Die ersten Menschen im Mond. Herbert George Wells

Die ersten Menschen im Mond - Herbert George Wells


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und ein vertrauensvoller Bäcker kam jeden Tag. Es war vielleicht nicht im Stil von Sybaris, aber ich habe schlimmere Zeiten erlebt. Der Bäcker tat mir ein wenig leid, denn er war wirklich ein sehr anständiger Mann, aber selbst für ihn hoffte ich.

      Wenn jemand Einsamkeit sucht, so ist sicherlich Lympne der Ort. Es liegt im Lehmteil von Kent, und mein Häuschen stand auf dem Rande einer alten Meeresklippe und blickte über die Marschebene von Romney aufs Meer hinaus. Bei sehr nassem Wetter ist der Ort fast unzugänglich, und ich habe gehört, der Postbote gehe zuzeiten die saftigeren Teile seiner Straße mit Brettern an den Füßen. Ich habe es nie gesehen, aber ich kann es mir ganz gut vorstellen. Vor den Türen der wenigen Hütten und Häuser, die das gegenwärtige Dorf ausmachen, stecken große Birkenbesen, mit denen man den schlimmsten Lehm abfegt, was eine ungefähre Vorstellung von der Beschaffenheit des Distrikts geben wird. Ich zweifle, ob der Ort überhaupt vorhanden sein würde, wenn er nicht eine verblassende Erinnerung an auf ewig vergangene Dinge wäre. Er war zu römischen Zeiten der große Hafen Englands, Portus Lemanus, und jetzt ist das Meer vier Meilen entfernt. Den ganzen steilen Hügel hinunter findet man Geröll und Massen römischer Ziegel, und von ihm aus springt die alte Watling Street, stellenweise noch gepflastert, wie ein Pfeil nach Norden. Ich stand oft auf dem Hügel und dachte an all das, die Galeeren und Legionen, die Gefangenen und Offiziere, die Spekulanten wie mich, den ganzen Schwarm und Tumult, der im Hafen ein und aus rasselte. Und jetzt gerade noch ein paar Haufen Geröll auf einem Grashang, ein oder zwei Schafe – und ich! Und wo der Hafen gewesen war, lagen die Marschflächen, die sich rings in weiter Kurve bis zum fernen Dungeneß herumschwangen und hier und dort mit drei Bäumen und dem Kirchturm mittelalterlicher Städte gesprenkelt waren, die jetzt Lemanus in das Verlöschen folgten.

      Jener Ausblick auf die Marsch war denn auch eine der schönsten Aussichten, die ich je gesehen habe. Ich glaube, Dungeneß war fünfzehn Meilen entfernt; es lag wie ein Floß auf dem Meere, und weiter nach Westen hin lagen die Hügel von Hastings unter der untergehenden Sonne. Bisweilen hingen sie nah und klar, bisweilen schienen sie blaß und niedrig, und oft verbarg der Zug des Wetters sie dem Auge ganz. Und all die näheren Teile der Marsch waren von Gräben und Kanälen durchzogen und erhellt.

      Das Fenster, an dem ich arbeitete, überblickte den Horizont dieses Kammes, und von diesem Fenster aus kam mir Cavor zuerst vor die Augen. Ich rang gerade mit meinem Szenarium und hielt meinen Geist an die bloße, harte Arbeit daran niedergedrückt, und natürlich genug störte er meine Aufmerksamkeit.

      Die Sonne war untergegangen, der Himmel war eine lebhafte Ruhe von Grüns und Gelbs, und gegen ihn tauchte er schwarz auf – die sonderbarste kleine Gestalt.

      Er war ein kurzer, rundleibiger, dünnbeiniger kleiner Mann mit etwas Ruckweisem in seinen Bewegungen; er hatte es für angebracht gehalten, seine außerordentliche Seele in eine Kricketmütze, einen Überrock und Radfahrhose und -Strümpfe zu kleiden. Warum er das tat, weiß ich nicht, denn er fuhr nie Rad und spielte nie Kricket. Es war ein zufälliges Zusammentreffen von Kleidungsstücken, das sich, ich weiß nicht wie, ergeben hatte. Er gestikulierte mit den Händen und Armen, warf seinen Kopf umher und summte. Er summte wie etwas Elektrisches. Nie hat man so ein Summen gehört. Und von Zeit zu Zeit räusperte er sich mit ganz außerordentlichem Lärm.

      Es war Regen gefallen, und jenes, sein krampfhaftes Gehen, wurde noch durch die äußerste Schlüpfrigkeit des Fußpfads verstärkt. Genau, als er vor die Richtung der Sonne kam, machte er Halt, zog eine Uhr heraus, zögerte. Dann machte er mit einer Art krampfhafter Geste kehrt und zog sich mit jedem Zeichen der Eile zurück; er gestikulierte nicht mehr, sondern ging mit weiten Schritten, die das relativ große Format seiner Füße – sie wurden, wie ich mich erinnere, im Format durch anhaftenden Lehm grotesk übertrieben – so vorteilhaft wie nur möglich zeigten.

      Dies geschah am ersten Tage meines Aufenthalts, als meine Dramenschreibe-Energie auf ihrer Höhe stand, und ich betrachtete den Zwischenfall nur als eine ärgerliche Ablenkung – die Verschwendung von fünf Minuten. Ich kehrte zu meinem Szenarium zurück. Aber als sich die Erscheinung am Abend darauf mit merkwürdiger Präzision wiederholte, und sogar jeden Abend, wenn kein Regen fiel, wurde die Konzentration und das Szenarium zu einer beträchtlichen Anstrengung. »Zum Henker mit dem Kerl,« sagte ich, »man könnte meinen, er wolle Marionettenspielen lernen!« und mehrere Abende lang verfluchte ich ihn aus ganzem Herzen.

      Dann wich mein Ärger dem Staunen und der Neugier. Warum auf aller Welt konnte ich es nicht mehr aushalten, und sobald er erschien, öffnete ich das französische Fenster, ging über die Veranda und nahm die Richtung auf den Punkt zu, wo er unabänderlich Halt machte.

      Er hatte die Uhr gezogen, als ich ihn erreichte. Er hatte ein rundes, rotes Gesicht mit rötlichbraunen Augen – bisher hatte ich ihn nur erst gegen das Licht gesehen. »Einen Moment, Herr,« sagte ich, als er kehrt machte.

      Er starrte. »Einen Moment«, sagte er, »sicherlich. Oder wenn Sie länger mit mir zu reden wünschen und es nicht zu viel verlangt ist – Ihr Moment ist vorbei – wäre es Ihnen zu viel Mühe, wenn Sie mich begleiteten?«

      »Nicht im geringsten,« sagte ich, indem ich mich neben ihn begab.

      »Meine Gewohnheiten sind regelmäßig. Meine Zeit für den Verkehr – begrenzt.«

      »Dies, nehme ich an, ist Ihre Zeit für die Bewegung?«

      »Ganz recht. Ich komme hierher, um den Sonnenuntergang zu genießen.«

      »Das ist nicht wahr.«

      »Herr?«

      »Sie sehen ihn nie an.«

      »Sehe ihn nie an?«

      »Nein. Ich habe Sie dreizehn Abende beobachtet, und Sie haben kein einziges Mal nach dem Sonnenuntergang geblickt – kein einziges Mal.«

      Er runzelte die Stirn, wie einer, der auf ein Problem stößt.

      »Nun, ich genieße das Sonnenlicht – die Atmosphäre – ich gehe diesen Pfad entlang, durch die Pforte da« – er ruckte mit dem Kopf über die Schulter – »und herum – –«

      »Das ist nicht wahr. Das haben Sie nie getan. Das ist alles Unsinn. Es gibt da gar keinen Weg. Heut abend, zum Beispiel – –«

      »O! Heut abend! Lassen Sie sehen; Ah! ich blickte gerade auf meine Uhr, sah, daß ich schon drei Minuten über die präzise halbe Stunde ausgewesen war, entschied, ich hätte keine Zeit mehr, herumzugehn, machte kehrt –«

      »Das tun Sie immer.«

      Er sah mich an und dachte nach. »Vielleicht ja, jetzt, wo ich drüber nachdenke. Aber worüber wollten Sie mit mir reden?«

      »Nun, darüber!«

      »Darüber?«

      »Ja. Warum tun Sie das? Jeden Abend kommen Sie und machen ein Geräusch – –«

      »So« – ich ahmte sein summendes Geräusch nach.

      Er sah mich an, und es war klar, das Summen erweckte Widerwillen. » Das tue ich?« fragte er.

      »Jeden lieben Abend.«

      »Ich hatte keine Ahnung.«

      Er blieb stehen. Er sah mich ernst an. »Ist es möglich,« sagte er, »daß ich eine Angewohnheit angenommen habe?«

      »Nun, es sieht so aus. Nicht wahr?«

      Er zog zwischen Finger und Daumen die Unterlippe herab. Er blickte eine Pfütze zu seinen Füßen an.

      »Mein Geist ist sehr beschäftigt,« sagte er. »Und Sie wollen wissen, warum! Ja, Herr, ich kann Sie versichern, daß ich nicht nur nicht weiß, warum ich diese Dinge tue, sondern ich wußte nicht einmal, daß ich sie tat. Wenn ich nachdenke, es ist genau, wie Sie sagen; ich bin nie über das Feld hinausgegangen ... Und diese Dinge belästigen Sie?«

      Aus irgendeinem Grunde begann ich versöhnlicher gegen ihn zu werden. » Belästigen nicht,« sagte ich. »Aber – stellen Sie sich vor, Sie schrieben ein Drama!«

      »Könnte ich nicht.«

      »Nun,


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