Der alte Trapper. James Fenimore Cooper

Der alte Trapper - James Fenimore Cooper


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für die Nacht, dann brachten sie das Vieh in den Mittelpunkt der Wagenburg, die durch passend angebrachtes Pfahlwerk noch mehr befestigt wurde, und schließlich begaben sich zwei von ihnen mit ihrem Schießgewehr an entgegengesetzte Enden des Lagers, um hier Wacht zu halten.

      Der alte Trapper war während dieser Zeit von einer Stelle zur anderen geschlendert; das ihm angebotene Nachtlager lehnte er ab, und als alles ruhig geworden war, entfernte er sich ohne ein Wort des Abschieds.

      Langsam schritt er in die Nacht hinaus, die von der Sichel des neuen Mondes nur schwach erhellt wurde. Fern vom Lager, auf einer der wellenähnlichen Bodenerhebungen, blieb er stehen, stützte den Kolben der Büchse auf die Erde und versank in tiefes Grübeln. Der Hund legte sich zu seinen Füßen nieder und schien sogleich einzuschlafen. Nach einer kleinen Weile aber ließ er ein dumpfes Geknurr hören, das seinen Herrn veranlaßte, spähend umherzublicken.

      In einiger Entfernung gewahrte er eine Frauengestalt, die nicht recht zu wissen schien, ob sie näherkommen sollte oder nicht.

      „Nur heran!“ rief der Trapper. „Wir sind Freunde, von uns habt Ihr nichts zu fürchten.“

      Die Gerufene eilte herzu; es war Ellen Wade.

      „Oh, Ihr seid es,“ sagte sie, dem Alten ohne Zögern die Hand reichend, dabei aber suchend in die Ferne blickend. „Euch glaubte ich hier nicht zu treffen; die anderen meinten, daß wir Euch wohl nicht mehr zu sehen kriegen würden.“

      Ehe der Trapper antworten kannte, begann der Hund wieder laut und drohend zu knurren.

       „Was gibt's, Hektor?“ forschte der Alte. „Was wittert mein Hundchen? Einen schwarzen Bären aus dem Gebirge? Denn die kommen zuweilen bis hierher. Ich bin nicht mehr so sicher mit meiner Büchse wie in früheren Jahren,“ wendete er sich zu dem jungen Mädchen, „aber zur Not treffe ich schon noch; Ihr braucht daher keine Furcht zu haben.“

      Jetzt bellte der Hund kurz und scharf auf, und zugleich sahen der Trapper und das Mädchen eine menschliche Gestalt herankommen, und zwar aus der dem Lager der Emigranten entgegengesetzten Richtung.

      „Das ist ein Mann,“ sagte der Trapper, „und, seinem schweren Schritte nach, ein Weißer. Wir müssen vorsichtig sein, denn die Weißen, die sich hier herumtreiben, sind in der Regel gefährlicher als die Wilden.“

      Damit erhob er seine lange Büchse und untersuchte sorgfältig Stein und Zündkraut. Das Mädchen aber legte hastig die Hand auf seinen Arm.

      „Um Gotteswillen, seid nicht vorschnell!“ flüsterte sie. „Es kann ein Bekannter, ein Freund sein!“

      „Freunde sind hier selten,“ antwortete der Trapper, seinen Arm frei machend. „Aber sie hat recht,“ fügte er im Selbstgespräch hinzu, „warum soll ich, bereits mit einem Fuß im Grabe, noch Menschenblut vergießen? Mag er kommen und mir meine Felle, meine Fallen und meinetwegen auch die Büchse nehmen — ich will kein Blut mehr vergießen.“

      Der Hund aber hatte sich erhoben und schritt nun knurrend dem Herankommenden entgegen.

      „Ruft Euren Hund zurück!“ gebot dieser mit tiefer, männlicher und keineswegs unfreundlicher Stimme. „Es sollte mir leid tun, wenn ich ihn verletzen müßte.“

      „Hörst du, was er sagt, Hektor?“ antwortete der Trapper. „Komm her, du Narr! Der Hund hat keinen Zahn mehr im Maule, Freund, knurren und bellen ist alles, was er noch kann.“

      Lang ausschreitend eilte der Fremde herzu und stand gleich darauf an Ellens Seite, die er freundlich und vertraulich begrüßte, worüber der Trapper nicht wenig in Erstaunen geriet.

      „Von welcher Wolke seid Ihr denn herabgefallen, mein guter Alter?“ wendete sich der Ankömmling, ein stattlicher, kräftiger, junger Mann in der Kleidung der Präriejäger, jetzt an den Trapper. „Wolltet Ihr mit dem jungen Mädchen hier auf der nächtlichen Prärie lustwandeln?“

      „Ich bin mit der jungen Person ebenso zufällig zusammengetroffen wie mit Euch,“ antwortete der Alte. „Ich kam aus dem Lager der Emigranten dort unten und konnte nicht wissen, daß ein Paar junger, weißer Leute sich hier in der wilden Einsamkeit ein Stelldichein geben wollte.“

      Der junge Mann schickte sich zu einer eifrigen Entgegnung an, das Mädchen aber legte ihm die Hand auf den Mund.

      „Still, Paul,“ sagte sie, „dieser gute Mann wird unser Geheimnis nicht verraten, dafür bürgt mir sein freundliches Gesicht und sein treues Auge. Von ihm haben wir nichts zu fürchten, er ist ein ehrlicher Fallensteller.“

      „Also ein Fallensteller seid Ihr?“ rief der als Paul Angeredete. „Gebt mir Eure Hand, Vater, mein Gewerbe ist dem Euren ähnlich.“

      „Und was ist Euer Gewerbe?“ fragte der Trapper. „Ihr scheint mir ein Jäger zu sein.“

      „Der bin ich auch, aber mein Wild trägt weder Fell noch Federn. Da, seht her.“

      Er hob ein kleines Zinngefäß empor, das ihm auf der Brust hing, ließ den Deckel springen und den Alten hineinschauen. Es enthielt köstlich duftenden Honig.

      „Ich sehe,“ nickte der Alte, „Ihr seid ein Bienenjäger. Das mag wohl ein einträglicher Beruf sein.“

      „So ist es, alter Freund. Aber tut mir auch den Gefallen und geht ein wenig auf die Seite, damit ich dem jungen Frauenzimmer mitteilen kann, wie und warum ich hierhergekommen bin.“

      Ellen wollte gegen dieses Verlangen Einspruch tun, aber der Fallensteller entfernte sich ohne ein Wort zu sagen und blieb erst wieder stehen, als er außer Hörweite war. Der Hund folgte ihm langsam, mit erhobener Nase witternd und forschend, als verkünde sein Instinkt ihm das Herannahen noch weiterer Überraschungen. Dumpf grollend setzte sich das Tier zu seines Herren Füßen nieder.

      „Was, Hektor, schon wieder?“ fragte dieser. „Was ist's denn, Hundchen? Sag' mir's doch, Junge.“

      Hektor antwortete mit einem noch lauteren Knurren, dann legte er den Kopf auf die Vorderpfoten, als habe er nunmehr seine Pflicht getan.

       „Die Warnung eines solchen Freundes ist in der Prärie wertvoller als der Rat eines Menschen,“ murmelte der Trapper, langsam wieder auf das junge Paar zuschreitend. „Hört, Kinder!“ rief er, „wir sind hier in dieser Einöde nicht allein; außer uns treiben sich noch andere hier herum, wir müssen daher auf der Hut sein!“

      „Sollte vielleicht einer von Ismaels Söhnen sich unterstehen, mir nahezukommen, so könnte seine Präriefahrt leicht ein vorzeitiges Ende nehmen,“ entgegnete der junge Bienenjäger, nach seiner Büchse greifend.

      „Ismael Busch und seine ganze Familie schlafen fest in der Wagenburg,“ sagte Ellen schnell, „die beiden Wächter ausgenommen; die aber dürfen das Lager nicht verlassen.“

      „Ich höre ein dumpfes Galoppieren in der Ferne!“ rief der Bienenjäger jetzt mit unterdrückter Stimme. „Aha, jetzt weiß ich's; es wird eine Büffelherde sein, hinter der ein Panther her ist!“

      „Eure Ohren trügen Euch,“ nahm der Trapper das Wort, nachdem er mit gespanntester Aufmerksamkeit gelauscht hatte, „das sind keine Büffel, wohl aber Indianer. Sie kommen gerade auf uns zu und werden hier sein, ehe wir Deckung gefunden haben.“

      „Komm Ellen,“ rief der junge Mann, hastig des Mädchens Hand ergreifend, „vielleicht erreichen wir noch das Lager Ismaels, deines Onkels!“

      „Zu spät!“ sagte der Trapper, „zu spät! Ich sehe die Indianer schon; es ist eine Bande von Sioux, ich erkenne die Spitzbuben an der Art ihres Reitens!“

      „Mögen's Sioux oder Teufel sein, sie sollen finden, daß wir Männer sind!“ rief der Bienenjäger, Ellen loslassend. „Ihr führt eine Büchse mit Euch, alter Freund, Ihr werdet sie auch in der Verteidigung eines wehrlosen Mädchens zu brauchen wissen.“

      „Nieder, nieder ins Gras!“ flüsterte der Trapper, auf einen Fleck deutend, wo Gras und Kraut besonders hoch emporgewachsen waren.


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