Seewölfe - Piraten der Weltmeere 665. Frank Moorfield

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 665 - Frank Moorfield


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lassen Sie die beiden Männer bis zum Zusammentreten des Bordgerichts in Eisen legen!“ befahl er, bebend vor Zorn.

      Der dürre Offizier blickte sich hilflos um. Normalerweise hätte er diesen Befehl an den Profos weitergegeben. Der aber war tot – seine Augen starrten blicklos ins Leere.

      Außerdem spitzte sich die Lage erneut zu. Vasco wirbelte herum und hielt schützend das Messer vor sich.

      „Niemand wird hier in Eisen gelegt“, stieß er keuchend hervor. „Lorenzo ist selber schuld, er ist mir ins Messer gelaufen. Das haben alle gesehen.“

      Beifälliges Gemurmel ertönte.

      De Pereiras Gesicht wirkte jetzt wie eine steinerne Maske.

      „Senhor Cegos, ich erwarte, daß mein Befehl augenblicklich befolgt wird.“

      Bevor der Offizier etwas darauf erwidern konnte, drehte sich Vasco etwas nach rechts, so daß die Klinge seines Messers direkt auf de Pereira zeigte.

      „Ich rate keinem, mich anzurühren!“ Seine dunklen Augen waren wild entschlossen auf den Kapitän gerichtet.

      Miguel de Pereira hob die Pistole. „Laß das Messer fallen, Decksmann!“

      „Ich denke nicht daran.“

      Das waren Vascos letzte Worte.

      Der Kapitän der „Madre de Deus“ krümmte den Zeigefinger. Ein Schuß krachte, und Vasco wurde wie von einer unsichtbaren Faust zurückgeschmettert. Seine Hand löste sich vom Griff des Messers, Sekunden später lag auch sein Körper zusammengekrümmt auf den Planken.

      Für einen Augenblick herrschte Totenstille. Der Schuß des Kapitäns auf Vasco wirkte zunächst lähmend wie ein Schock, dann aber war plötzlich die Hölle los. Im Handumdrehen geriet die Mannschaft der „Madre de Deus“ in Bewegung.

      Von irgendwoher ertönten Rufe wie: „Das lassen wir uns nicht gefallen!“ Und: „Jetzt ist es soweit!“

      Das Stimmengewirr steigerte sich, die Männer griffen nach den Waffen, die der Stückmeister – ohne den Befehl dazu zu haben – heranschaffen ließ. Ja, die Schnelligkeit, mit der das geschah, ließ sogar darauf schließen, daß man bereits auf eine „passende Gelegenheit“ gewartet hatte.

      Das Gesicht Miguel de Pereiras glich einer überreifen Tomate.

      „Ruhe!“ brüllte er. „Ich verlange absolute Ruhe. Dieser Mann“, er deutete auf die Leiche Vascos, „hat sich nicht nur meinen Befehlen widersetzt, sondern mich mit seinem Messer bedroht. Das war Meuterei!“ Der Kapitän schob die Pistole eilig in den Gürtel zurück und zog seinen Degen. „Auf Meuterei aber, steht der Tod. Stückmeister, sammeln Sie sofort die Waffen wieder ein, sonst lasse ich Sie vor das Bordgericht stellen!“

      Die Antwort bestand aus üblen Flüchen und höhnischem Gelächter. Bevor de Pereira und der kreidebleich gewordene Rafael Cegos etwas dagegen tun konnten, wurden sie von einer Anzahl finster dreinblickender Männer umringt, die mit Messern, Säbeln und Pistolen bewaffnet waren. Auf dem Vorschiff bahnte sich inzwischen ein wilder Kampf zwischen Meuterern und den wenigen Männern an, die sich aus Angst vor der Todesstrafe, die Meuterern grundsätzlich drohte, auf die Seite des Kapitäns geschlagen hatten.

      „Zum letzten Mal! Legt die Waffen nieder!“ Die Stimme de Pereiras überschlug sich fast.

      Doch der Kreis um ihn und seinen Offizier wurde immer enger. Sein Degen nutzte ihm ebensowenig wie Cegos die Pistole, deren Hahn er in der Aufregung nicht mal gespannt hatte. Die Übermacht war zu groß, und die Männer schienen zu allem entschlossen zu sein.

      „Man wird euch wegen Meuterei hängen, wenn ihr nicht Vernunft annehmt!“ Zum ersten Male verriet de Pereiras Stimme, daß er Angst hatte.

      Bei Cegos hingegen war sie offenkundig. Seine Augen waren weit aufgerissen, die Hand, die die Pistole hielt, zitterte wie Espenlaub.

      Jorge Alameda, der hochgewachsene, kräftige Schiffszimmermann, verzog das bärtige Gesicht zu einem spöttischen Grinsen.

      „Seht nur!“ rief er. „Die Senhores haben die Hosen voll. Laßt euch bloß nicht von ihren Drohungen einschüchtern!“

      De Pereira war längst klar geworden, was seit Tagen in der Luft gelegen hatte. Und er fand einige seiner stillen Vermutungen bestätigt. Langsam und fast unmerklich hatte sich da – offenbar mit dem Zutun Jorge Alamedas – einiges innerhalb der Mannschaft zusammengebraut.

      Die Zwischenfälle, die mit dem Streit Vascos und Picos ihren Anfang genommen hatten, waren lediglich der auslösende Faktor für die womöglich von langer Hand geplante Meuterei gewesen.

      Doch diese Erkenntnis nutzte ihm jetzt nichts mehr. Die Lawine, die ins Rollen geraten war, konnte niemand mehr aufhalten. Der Machtwechsel an Bord der „Madre de Deus“ war so gut wie besiegelt.

      Die wenigen Männer, die sich auf dem Vorschiff mit den Meuterern angelegt hatten, wurden rasch niedergekämpft und – sofern sie noch am Leben waren – mit lautem Gejohle über Bord geworfen.

      „Jeder Widerstand ist sinnlos“, sagte Jorge Alameda. „Legen Sie Ihre Waffen nieder, Senhores. Das Schiff wird von der Mannschaft übernommen.“

      De Pereira und Cegos blieb keine andere Wahl. Sie warfen ihre Pistolen und Degen auf die Planken.

      „Das wird schwerwiegende Folgen haben“, versprach der entmachtete Kapitän, der seine ohnmächtige Wut nur mühsam unterdrücken konnte. „Keiner von euch wird jemals nach Portugal zurückkehren können, ohne dem Henker übergeben zu werden.“

      De Pereira erntete lautes Gelächter.

      „Wer sagt denn, daß wir nach Portugal zurückkehren möchten?“ fragte der bärtige Alameda. „Die ‚Madre de Deus‘ ist ab sofort ein Freibeuterschiff …“

      „Eine Piratengaleone!“ unterbrach de Pereira wild.

      Jorge Alameda lachte laut auf. „Was soll diese abwertende Bemerkung, Senhor de Pereira? Waren nicht Sie es, der diese feine Handelsgaleone für so manchen einträglichen Raid mißbraucht hat – in der Eigenschaft als Piratenkapitän sozusagen?“

      „Das waren kleine und unbedeutende Nebengeschäfte“, erwiderte de Pereira.

      Alameda, der von den übrigen Meuterern ganz offenkundig als Anführer akzeptiert wurde, lachte abermals.

      „Nur keine Verniedlichung! Die Beute war stets beachtlich und in erster Linie für Sie natürlich. Das Fleisch für den Kapitän – die Knochen für die Mannschaft, das war stets Ihr Wahlspruch, Senhor. Doch wir sehen nicht mehr ein, daß wir uns einerseits für einige reiche Säcke in Lissabon abschinden und andererseits für Ihre Privatgeschäfte die Köpfe hinhalten sollen. Ab sofort sind wir freie Männer auf einem freien Schiff und tätigen unsere Geschäfte auf eigene Rechnung.“

      Die Mannschaft bestätigte die Worte Alamedas mit lautem Jubelgebrüll.

      „Und was soll mit den sauberen Senhores geschehen?“ rief ein schmächtiger Kerl aus den hinteren Reihen. „Sollen wir die etwa auf unsere Kosten durchfüttern?“

      „Kommt gar nicht in Frage“, antwortete ein anderer. „Die knüpfen wir an die Großrah.“

      Gemessen an der allgemeinen Zustimmung, wurde diese Lösung von vielen begrüßt – am meisten von jenen, die schon einmal auf Befehl des Kapitäns oder des dürren Offiziers mit der Neunschwänzigen Katze Bekanntschaft geschlossen hatten und jetzt offenbar glaubten, ihre persönlichen Rachegelüste befriedigen zu können.

      Doch nun zeigte sich zum erstenmal, daß Jorge Alameda tatsächlich das Sagen hatte.

      „Warum solche Umstände?“ rief er. „Schicken wir die Senhores doch lieber auf eine letzte große Fahrt, damit sie in gewohnter Weise selbst ihren Kurs bestimmen können!“

      Was der Schiffszimmermann damit meinte, wurde – zum Entsetzen de Pereiras und Cegos – rasch erkennbar.

      Der laut jammernde


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