Die Klinik am See Jubiläumsbox 4 – Arztroman. Britta Winckler
bringen, dass er sich zehnmal überlegt, was er tut und was er in der Zeitung schreibt.«
»Ich glaube, dass Sie das schaffen«, gab Dr. Lindau zurück. »Er muss tatsächlich noch einiges lernen.«
»Sind Sie ihm böse, Herr Doktor?«, fragte Alice mit leiser Stimme. »Durch ihn sind Sie ja schließlich in einen schlimmen Verdacht geraten. Aber ich habe ihm gleich, als er mir davon erzählte, gesagt, dass das Unsinn ist.«
»Nett von Ihnen, dass Sie meine Partei ergriffen haben«, anerkannte Dr. Lindau.
»Weil’s doch wahr ist«, entrüstete sich Alice. »Sie und …«
»Schon gut«, unterbrach Dr. Lindau das hübsche Mädchen. Ihm lag nichts daran, dieses Thema weiter zu diskutieren.
»Werden Sie ihn anzeigen, weil er Sie in der Zeitung verleumdet hat?« Bange Erwartung spiegelte sich in Alices Augen.
»Das hängt von ihm ab«, erwiderte Dr. Lindau. »Wenn er es schafft, mich in der heutigen Ausgabe der Zeitung zu rehabilitieren und mich von dem Verdacht reinzuwaschen, dann werde ich versuchen, diese dumme Sache zu vergessen.«
»Danke, Herr Doktor, vielen Dank …« Alice sah zur Tür, durch die eben eine Schwester trat. Sie trug einen riesigen, wunderschönen, in Zellophan eingewickelten Blumenstrauß.
»Für Fräulein Alice Mangold«, sagte sie. »Wurde vor wenigen Minuten abgegeben.« Sie legte die Blumen auf die Bettdecke und entfernte sich wieder.
Alice ergriff erstaunt nach der angehefteten Karte und las sie. »Von meiner Mutter«, rief sie erfreut aus. »Sie fliegt für einige Zeit nach England.« Fragend sah sie den Chefarzt an. »Woher weiß sie überhaupt, dass ich hier in der Klinik liege? Ich habe zwar versucht, sie telefonisch zu erreichen, aber sie war nicht zu Hause.«
»Herr Sternau hat es ihr gesagt«, klärte er die Patientin auf und erzählte mit wenigen Sätzen die wesentlichen Teile der Unterhaltung in dem Bungalow am Tegernsee. »So, jetzt muss ich aber wieder weiter«, schloss er, grüßte freundlich und ging. Er wollte noch in sein Büro, um sich vor der täglichen Visite eventuelle Wartezimmerpatienten vorzunehmen.
Als er aus dem Aufzug stieg, sah er den jungen Mann an, der in diesem Augenblick von draußen in die Halle trat. Es war der Reporter Sternau.
Der hatte in diesem Moment auch den Chefarzt entdeckt und ging eiligst auf ihn zu. »Herr Dr. Lindau«, rief er und schwenkte eine Zeitung. »Ich wollte es mir nicht nehmen lassen, Ihnen die heutige Ausgabe persönlich zu bringen. Hier …« Er schlug die zweite Seite auf. »Ich hoffe, dass das in Ihrem Sinne ist«, sagte er.
Dr. Lindau las mit Spannung den fett gedruckten Artikel. Er war nicht sehr lang, aber inhaltsreich! Er enthielt nicht nur das aufrichtige Bedauern darüber, dass durch ein unseliges Missverständnis der Chefarzt der Klinik am See in einen vollkommen unbegründeten Verdacht geraten sei, sondern auch die offizielle Entschuldigung der Chefredaktion wegen dieses Fauxpas’, sowie eine sich anschließende kurze Erklärung, in der die Untadeligkeit des in der vortägigen Ausgabe zu Unrecht in einen schlimmen Verdacht geratenen Arztes hervorgehoben wurde.
»Zufrieden, Herr Doktor?«, fragte Rolf Sternau mit banger Erwartung.
»Ich akzeptiere, Herr Sternau«, erwiderte Dr. Lindau und sah den jungen Mann ernst an. »Lassen Sie sich das eine Lehre sein!«
»Werden …, werden … Sie jetzt trotzdem noch etwas gegen mich …?«
Dr. Lindau unterbrach die bange Frage Rolf Sternaus. »Für diesmal nein, ich werde nichts gegen Sie unternehmen.«
»Danke, vielen Dank, und ich verspreche Ihnen, dass es ein nächstes Mal nicht mehr geben wird.« Rolf Sternau fiel ein Stein vom Herzen. »Darf ich Sie noch etwas fragen?«, brachte er zögernd über die Lippen.
»Was wäre das?«
»Würden Sie mir erlauben, ganz kurz Alice …, ich meine Fräulein Mangold, zu besuchen?«, bat Rolf Sternau. »Besuchszeit ist zwar …«
Dr. Lindau überlegte kurz. »Einverstanden«, erwiderte er. »Zehn Minuten, dann beginne ich mit der Visite.« In seinen Augen blitzte es plötzlich auf. »Unter einer Bedingung.«
»Ja.«
»Ich möchte heute noch mindestens zehn Exemplare dieser Ausgabe haben, damit alle meine Rehabilitation lesen können«, gab er dem jungen Mann zu verstehen.
»Das geht in Ordnung, Herr Doktor«, versicherte Rolf Sternau. »Ich bringe sie persönlich gleich nach meinem Besuch bei Alice her.«
»Also dann …« Dr. Lindau nickte Rolf Sternau zu und setzte seinen Weg fort. Seine Miene war nicht mehr so finster und verdrossen wie am Vortag.
Rolf Sternau aber lief zum Aufzug und fuhr nach oben.
– ENDE –
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