer auf einen Versuch an. Ich bin keine Träumerin mehr, Mone. Ich habe mir auch schon Gedanken gemacht, wie es bei uns weitergegangen wäre.«

      »Man soll sich aber nicht das Herz schwermachen mit Gedanken, die völlig überflüssig geworden sind. Wenn du nicht anderer Meinung geworden bist, würde ich gern ein paar Tage bei dir wohnen, bis ich eine passende Wohnung gefunden habe.«

      »Ich freue mich, Mone, du kannst bleiben, solange du willst. Du siehst ja, daß Platz genug ist.«

      »Aber ich übernehme dann die Kosten für den Haushalt.«

      »Darüber wird jetzt nicht geredet. Trinken wir ein Glas Wein oder lieber Sekt?«

      »Keinen Sekt bitte, ich reagiere allergisch darauf. Am liebsten einen leichten Rosé.«

      »Als ob ich es geahnt hätte. Ich habe ein paar Flaschen im Haus. Es ist schon komisch, Mone, immer wenn ich eingekauft habe, dachte ich unwillkürlich an dich und daß du mich vielleicht doch mal besuchst. Und jetzt bist du da, gerade zur rechten Zeit.«

      *

      Ganz anders war die Stimmung bei Agnete Liborius, denn es wäre der Geburtstag ihrer verstorbenen Schwiegertochter gewesen.

      Die Stimmung war auch bei ihrem Sohn David entsprechend. Er hatte kaum zwei Worte gesprochen, seit er mit Bobby vom Friedhof zurückgekommen war, und er hatte sich auch nicht geäußert, als Bobby gesagt hatte: ›Ich habe meine Mami gesehen, Granny, aber sie war es dann doch nicht.‹

      Sie hatte den Jungen zu Bett gebracht, und da hatte er wieder damit angefangen.

      »Ich habe bestimmt gedacht, daß es Mami ist, und sie hat mich auch so lieb angeschaut, aber Papi hat zu ihr gesagt, daß ich es nicht verstehe, daß sie nicht wiederkommt. Und wenn sie nun doch wiederkommt? Was meinst du, Granny?«

      »Daß solche Wünsche leider nicht in Erfüllung gehen, Bobby. In Gedanken ist Mami immer bei dir.«

      »Aber ich kann nicht mit ihr reden, und sie kann mir nichts mehr vorsingen. Ich habe es so gern gehört.«

      Er sprach oft davon, obgleich Julie schon lange nicht mehr hatte singen können. Bobby hatte auch vergessen, wie krank sie gewesen war und kaum noch sprechen konnte. Er dachte nur an das, was ihm gefallen hatte, und Julie hatte wirklich alles getan, um seine Wünsche zu erfüllen. Sie hatte eifersüchtig darüber gewacht, daß er nicht zuviel Zeit mit seiner Granny verbrachte.

      Bobby war zu klein gewesen, um diese Eifersucht zu begreifen und warum Julie immer und immer wieder sagte, daß er sie am allerliebsten haben müsse. Da er nicht mit anderen Kindern spielen durfte, auch das verhinderte Julie, war sie die wichtigste Bezugsperson für ihn. Julies Eltern hatten kein Interesse an dem Enkel und kamen auch nicht, als Julie todkrank war. Da ahnte Agnete Liborius, daß sie wohl ein schlechtes Gewissen hatten, weil sie von Julies Krankheit gewußt haben mußten.

      Julie war ein bezauberndes Geschöpf gewesen, wie eine


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