G.F. Barner 1 – Western. G.F. Barner

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nicht getroffen. Auch Mort war aus dem Sattel gehechtet und in die Büsche geflohen, weil sein Pferd nach Logans erstem Schuß unter ihm zusammengebrochen war. Die zweite Kugel war Mort in die rechte Schulter gefahren und hatte seinen Arm gelähmt. Links schießen konnte er nicht, das war das Ende gewesen. Charly war davongekommen, hinter der Scheune in Deckung gegangen. Als der Marshal kam, wollte er ihn abknallen. Aber dann war Arrow, der dreimal verfluchte Grauschecke, aufgetaucht. Das Pferd war von hinten mit einem Riesensatz über den Zaun geflogen. Und dann war das passiert, was Charly noch nach Monaten im Jail nachts hatte träumen und schreiend aufwachen lassen. Arrow, Logans Wunderpferd, war mit den Hufen auf Charly Dillon losgegangen, es hatte Charly vor den Kopf getreten.

      Eine halbe Stunde später hockten sie in Handschellen im Saloon. Logan drehte James Flemmings Tabakdose zwischen den Fingern.

      »Wo habt ihr Flemming gelassen? Woher habt ihr die Tabaksdose? Dillon, Flemming hatte über zweitausend Dollar bei sich! Wo ist das Geld?«

      »Wir wissen nichts von Flemming. Ich hab’ die schöne Dose von einem Greaser gekauft – in Raton auf dem Wochenmarkt. Nein, ich kannte den Greaser nicht – so ein kleiner, mickriger Kerl mit Hängeschnauzbart und einem faltigen Gesicht. Was denn, wir sollen Flemming umgebracht haben, wir? Ich habe noch nie im Leben jemand umgebracht, außer ein paar Schmeißfliegen, die mein Pferd belästigten. Das Geld für die Pferde? Stimmt, wir haben das Geld von Clement bekommen, aber wir haben es abgeliefert. Das war doch gar nicht unser Geld, Mann!«

      »Was soll das jetzt wieder, Dillon?«

      »Na, was ich sage – es war nicht unser Geld. Ein paar Freunde fragten uns, ob wir ihnen einen Gefallen tun wollten – nur ein paar Pferde zu Clement bringen. Na ja, das haben wir getan – hundertfünfzig Dollar sollten wir bekommen, wenn wir die Arbeit erledigt hatten. Gestohlen – wir? Wir stehlen doch keine Pferde? Marshal! Stehlen wir jemals Pferde, Charly?«

      »Nie, nie, Marshal, ehrlich nicht!«

      Dabei waren sie geblieben. Vor der Jury hatten sie ihre angeblichen »Freunde« gedeckt. Nein, Verräter waren sie nicht, sie verpfiffen doch keinen Freund! Dann das Urteil: vier Jahre!

      Durch die Zuschauermenge war ein Raunen gegangen – nicht etwa, weil den Leuten das Urteil zu hart erschienen war, nein, im Gegenteil, man hatte den treuherzig blickenden Dillons ihre Story geglaubt. Männer, die ihre Freunde nicht verpfiffen, waren doch wackere Burschen, die hatten Charakter!

      »Pfui!« hatten die Leute geschrien. »Pfui – ein Unrecht, ein Unrecht – ­buuuh!«

      Sie hatte auch mitgeschrien – sie, Liza Palucco.

      »So war das«, sagte Mort Dillon. »Liza – verstehst du, Charly, Liza hat unser Geld!«

      »Was?« stöhnte Charly und setzte sich auf. Mort hatte ihn angeredet, jetzt durfte er sicher sein, daß er nicht noch eine Tracht Prügel bekam, wenn er sich unaufgefordert erhob. »Was ist das – Liza hat unser Geld? Aber, wie soll sie denn…«

      »Hol das Pferd her, Junge, wir müssen nach Comanche zu Tom Pillar und dann vielleicht noch weiter nach Vermejo zu Antonio Palucco, ihrem Bruder. Der Lump ist genauso schlecht wie Liza, der verkauft dir einen Lungenpfeifergaul als Rennpferd! Liza hat das Geld, ich bin wirklich ganz sicher!«

      »Wie denn, wie will sie es denn erfahren haben…«

      »Das verstehst du doch nicht, Mann! Die Paluccos wohnen schon seit einem halben Jahrhundert an der Grenze. Vor zwei Jahren hat der alte Palucco noch gelebt, der kannte alle Mexikaner auf hundert Meilen in der Runde. So hängt es zusammen, wette ich. Juan Montenero, der Name hat ihr etwas gesagt, sie hat ihren Alten gefragt, wer Juan Montenero war. Ich wette, sie hat es sich allein geholt. Das Aas, das kaltblütige, verkommene Aas!«

      Charly verstand gar nichts mehr, er holte das Pferd. Sie hatten nur eins, zwei hatten sie mit dem bißchen Geld nicht kaufen können. Sie mußten auf einem Tier reiten, aber sie waren ja überzeugt gewesen, daß sie bald im Geld schwimmen würden.

      »Nimm den Kasten und die Zeitung mit, heb alles auf!« befahl Mort finster. »Die Zeitung ist wichtig!«

      Er ließ sie sich geben, sah nach dem Datum und nickte. Die Zeitung trug das Datum vom November vor drei Jahren, es war der »Raton Weekly«, der nur einmal in der Woche herauskam.

      Liza, dachte Dillon, Liza, dafür reiße ich dir die Kleider vom Leib, wenn ich mit dir in den Bergen bin. Dann binde ich dich nackt an einen Baum und peitsche dich aus, bis dir die Haut in Streifen herabhängt. Mir fällt schon etwas ein für dich, meine Teure! Das bist du wirklich, du bist mir sehr, sehr teuer geworden. Ich bring dich um, du Rabenaas!

      *

      Antonio Palucco rülpste einmal laut, als er sich vom Tisch erhob und den Teller mit dem Rest Pfefferbohnen von sich schob. Zwei Tage dasselbe Essen, zwei Tage den gleichen Durst, wenn er vom Tisch aufstand und zum Herd ging, auf dem die schmutzigen Töpfe und Pfannen standen. Das Geschirr stapelte sich in der Abwaschschüssel, denn er wusch nur einmal in der Woche ab.

      Antonio Palucco stellte den Teller mit dem Rest Bohnen zu dem anderen schmutzigen Geschirr. Dann lehnte er sich an den Herd und goß sich Kaffee ein.

      Früher hatte er nicht gerülpst, das hätte Maria nicht gelitten. Sie war wirklich eine gute Frau gewesen, seine Maria. Sie hatte ihn und den alten Vater versorgt – alles war hier in Ordnung gewesen, alles sauber, aufgeräumt. Ja, Maria Palucco hatte wirklich alles bestens getan, nur etwas nicht – sie hatte kein Kind bekommen. Und dann war sie auch noch gestorben, wie so viele Frauen in diesem weiten Land, das zu wenig Ärzte hatte und in dem die Leute glaubten, daß die Krankheit, die von selbst gekommen war, auch von allein fortgehen würde.

      »Maria«, sagte Antonio Palucco zwischen zwei Rülpsern, »Maria war schon in Ordnung. Bei ihr hätte es keinen Staub auf dem Regal gegeben – auch kein dreckiges Geschirr oder Bettzeug. Was soll’s, ich bin zu faul!«

      Er sagte es, stellte die Blechtasse hin und zog sich die Hose über seine hervorstehenden Hüftknochen. Antonio kochte nicht gern, darum hatte er seit Marias Tod abgenommen und war dürr geworden. Wozu sollte man kochen, wenn es einem ohne Gesellschaft doch nicht schmeckte, he? Gut, er hätte ja noch mal heiraten können, eine Frau hätte ihm Liza schon besorgt, aber was für eine? Vielleicht eine, die schon zwanzig Männer gehabt hatte, was? Eine anständige Frau hielt es in Vermejo ja doch nicht aus. Das Nest verfiel immer mehr – die Bewohner waren zumeist alt, sie starben weg – die jungen Leute zogen fort nach Raton.

      Wenn die Straße von Raton nach Santa Fé nicht durch Vermejo geführt hätte, wäre das Nest längst verlassen gewesen. Neuerdings fuhr die Bahn nach Santa Fé. Dann gab es noch die südliche Straße nach Santa Fé, die für Wagen besser war, weil sie durch weniger Berggelände verlief.

      »Wer will denn schon nach Vermejo heiraten?« brummte Antonio Palucco mürrisch und trat aus dem flachen Mexikanerhaus, das sein Großvater einmal gebaut hatte. »Ich will auch keine Frau mehr. Eine wie Maria finde ich doch nicht!«

      Er schlurfte zum Hof und die Dämmerung hinein. Seine Stiefel hatten sechs Wochen kein Fett mehr gesehen, seine Hose war ausgebeult und hatte einen Riß zwischen den Beinen. Die Naht war aufgeplatzt, als er sich vor drei Wochen beim Saubermachen der Wassertröge im Stall zu tief gebückt hatte. Beim Gehen klatschten die Stiefelschäfte gegen seine mageren Waden. Die Schäfte waren zu hart geworden, aber ehe sich Antonio Palucco zwei Stunden hinstellte und sie mit Fett durchknetete, wie es sich gehört hätte, schlurfte er lieber staksig durch die Gegend.

      »Immer dasselbe«, sagte er mürrisch. Heute war so ein Tag, an dem er morgens müde aufgestanden und vollkommen lustlos geblieben war. »Aufstehen, Kaffee kochen, dem Viehzeug Wasser geben, Futter einwerfen, Mittag essen – schlafen – aufstehen, Kaffee trinken, ausmisten – immer dasselbe, was?«

      Der Maulesel, den er vom alten Martinez gekauft hatte, ehe der sich zum Sterben hinlegte, schrie ihn klagend an. Das blöde Vieh konnte sich immer noch nicht daran gewöhnen, daß es nicht zweihundert Schritt weiter in seinem alten Corral untergebracht war und der alte Martinez ihm kein Futter gab.

      »Blödes Vieh!« sagte Antonio


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