Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 3 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 3 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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er sich an dieser Stelle ernsthafte Sorgen gemacht. So aber lächelte er nur beschwichtigend und stand auf. Diesmal achtete er darauf, sich nicht mit der rechten Hand abzustützen, und bat Herrn Gold hinüber ins Behandlungszimmer.

      »Bitte kommen Sie. Ich werde mir das jetzt mal genauer ansehen.«

      Tatsächlich folgte der Patient ihm willig. Er setzte sich auf die Liege, zog die Strümpfe aus und hielt Danny den Fuß hin. Die Untersuchung dauerte nur wenige Minuten. Dann konnte Danny Norden ihm die erlösende Botschaft überbringen.

      »Bei Ihrer Verletzung handelt es sich um ein geplatztes Blutgefäß. Das kann schon mal passieren.«

      »Ein geplatztes Blutgefäß?«, wiederholte Patrick Gold ungläubig und wirkte fast enttäuscht. »Das ist alles? Sind Sie sicher.«

      »Ganz sicher.« Danny verzog kurz das Gesicht, als er den Latexhandschuh von der verletzten Hand streifte. »Sie können unbesorgt sein.«

      Doch das schien der Patient ganz und gar nicht zu wollen.

      »Aber wie passiert so was denn? Ich meine, das muss doch irgendwelche Gründe haben.«

      Die gab es nicht. Doch aus Erfahrung wusste Danny Norden, dass sein Patient erst zufrieden sein würde, wenn er ihm eine plausible Begründung gegeben hatte. So berichtete er etwas über Zellerneuerung und geschwächte Blutgefäße und erreichte schließlich sein Ziel: Patrick Gold war überzeugt.

      »Wenn das so ist, dann bin ich ja schon mal beruhigt. Bekomme ich denn jetzt noch einen Verband? Bestimmt muss ich mich ein paar Wochen lang schonen, nicht wahr?«

      Auch das war nicht der Fall. Trotzdem tat Danny ihm den Gefallen und rief Wendy, die einen fachmännischen Verband anlegte. Eine Viertelstunde später humpelte der junge Mann aus der Arztpraxis und war wieder einmal zufrieden.

      »So, jetzt kann der arme Herr Gold ein paar Wochen ruhig schlafen, bevor die Angst wiederkommt«, erklärte Wendy mitfühlend, als sie zu Janine an den Tresen zurückkehrte.

      »Der Ärmste! Selbst wenn es nur eingebildete Krankheiten sind, leidet er bestimmt genauso wie im Ernstfall.«

      Dieser Einschätzung konnte Wendy nur zustimmen.

      »Deshalb geben wir auch bei diesen Patienten unser Bestes. Wer weiß, vielleicht sind sie ja einsam und allein und bekommen auf diese Weise wenigstens ein bisschen Aufmerksamkeit«, mutmaßte sie, während sie Laborberichte aus der Klinik zu den entsprechenden Patientenkarten sortierte.

      Zu gern hätte sich Janine noch länger über dieses Thema unterhalten. Sie kannte das Gefühl der Einsamkeit selbst gut genug aus ihrer Zeit, bevor sie in der Praxis Dr. Norden angefangen und Lorenz Herweg dort kennengelernt hatte. Doch wie immer herrschte reger Betrieb und erinnerte sie daran, dass diese Zeiten ein für alle Mal der Vergangenheit angehörten. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen bat sie den nächsten Patienten in Danny Nordens Zimmer.

      *

      Auch für Olivia Schamel war Einsamkeit nicht nur ein leeres Wort. Obwohl sich ihre Großmutter zeit ihres Lebens liebevoll um ihre einzige Enkelin gekümmert hatte, hatte Olivia ihre Mutter schmerzlich vermisst. Und jetzt war es zu spät. Darüber dachte sie auf ihrer langen Fahrt nach München nach, und die eine oder andere Träne rann über ihre schmale Wange.

      Doch schließlich erreichte sie die Stadtgrenze und verfuhr sich prompt im dichten Gewirr der unbekannten Straßen.

      »Schrottkarre!« Am späten Vormittag stand Olivia ratlos vor ihrem Wagen, der ausgerechnet vor der Praxis Dr. Norden seinen Geist aufgegeben hatte. Sie versetzte ihm einen wütenden Tritt. »Wie stellst du dir das vor? Wie soll ich von hier weiterkommen?«, fragte sie verzweifelt und sah sich in dem ruhigen Wohnviertel um. Weit und breit war keine Menschenseele auf der Straße zu sehen. Bis auf einen. Und der machte nicht gerade einen wohlgesonnenen Eindruck, als er mit düsterer Miene einen Gartenweg hinunter auf sie zumarschiert kam.

      »Entschuldige, aber hier kannst du nicht parken«, erklärte Danny Norden ganz gegen seine sonstige Natur unfreundlich. Der Vormittag war der wahre Horror gewesen, was nicht nur an Patrick Gold gelegen hatte.

      Nachdem die Wunde an der Hand nicht aufhören wollte zu pulsieren, hatte Danny den Verband abgewickelt. Die Schwellung, die zum Vorschein gekommen war, sah nicht gut aus, und er hatte beschlossen, zumindest über die Mittagszeit keinen Verband mehr anzulegen.

      »Das ist ein Privatparkplatz.« Er deutete auf das Namensschild, das am Straßenrand stand und den Stellplatz als Dr. Nordens Eigentum auswies.

      »Kann schon sein«, erwiderte Olivia genauso unfreundlich. »Vielleicht kannst du das auch meinem Wagen erklären. Er rührt sich nicht mehr vom Fleck.«

      Kritisch begutachtete Danny das sichtlich in die Jahre gekommene Gefährt.

      »Kein Wunder, wie der aussieht!«, bemerkte er dann ärgerlich. »Hat dieser rollende Schrotthaufen überhaupt noch TÜV?«

      »Darüber zerbrech dir mal nicht deinen grimmigen Kopf«, fuhr Olivia den jungen Arzt an. »Hilf mir lieber mal, die Karre wieder flottzumachen. Dann bist du mich auch sofort wieder los«, machte sie keinen Hehl aus ihrer Antipathie.

      Inzwischen hatte Danny nicht nur Gelegenheit gehabt, das Auto zu inspizieren, sondern auch die junge Besitzerin.

      Mit ihren rotblonden Haaren, den grünen Augen und dem vollen Schmollmund war Olivia eine ungewöhnliche, aber nicht minder aparte Erscheinung. Aus diesem Grund und auch deshalb, weil sie aus ihrer Abneigung keinen Hehl machte, beschloss er, freundlicher zu sein.

      »Dann wollen wir mal sehen, wo der Hase im Pfeffer liegt«, erklärte er. »Machst du mal die Motorhaube auf?«

      Während Olivia um den Wagen herumging, beäugte sie ihn kritisch.

      »Du siehst nicht aus wie jemand, der sich mit Autos auskennt«, bemerkte sie abfällig.

      »Mit den neuen Modellen eher weniger«, gab Danny zu und hob mit einem Ruck die rostige Motorhaube hoch. »Aber von komplizierter Elektronik hat dieses museumsreife Stück ja noch nichts gehört. Das krieg ich auch noch hin«, grinste er frech. Bedacht darauf, die verletzte Hand nicht zu sehr zu belasten, stützte er sich auf der Karosserie auf und beugte sich vor, um einen Blick in den Motorraum zu werfen. Er ruckelte hier an einem Kabel und zog dort an einem Stecker, fand jedoch nichts Verdächtiges. »Wann hast du denn zuletzt den Ölstand kontrolliert?«, fragte er, um seine Ahnungslosigkeit zu überspielen.

      »Keine Ahnung«, erklärte Olivia. Sie stand inzwischen neben Danny und äugte ihm über die Schulter. Seine Miene war freundlicher geworden, und insgeheim hatte sie festgestellt, dass er durchaus sympathisch wirkte. »Solche Sachen hat mein Freund immer erledigt.«

      »Dann weißt du wahrscheinlich auch nicht, wo der Ölmessstab steckt?«, mutmaßte Danny.

      Olivia, die vor dem attraktiven jungen Mann nicht dumm dastehen wollte, griff an seinem Arm vorbei in den Motorraum. Dabei stieß sie an die Stütze, die die Haube hielt.

      »Vorsicht!«, rief sie noch erschrocken und zog sich blitzschnell zurück.

      Auch Danny zuckte zurück. Doch es war zu spät.

      »Aaaahhh, meine Hand!« Er schrie auf vor Schmerz, als die altersschwache rostige Motorhaube mit aller Wucht ausgerechnet auf seine verletzte Hand krachte.

      »Oh, mein Gott! Oh, mein Gott! Oh, mein Gott!«, jammerte Olivia. Vor Schreck war sie kreidebleich geworden und zog und zerrte an der schweren Haube. Schließlich gelang es ihr, sie so weit anzuheben, dass Danny die Hand herausziehen konnte.

      »Na toll, das hast du ja wirklich gut hingekriegt!«, schimpfte er, während er den roten Striemen und die Abschürfungen anstarrte, die sich über den Handrücken ­zogen. »Wenn ich Pech habe, ist der Mittelhandknochen gebrochen. Dann kann ich in den nächsten Wochen nicht arbeiten.«

      »Es tut mir wirklich leid. Das wollte ich nicht«, versicherte Olivia weinerlich und wollte nach seiner Hand greifen, um das Malheur aus der Nähe zu betrachten.

      Ärgerlich


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