Der exzellente Butler Parker Staffel 2 – Kriminalroman. Günter Dönges
kaum in der Lage sein, mit der nötigen Unbefangenheit aufzutreten.«
»Selbstverständlich habe ich auch das bedacht, Mister Parker«, gab Lady Simpson unwirsch zurück. »Also werde ich mich doch der doppelten Aufgabe stellen müssen ...«
»Halt!« unterbrach Rander. »Ich habe eine Idee.«
»Da bin ich aber gespannt«, stichelte Kathy Porter. »Womöglich willst du dich selbst als Mädchen verkleiden, Mike?«
»Das fehlte noch«, lachte der Anwalt. »Nein, ich habe gerade an Jane Auckhill gedacht.«
»Jane Auckhill?« überlegte Kathy Porter. »Irgendwo habe ich den Namen schon gehört.«
»Natürlich, du kennst sie«, sagte Rander. »Jane Auckhill ist die Tochter eines Kollegen, mit dem ich seit Jahren Tennis spiele. Sie ist knapp achtzehn und britische Jugendmeisterin im Karate.«
»Ein ausgezeichneter Vorschlag, mein Junge«, lobte die Detektivin. »Was verstehe ich unter Karate, Mister Parker?«
»Mylady verwenden den Begriff ›Karate‹ als Bezeichnung für eine asiatische Kampfsportart, falls der Hinweis gestattet ist«, half der Butler aus.
»Sehr gut«, stellte Agatha Simpson händereibend fest. »Und welche Qualitäten bringt die junge Dame sonst noch mit?«
»Alle, die wir brauchen«, Mylady«, entgegnete der Anwalt. »Sie hat das richtige Alter und die passende Figur. Sie ist blond und verteufelt hübsch.«
»Du scheinst dir das Mädchen ja sehr genau angesehen zu haben«, schmunzelte Kathy Porter und drohte Rander scherzhaft mit dem Finger.
»Außerdem ist sie intelligent und geistesgegenwärtig«, fuhr der Anwalt unbeirrt fort, als hätte er den Einwurf nicht gehört.
»Glaubst du denn wirklich, wir könnten das Mädchen einer derartigen Gefahr aussetzen, Mike?« gab Kathy Porter zu bedenken. »Meinst du, sie macht überhaupt mit? Und was werden ihre Eltern dazu sagen?«
»Natürlich muß ich mit Jane und ihren Eltern erst mal reden«, bekannte der Anwalt. »Aber ich könnte mir schon vorstellen, daß es klappt.«
»Gegebenenfalls sollte man damit rechnen, daß die Eltern der jungen Dame eine Sicherheitsgarantie für ihre Tochter fordern werden, Sir«, wandte Parker ein. »Ein solches Ansinnen dürfte als durchaus gerechtfertigt gelten, falls die Anmerkung erlaubt ist.«
»Terence und Rose Auckhill wären schlechte Eltern, wenn sie nicht um Janes Sicherheit besorgt wären«, gab Rander dem Butler recht. »Deshalb werde ich ihnen vorschlagen, daß Kathy und ich das Mädchen begleiten. Unauffällig natürlich, damit niemand merkt, daß wir zusammengehören.«
»Ihre Idee ist so vernünftig, mein lieber Junge, daß sie fast von mir stammen könnte«, mischte die Hausherrin sich wieder ein. »Genauer gesagt, wollte ich gerade denselben Vorschlag unterbreiten.«
»Dann brechen wir am besten gleich auf«, meinte Rander mit einladendem Seitenblick auf seine Begleiterin. »So etwas kann man nicht am Telefon regeln. Deshalb sollten wir bei den Auckhills vorbeifahren und in aller Offenheit mit ihnen über die Sache sprechen.«
Die Besucher erhoben sich und verabschiedeten sich von der Gastgeberin.
»Sobald ich etwas Endgültiges weiß, rufe ich hier an«, versprach der Anwalt.
»Und ich werde die Zeit nutzen, um noch ein wenig an meinem taktischen Konzept zu feilen, Mister Parker«, kündigte die Hausherrin an, nachdem der Butler die Gäste zur Tür gebracht hatte.
Weisungsgemäß trug Parker seiner Herrin die gewünschten Stärkungsmittel ins Studio hinauf und begab sich dann wieder in den Salon, um den Teetisch abzuräumen.
Wenig später ließen wohlvertraute Geräusche aus dem Obergeschoß die jahrhundertealten Eichenbalken des Hauses erbeben. Myladys Meditation hatte ihren Höhepunkt erreicht ...
*
Lady Simpson war auf einen längeren Aufenthalt eingerichtet. Vor der Abfahrt hatte sie darauf bestanden, daß Parker einen wohlgefüllten Picknickkorb auf dem Rücksitz seines hochbeinigen Monstrums plazierte.
Inzwischen hatte der Butler sein schwarzes, eckiges Gefährt schräg gegenüber dem Eingang der Diskothek »Flashlight« abgestellt, und Mylady widmete sich mit Feuereifer getrüffelter Fasanenbrust in Aspik.
»Wie spät ist es, Mister Parker?« wollte sie wissen.
»In wenigen Sekunden neun Uhr, Mylady«, meldete der Butler. »Mit dem Eintreffen von Miß Auckhill, Miß Porter und Mister Rander dürfte in kürzester Zeit zu rechnen sein, falls man sich nicht gründlich täuscht.«
Parker hatte sich nicht getäuscht. Eben bogen Myladys Gesellschafterin und ihr Vermögensberater um eine Straßenecke und steuerten den Eingang der Diskothek an.
Die ältere Dame winkte verstohlen, als der Butler sie auf die beiden aufmerksam machte, doch Kathy Porter und Mike Rander streiften das wohlbekannte Fahrzeug nur mit flüchtigen Blicken. Der Gruß blieb unerwidert.
»Bei der jungen Dame im rosafarbenen Kleid, die sich momentan aus der Gegenrichtung nähert, dürfte es sich mit einiger Sicherheit um Miß Auckhill handeln«, machte Parker seiner Herrin auf das blonde Mädchen aufmerksam, das kurz nach den beiden den Eingang des Tanzlokals durchschritt.
Mike Rander hatte nicht zu viel versprochen. Jane Auckhill war wirklich eine ungewöhnlich attraktive Erscheinung, in der sich mädchenhafte Gesichtszüge und frauliche Formen auf reizvollste Weise verbanden. Wenn das kein Appetithappen für den Entführer war ...
*
»Da kommt sie!« rief Mike Rander seiner Begleiterin zu, als Jane Auckhill in ihrem rosefarbenen Kleid den von farbigen Lichtblitzen durchzuckten Raum betrat. Eine Verständigung in normaler Lautstärke war wegen des akustischen Infernos unmöglich, das aus den imposanten Lautsprecherboxen dröhnte.
Die beiden hatten sich gerade an einem Tisch niedergelassen, der zwar abseits der Tanzfläche lag, aber ungehinderte Blicke auf die verschiedenen Ein- und Ausgänge erlaubte. Davon gab es eine ganze Reihe: zum Billardzimmer, zur Küche, zu den Toiletten, zum Büro des Geschäftsführers ...
Jane Auckhill hatte die bekannten Gesichter auch entdeckt. Sie ließ sich aber nichts anmerken und steuerte einen freien Tisch am Rand der gläsernen Tanzfläche an, die von Unterflurscheinwerfern in fast magisches Licht getaucht wurde.
Die junge Dame bestellte sich eine Cola und sah den Tanzenden zu, die im Rhythmus der Musik alle verfügbaren Glieder verrenkten und im Takt in die Hände klatschten. Es dauerte nicht lange, bis ein junger Mann in tadellos gescheiteltem Blondhaar und modischem Glitzerjackett von seinem Barhocker glitt und Kurs auf Jane Auckhill nahm.
Mit einer formvollendeten Verbeugung, die in dieser Umgebung ein wenig deplaziert wirkte, forderte er die blonde Schöne zum Tanzen auf. Jane Auckhill willigte ein, und fast gleichzeitig erhoben sich auch Kathy Porter und Mike Rander von ihren Plätzen.
Beide richteten es so ein, daß sie beim Tanzen stets in der Nähe des jungen Mädchens blieben, Mike Rander prägte sich vorsichtshalber die Gesichtszüge von Janes Partner ein. Ob das schon ein Mitglied der Entführerbande war? Wie ein Krimineller sah der junge Mann zwar nicht aus, aber was bedeutete das schon ...
Dem Anwalt rann der Schweiß in Strömen in den Hemdkragen, als das blonde Mädchen dem Unbekannten endlich durch eine Geste zu verstehen gab, daß ihr Bewegungsdrang vorerst gestillt war. Höflich geleitete der junge Mann sie an ihren Platz zurück, verneigte sich und steuerte wieder die Bar an.
Mike Rander und Kathy Porter waren ebenfalls an ihren Tisch zurückgekehrt. Sie sahen, wie Jane Auckhill dem Kellner winkte und auf ihr Colaglas deutete, das sie nach dem Tanz in durstigen Zügen geleert hatte.
Zwei Minuten später war der Kellner mit einer weiteren Cola zur Stelle. Als er das leere Glas auf sein Tablett stellen und das volle auf dem Tisch absetzen wollte, passierte es: Jane Auckhill sprang zwar geistesgegenwärtig vom Stuhl hoch, als das volle