Bettina Fahrenbach Staffel 1 – Liebesroman. Michaela Dornberg
den Absturz nicht heile überlebt, aber sie konnte die Rosenköpfe noch in eine Schale legen, das sah auch gut aus.
Und ansonsten…
Sie blickte zur Seite.
Nein, es hatte keinen Sinn, Bettina zu fragen. Sie und Thomas waren so ineinander versunken, die bemerkten nichts.
Sie sammelte die Rosen ein und war so stolz, als hätte ihr dieser Liebesbeweis aus luftiger Höhe gegolten und nicht Bettina.
Sie seufzte.
So viele wunderbare rote Rosen… wenn das keine Liebe war…
Als Bettina am nächsten Morgen wach wurde, fiel strahlender Sonnenschein ins Zimmer. Die Balkontür war weit geöffnet, ein leichter Morgenwind blähte sanft die duftigen Vorhänge.
Die Stimme von Thomas drang zu ihr herauf, der unten mit Hektor herumtollte.
Ja, Hektor. Ein Lächeln umspielte Bettinas Lippen. Der Hund hatte sich so offensichtlich und so bedingungslos Thomas zugewandt, daß man daraus eigentlich nur schließen konnte, daß er in ihm einen Ersatz für ihren verstorbenen Vater sah.
Aber das störte Bettina nicht. Sie sprang aus dem Bett und ging auf den Balkon.
Thomas warf gerade ein Stöckchen, und Hektor hastete ausgelassen hinterher.
Ihr Herz wurde weit beim Anblick des Mannes, der ihre große Liebe war.
Für ihre Begriffe sah er umwerfend aus. Er trug eine Jeans und ein weißes T-Shirt, seine nackten Füße steckten in bequemen Espadrilles.
Als er ihre Blicke spürte, blickte er lachend und fröhlich winkend nach oben.
»Guten Morgen, du Schlafmütze. Spute dich, komm herunter. Der Tag ist zu schön, um ihn einfach zu verschlafen und zu vertrödeln.«
»Wie kannst du nur schon so wach und voller Energie sein«, wunderte Bettina sich.
»Ich habe sogar schon mit Leni und den Männern gefrühstückt. Es war göttlich.«
»Hast du denn überhaupt keinen Jetlag?«
»Oh ja, und gerade deswegen ist mein Bio-Rhythmus ja so durcheinander. Ich bin schon seit Stunden wach. Es kann durchaus sein, daß ich in kürzester Zeit vor lauter mich überkommender Müdigkeit zusammenbreche. Deswegen spute dich, mein Herz, damit du mich noch im Wachzustand und voller Aktivität erlebst.«
»Ich beeile mich«, versprach sie, »hast du schon überlegt, was wir unternehmen werden?«
»See? Vielleicht eine kleine Bootsfahrt?« schlug er vor, »oder dort unten nur ein wenig abhängen? Wir können hinradeln, denn Toni will mir sein Fahrrad leihen für die Dauer meines Aufenthaltes.«
»Eine Super-Idee.«
Hektor war zurückgekommen, sprang kläffend und schweifwedelnd an Thomas hoch, um ihm dann das Stöckchen vor die Füße zu legen.
»Okay, ich beeile mich«, lachte Bettina.
Solange Hektor in der Nähe war und spielen wollte, hatte es keinen Sinn, mit Thomas weiter zu reden. Außerdem gab es auch Schöneres, als sich aus einer solchen Distanz zu unterhalten.
Mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen eilte Bettina ins Badezimmer. Schon auf dem Weg dorthin schlüpfte sie aus ihrem luftigen Batist-Nachthemd.
Sie kam sich vor wie eine Prinzessin, die aus einem langen, tiefen Schlaf erweckt worden war, genauso wie Dornröschen. So viel Liebe, Aufmerksamkeit, Zärtlichkeit konnte es eigentlich kaum geben, aber Thomas brachte ihr all das entgegen.
Obschon sie sich so viele Jahre nicht gesehen und gesprochen hatten, war ihre Liebe viel tiefer geworden, ja bedingungslos. Sie hatte es immer gewußt, und jetzt war die Bestätigung da, Thomas war nicht nur die große Liebe ihres Lebens, er war ihr Seelenpartner. Lieben konnte man finden – kleinere, größere, ganz große, aber ein Seelenpartner war etwas Kostbares, Seltenes…
Bettina hatte sich so sehr in ihre Träume verloren, daß sie überhaupt nicht merkte, daß sie schon Ewigkeiten unter der Dusche stand.
Das anhaltende schrille Klingeln ihres Handys, das sie wohl irgendwo im Bad abgelegt hatte, riß sie aus ihren Träumereien.
Sie stellte das Wasser ab, schob die Tür der Duschkabine beiseite und angelte sich ein Badetuch.
Dann entdeckte sie ihr Handy, es lag auf dem Regal mit den Handtüchern, und wie es dorthin gekommen war, vermochte sie nicht zu sagen.
Sie meldete sich. Es war Linde.
»Na endlich geht jemand ans Telefon«, beschwerte sie sich. »Auf dem Festnetz meldet sich keiner, es hat Ewigkeiten gedauert, bis du dich endlich gemeldet hast. Was ist los bei euch?«
»Was soll los sein? Thomas ist hier, und ich bin unendlich glücklich.«
»Das weiß ich doch. Nein, ich mein, was war gestern los mit dem Heli, im Dorf kreisen die wildesten Gerüchte. Es hört sich fast schon an wie ein Krimi.«
Bettina kicherte.
»Markus hat den Heli organisiert, Thomas hat ganze Gärtnereien geplündert und hunderte von roten Rosen gekauft, und die hat er bei uns auf dem Hof abwerfen lassen.«
»Dann stimmt es doch, ich glaube es nicht«, Linde seufzte. »Wie romantisch… es ist ja zum neidisch werden.«
»Linde, kannst du dich erinnern, wie wir zwei früher immer dieses Lied gesungen haben – für mich soll’s rote Rosen regnen? Das hat er etwas umgetextet und mir vorgesungen – für dich soll’s rote Rosen regnen… ich hab’ das erst alles gar nicht begriffen. Es war wie im Film.«
Wieder seufzte Linde.
»Auf so eine Idee käme mein Martin nicht.«
»Ach Linde, wirklich würde es dir doch überhaupt nicht gefallen. Es wäre dir peinlich, schon allein wegen der Leute, und dann würdest du wegen der Verschwendungen einen Anfall bekommen. Gib’s doch zu.«
»Na ja, es stimmt schon. Aber schön ist es doch… aber der Hauptgrund meines Anrufes – fast hätte ich es vergessen. Wir haben doch heute Ruhetag, das Wetter ist toll, und ich habe, auch wenn das vielleicht spießig ist, so richtig Lust zu grillen, wie in alten Zeiten. Was ist, wollt ihr vorbeikommen? Markus kommt auf jeden Fall auch. Er hat auch eine neue Flamme, die er vielleicht mitbringen wird. Auf jeden Fall würden wir uns freuen, euch zu sehen.«
»Hervorragend, danke für die Einladung. Wann sollen wir kommen?«
»So gegen achtzehn Uhr? Bei mir im Biergarten, dann kannst du den auch bewundern, vor allem meine Rosenhecke. Die Rosen sind zwar nicht rot, sondern rosa, aber auch wunderschön.«
Sie plauderten noch ein wenig, dann beeilte Bettina sich. Sie schlüpfte in eine beige, weitgeschnittene Leinenhose, ein hellbraunes Leinenhemd und hellbraune Sandalen. Ihre Haare band sie zu einem Pferdeschwanz zusammen. Dem Impuls, ihre Lippen zu schminken, gab sie nicht nach. Sie hoffte, Thomas würde sie gleich ausgiebig küssen, dabei war ein Lippenstift nur störend.
Sie nickte ihrem Spiegelbild zu. So gefiel sie sich, ihre Haut war durch die vielen Aufenthalte im Freien leicht gebräunt, ihre blauen Augen strahlten.
Wenn eine Frau glücklich und verliebt war, mußte sie nicht in den Schminktiegel greifen.
Fröhlich trällernd lief sie die Treppe hinunter, durchquerte die geräumige Diele und trat durch die geöffnete Haustür ins Freie.
Markus ließ das Stöckchen, das Hektor ihm erwartungsvoll gebracht hatte, fallen, schaute sie an.
»Guten Morgen, du Schöne«, sagte er, dann war er mit wenigen Schritten bei ihr und nahm sie in die Arme, um sie lange und hingebungsvoll zu küssen.
*
Keine halbe Stunde später radelten sie, ganz wie in alten Zeiten, nebeneinander her. Es schien wirklich so, als sei die Zeit stehengeblieben und hier waren nicht zwei respektierliche erwachsene