Wärmeversorgungssysteme mit saisonalen Wärmespeichern. Anna-Elisabeth Wollstein-Lehmkuhl

Wärmeversorgungssysteme mit saisonalen Wärmespeichern - Anna-Elisabeth Wollstein-Lehmkuhl


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die Förderung von Speichertechnologien oder der Ausbau der Stromnetze sowie die „stärkere[n] Nutzung der erneuerbaren Energien für die Erzeugung von Wärme“.3 Ein Faktor dabei ist der klimaneutrale Gebäudebestand, welcher die Effizienz der Gebäude betrifft.4 Die Klimaschutzziele können jedoch langfristig nicht nur durch die Reduktion des Energiebedarfs der Gebäude erreicht werden.5 „Es ist weder realistisch noch kosteneffizient, die Klimaschutzziele im Gebäudesektor ausschließlich über Effizienzmaßnahmen anzustreben. Ohne eine dynamische Zunahme der erneuerbaren Energien im Wärmesektor würden die Kosten für die dann zusätzlich erforderlichen Effizienzmaßnahmen erheblich steigen. Funktionsfähige Instrumente zur Durchsetzung der dann notwendigen, sehr weitgehenden Effizienz-Maßnahmen im Gebäudebestand sind zudem nicht ersichtlich.“6

      Der Wärmebedarf in Deutschland hat einen Anteil von über 50 % am Endenergieverbrauch.7 Der Anteil von regenerativen Energieträgern bei der Wärmeerzeugung ist jedoch gering. Im Jahr 2016 stammten nur etwa 0,5 % der Nettowärmeerzeugung8 aus regenerativen Energieträgern.9 Der Anteil an erneuerbaren Energien für den Endenergieverbrauch bei Wärme beträgt circa 13 %, jedoch stagniert dieser Wert seit mehreren Jahren.10 Beim Einsatz von erneuerbaren Energien lassen sich sektorenübergreifende Probleme identifizieren. Die starke Volatilität dieser Energieträger erschwert eine versorgungssichere Wärmebereitstellung.11 Diese Problematik wird in Abbildung 1-1 in Bezug auf solare Energie verdeutlicht. Der Wärmebedarf in Gebäuden ist im Winter, während der Heizperiode, am größten. Die solare Einstrahlung und damit die solarthermischen Wärmegewinne sind jedoch im Sommer maximal.

      

Abbildung 1-1:

      Unterschied Wärmebedarf und solare Strahlung pro Jahr12

      Der Einsatz von saisonalen Wärmespeichern kann diese Differenz minimieren. Die Entkopplung von Wärmeerzeugung und Wärmeverbrauch ermöglicht eine dezentrale und nachhaltige Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien.13

      Die wärmetechnische Versorgung durch solarthermisch betriebene saisonale Wärmespeicher steht dabei in direkter Konkurrenz zu anderen Wärmeversorgungssystemen, wie beispielsweise Gasbrennwertkessel, Wärmepumpen oder der Fernwärmeversorgung. Durch die dezentrale Struktur des Wärmemarktes ist die optimale Anpassung an die Anforderungen der Stakeholder essentiell.14 Die Entscheidungsfindung für eine Investition unterliegt einer Vielzahl von Annahmen und Rahmenbedingungen. Die Homogenität und der Wissensstand der Akteure sind dabei nur beispielhaft zu nennen.15

      In einer zukunftsfähigen Beurteilung müssen nach heutigen Standards die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden. Projekte müssen ganzheitlich, langfristig und global unter den Aspekten Ökologie, Ökonomie und sozialer Verträglichkeit initiiert werden.16

      Dieser Ansatz lässt sich auf Bauprojekte und Wärmeversorgungssysteme übertragen. Ökologische Faktoren, wie zum Beispiel Schadstoffemissionen oder Primärenergieverbrauch, werden teilweise durch gesetzliche Rahmenbedingungen vorgegeben. Die Wirtschaftlichkeit der Investition muss die Investitionskosten sowie die zukünftigen Kosten durch die Nutzung und den Betrieb einbeziehen. Überdies muss das technische System gesellschaftlich, sowohl vom Investor17 als auch von den Nutzern,18 akzeptiert werden. Für den konkurrenzfähigen Bau und Betrieb saisonaler Wärmespeicher müssen diese Aspekte berücksichtigt werden.

      1.2 Ziele und Abgrenzung der Arbeit

      Auf Grund der dargestellten Relevanz des Themas fand in den letzten Jahren ein verstärkter wissenschaftlicher Diskurs zu dem Problem der Einbindung von regenerativen Energien in die Wärmeversorgung statt.1 Der Fokus lag dabei oftmals auf einzelnen Aspekten, im Wesentlichen zur Betriebsführung, zur thermischen Auslegung oder zur Wirtschaftlichkeit von Wärmespeichern.

      Die thermische Modellierung von Erdsondenwärmespeichern und die Weiterentwicklung der thermischen Transportprozesse wurden von BAUER durchgeführt.2 In der wissenschaftlichen Untersuchung von GROSS lag der Schwerpunkt auf der thermischen Optimierung und der Wirtschaftlichkeit des Fernwärmenetzes als Wärmespeicher.3 Die wissenschaftliche Arbeit von HEILEK verknüpfte den Stromsektor mit dem Wärmesektor und konnte über Modellierungsansätze Kostenoptimierungen für das Energiesystem identifizieren.4 Die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit von saisonalen Wärmespeichern wurde von SCHMUCK untersucht. Die Arbeit fokussierte sich auf die Wirtschaftlichkeit von Behälter- und Erdbeckenwärmespeichern. Es wurde keine Einbindung in ein Nahwärmenetz untersucht.5 Eine ganzheitliche6 Studie zu saisonalen Wärmespeichern innerhalb eines Wärmeversorgungssystems, welche unterschiedliche Bewertungskategorien einbezieht, ist demnach in der Wissenschaft bislang nicht erfolgt. Daraus ergibt sich eine Forschungslücke, welche diese Arbeit schließt.

      Ziel dieser Arbeit ist somit eine interdisziplinäre Bewertung eines dezentralen solarthermisch betriebenen saisonalen Wärmespeichers zur Wärmeversorgung von Wohngebäuden. Die zentrale Forschungsfrage lautet, inwieweit ökonomische, soziale und ökologische Parameter die Marktfähigkeit saisonaler Behälterwärmespeicher beeinflussen.

      Darüber hinaus werden keine weiteren Bewertungskriterien angesetzt, da diese den Umfang dieser Arbeit bei Weitem übersteigen würden. Für eine Wirkungsabschätzung wird das mit erneuerbaren Energien betriebene Wärmeversorgungssystem im Vergleich zu konventionellen Wärmeversorgungsanlagen betrachtet. Damit geht die vorliegende Arbeit weit über bestehende Analysen und Arbeiten hinaus.

      Durch die gewählte Zielstellung ergeben sich für die Bearbeitung drei Schwerpunkte, welche die Arbeit strukturieren und die Fragestellung konkretisieren:

       Identifikation und Optimierung der monetären Einflussparameter innerhalb einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung unter Berücksichtigung der Interessen möglicher Stakeholder und des Lebenszyklusansatzes,

       Akzeptanzuntersuchung hinsichtlich der Kenntnisse, Bereitschaft und Hürden von Investoren,

       Ansätze einer Grundlagenuntersuchung des Einflusses der ökologischen Randbedingungen und Ausblick auf die Möglichkeiten der Ökobilanzierung anhand eines Beispiels zur CO2-Bilanz.

      Durch die unterschiedlichen Herangehensweisen ermöglicht diese Arbeit eine umfangreiche Lösung für die zentrale Forschungsfrage und realisiert gleichzeitig eine wissenschaftliche Tiefe. Der Fokus der Arbeit liegt auf der Untersuchung der Wirtschaftlichkeit.

      Auf Grund der Forschungsfrage ergeben sich zahlreiche mögliche Untersuchungsfelder. Die einzelnen Untersuchungsschritte sollen daher beispielhaft an einem Modell durchgeführt werden, welches ein Abbild der Realität darstellt. Das Modell muss die Versorgungssicherheit durch die Wärmeanlage garantieren. Die technische Funktionalität muss hierfür gegeben sein. Für die Planung und den Betrieb der Anlage wird ein Geschäftsmodell aufgestellt, welches für einen Markteintritt förderlich ist. Das erarbeitete Modell hat den Anspruch, unterschiedliche Rahmenbedingungen und Eingangsparameter flexibel zu berücksichtigen.

      Die Ergebnisse ermöglichen potenziellen Investoren eine interdisziplinäre7 Bewertung für den Einsatz von saisonalen Wärmespeichern und zeigen Chancen für die Umsetzung einer nachhaltigen Wärmeversorgung auf.

      1.3 Aufbau der Arbeit

      Die Forschungsfrage der Arbeit, die ganzheitliche Bewertung eines nachhaltigen Wärmeversorgungssystems mit einem saisonalen Wärmespeicher, wird in sieben Kapiteln bearbeitet. Der Forschungsablauf kann in Abbildung 1-2 nachvollzogen werden.

      Abbildung 1-2:

      Inhaltlicher Aufbau der Arbeit

      In Kapitel 1 werden die Problemstellung und die Ziele der Arbeit vorgestellt. Der Fokus liegt auf der Darstellung der Forschungsfrage sowie der vielschichtigen Lösungswege.

      Anschließend werden die theoretischen Grundlagen in Kapitel 2 erläutert. Dabei wird ein Bogen von den politischen Klimazielen zu der Wärmeversorgung in der Bundesrepublik Deutschland zu dem Einsatz von erneuerbaren Energien geschlagen. Die Funktionsweise von saisonalen Wärmespeichern wird vorgestellt. Am Ende des Kapitels wird die Lebenszyklusbewertung


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