Ihr elenden Mörder. Jürgen Löhle
JÜRGEN LÖHLE
”Ihr elenden Mörder“
KURIOSE GESCHICHTEN VON DER TOUR DE FRANCE
Inhalt
Falscher Bart und falsche Brille
Um die Tour zu ärgern – die DDR verschiebt die Friedensfahrt 1987
Dichter Verkehr – Chris Froome rennt zu Fuß
Treten, bis … ja, bis wer kommt?
Ullrichs Abgang über den Lenker
Der Ärger mit dem Trikot aus Seide
Der taktisch verschenkte Etappensieg von Henn und Heppner
Aberglaube, oder: Lass bitte das Salz stehen
Der liebe Gott ganz nah am Rad
Legales Essen und feister Betrug
Die Weißweinpause des Abdelkader Zaaf
Hennes Junkermann und „dä Fisch“
Gegen den Strom am Mont Ventoux
Alle sehen das Rennen – nur Livereporter der ARD nicht
Wenn Journalisten Rennen fahren
Prolog
Die Tour de France ist ein Radrennen – das könnte man durchaus so sagen, es wäre aber ein wenig zu kurz gesprungen. Etwa so wie: Wimbledon ist ein Tennisturnier, der Große Preis von Monaco ein Autorennen und der Ironman auf Hawaii ein Triathlon. Stimmt natürlich alles – und auch wieder nicht, weil all diese Veranstaltungen eben auch weltweit strahlende Monumente des Sports sind. Und manchmal auch mehr. Über die Tour de France sagen zum Beispiel viele, eigentlich sei sie ein Autorennen mit Radprofis als Behinderung. Oder so etwas wie ein Verkehrsinfarkt auf Reisen. Manche stempeln die Tour gern als das letzte große sportliche Abenteuer für Radrennfahrer und Zuschauer. All das trifft es natürlich auch.
Nüchtern betrachtet ist die Tour de France das größte mobile Sportereignis der Welt und das drittgrößte nach den Olympischen Spielen und Fußballweltmeisterschaften. Die 21 Etappen bewegen alljährlich Menschen und Millionen, schaffen Sieger und Verlierer, Stars und tragische Figuren. Als 2003 die Tour 100 Jahre alt wurde, erschienen Geschichtsbände, die waren so dick und schwer, dass man sie nur am Tisch lesen konnte, weil sie einen im Bett erschlagen hätten. Spätestens da war klar, dass dieses Radrennen unentwegt Geschichten produziert, die weit über das Nacherzählen eines Renntages hinausgehen. In Frankreich hat man das wortreiche Fabulieren darüber kultiviert; kaum ein Schriftsteller oder Philosoph, der etwas auf sich hält, hat nicht über die Tour geschrieben. Da unterscheidet sich die Frankreichrundfahrt gewaltig vom Giro d’Italia oder der Vuelta in Spanien. Beide Rennen