Love Crash - Der Traum vom Neubeginn. Andreas Suchanek

Love Crash - Der Traum vom Neubeginn - Andreas Suchanek


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Traurigkeit.

      Ihre Erinnerung kehrte zurück. »Oh Gott, habe ich das wirklich gesagt? Da war tatsächlich diese Fliege …«

      »Jules«, unterbrach Melissa sie sofort, »das Tier erwähnst du zukünftig bitte nicht mehr. Mach daraus eine Spiegelung in den Ladenfenstern oder einen riesigen Truck, der dir die Vorfahrt genommen hat.«

      Cullen kicherte, weshalb Julie ihm kurzerhand ihren Ellbogen in die Seite stieß. Schmerzhaft stöhnte sie auf. Hämatome klangen so unschuldig und waren doch so diabolisch. Nicht einmal lachen konnte sie, ohne dass ihr gesamter Körper verkrampfte.

      »Was meintest du mit ›Neuling‹?«, fragte Melissa interessiert.

      »Er ist erst seit diesem Semester bei uns«, erwiderte Cullen. »Luca irgendwas. Ist ein ziemlicher Eigenbrötler, sitzt ständig allein herum und wehrt jede Anmache ab, egal, aus welcher Richtung sie kommt. Und er bekommt eine Menge. Hätte ihn eher in die Kategorie ›College-Macho‹ eingeordnet.«

      Julie betastete ihre Wange. Er hatte sie gestreichelt, ganz sanft, und sich echte Sorgen gemacht. Nein, Sorge war zu wenig, er hatte Angst um sie gehabt.

      Melissa seufzte. »Na, toll. Jules, das geht gar nicht. So was nennt man Stockholm-Syndrom.«

      Cullen lachte laut auf. »Du weißt schon, dass Stockholm-Syndrom bedeutet, dass man sich in seinen Entführer verliebt?«

      Ungeduldig wedelte Melissa mit der Hand. »Darum geht es jetzt nicht. Was haben wir über die dunklen, stillen Typen gesagt?«

      »Dass sie heiß sind«, half Cullen freundlich aus.

      »Nein, das war vor meinem letzten Date. Was haben wir danach über stille, dunkle Typen gesagt?«

      Julie spielte mit der Decke und warf einen unschuldigen Blick aus dem Fenster. »Ich weiß nicht, was denn?«

      »Finger weg! Dabei kommt nie etwas Gutes raus.«

      »War dein letzter Freund nicht total aufgeschlossen und kontaktfreudig«, merkte Cullen gegenüber Melissa an. »Zu kontaktfreudig?«

      »Ich wusste, dass du damit wieder anfängst«, blaffte sie. »Aber darum geht es jetzt auch nicht. Es geht ums Prinzip. Und um Prinz Charming, der Jules eindeutig den Kopf verdreht hat.«

      »Und wenn schon.«

      »Fall mir nicht in den Rücken, du Footballspieler«, protestierte Melissa. »Er könnte … ein Serienkiller sein. Wer wechselt denn schon das College, obwohl das Semester bereits begonnen hat?«

      »Serienkiller eher nicht.« Wieder grinste Cullen sein freches Lausbubengrinsen, das Melissa ständig zur Weißglut trieb. »Aber was weiß ich Footballspieler schon.«

      »Schluss damit«, forderte Julie. »Ich bin doch nicht verliebt. Er war nett. Und natürlich bedanke ich mich bei ihm, sobald es mir besser geht.«

      »Aha«, sagte Melissa.

      »Nett«, echote Cullen.

      Glücklicherweise betrat in diesem Augenblick der Arzt von gestern den Raum. Doktor Zimmerman blickte aus strengen Augen in die Runde. Falls es einen Ort auf der Welt gab, an dem er lachte, war es eindeutig nicht das Krankenhaus. Eher der Wandschrank. »Wenn Sie beide so freundlich wären, uns allein zu lassen.«

      Melissa und Cullen flüchteten, ließen den Eisbecher aber stehen. Gut so, Julie benötigte mehr Zucker. Sie konnte ihre Gedanken nicht von Luca lösen. Der Blick aus diesen tiefen Augen, die wie endlose Seen in der Morgensonne schimmerten, hatte etwas in ihr berührt.

      Verblüfft realisierte sie, dass die Tür geschlossen war und der Arzt am Bett stand. Stille lag über dem Raum, nur unterbrochen von den gleichmäßigen Atemzügen der alten Dame neben ihr.

      In diesem Augenblick wusste Julie, dass etwas nicht stimmte.

      Doktor Zimmerman begann zu sprechen.

      Der Rollstuhl quietschte.

      Julie kam sich vor wie eine Invalide. Doch obwohl sie laufen konnte, besagte die Krankenhausregel, dass sie bis zur Schwelle gebracht werden musste. Der Pfleger starrte immer wieder zu Melissa hinüber, weshalb Julie daran zweifelte, unbeschadet den Ausgang zu erreichen.

      »Cullen hat extra einen Kombi angefordert«, betonte die Freundin und schwenkte ihr Smartphone, auf dem die Uber-App geöffnet war. »Wieso schaust du so traurig? Freust du dich nicht, endlich nach Hause zu dürfen?«

      »Klar.« Das Lächeln missglückte.

      Doch Melissa bohrte nicht weiter. Vermutlich schob sie die schlechte Laune auf Nachwirkungen des Unfalls, was grundsätzlich sogar stimmte. Von dem Gespräch mit Doktor Zimmerman wusste sie nichts und das sollte einstweilen auch so bleiben. Bis die Daten noch einmal überprüft worden waren. Mit einem Kopfschütteln verscheuchte Julie den Gedanken.

      »Ihr seid also …«, begann der Pfleger.

      »Jap, College«, unterbrach ihn Melissa. »Müssen total viel lernen. Wenig Zeit.«

      Er schluckte und schwieg. Armer Kerl.

      Entgegen aller Wetten, die Julie mit sich selbst abgeschlossen hatte, erreichte sie ohne Crash den Ausgang. Auf dem Parkplatz gestikulierte Cullen wie ein Irrer, damit sie ihn auch ja nicht übersahen.

      »Hast du eine Ahnung, wo er ist?« Melissa sah sich suchend um.

      »Wollte er uns nicht abholen?« Julie tat es ihr gleich.

      Das Gestikulieren wurde heftiger. »Hey! Hier drüben!«

      Sie ließen ihn eine halbe Minute schmoren und brachen dann in schallendes Gelächter aus. Cullen verschränkte grimmig die Arme, war ihnen aber nicht böse. Er würde sich natürlich rächen. So ging das ständig hin und her.

      Pfleger und Rollstuhl blieben zurück, als Julie hinter dem Fahrersitz Platz nahm und der Kombi abfuhr. Melissa saß neben ihr, Cullen auf dem Beifahrersitz. Der Fahrer kannte sich aus und versuchte nicht, Zeit zu schinden. Es ging auf direktem Weg in den Randbezirk von Manhattan, wo sie wie durch ein Wunder die Wohnung für die WG entdeckt hatten. Aufgrund der Lage konnte Julie jeden Morgen das Rad benutzen und musste nicht auf die U-Bahn zurückgreifen.

      Um sie herum ragten stuckverzierte Bauten in die Höhe, vereinzelt sorgten Bäume für grüne Tupfer im Grau der Stadt. Herbstlicher Sonnenschein fiel zwischen den Blättern hindurch und schuf ein Spiel aus Licht und Schatten auf dem Asphalt. Je näher sie der Innenstadt kamen, desto verstopfter waren die Straßen. Überall standen Touristengruppen herum und fotografierten, sausten Fahrradfahrer so schnell vorbei, dass Julie mehr als einmal zusammenzuckte. Glücklicherweise gehörte ihr Uber-Fahrer nicht zu den manischen Hupern, die ständig wütend gestikulierten, fluchten und abrupt zwischen Bremse und Gas wechselten.

      Erst hier im Auto realisierte Julie, wie bedrückend es im Krankenhaus gewesen war. Der Geruch von Desinfektions- und Putzmittel hing ihr noch immer in der Nase und die Ärzte und Pfleger hatten professionell ihr Bestes gegeben, von emotionaler Wärme aber offensichtlich nie zuvor gehört.

      Irgendwann erreichten sie trotz Stau und von gelben Taxen überfluteten Straßen den renovierten Altbau. Lächelnd betrachtete Julie den vertrauten kleinen Vorgarten, der durch einen Gitterzaun abgegrenzt wurde, die Sandsteinfassade und hohen Fenster.

      »Soll ich dich hinauftragen?«, fragte Cullen.

      »Das schaffe ich allein«, gab sie zurück. »Aber danke.«

      Tatsächlich hätte Julie das Angebot am liebsten angenommen. Jeder Schritt sandte Erschütterungen durch ihren Körper, sie keuchte alle paar Stufen auf. In diesem Moment verfluchte sie die unter dem Dach liegende Wohnung, die sie ansonsten so sehr liebte. Doch sie musste es allein schaffen. Wollte es allein schaffen.

      Melissa kramte den Schlüssel hervor und öffnete die Tür. Der vertraute Geruch von Tee und Kaffee stieg in Julies Nase, dazwischen ein Hauch Zimt. Erst jetzt fiel der


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