Der exzellente Butler Parker Staffel 2 – Kriminalroman. Günter Dönges
mein Kopf!« waren Achmed Abdullah Hadsch Brahims erste Worte, als er irritiert die Augen aufschlug und Lady Agatha in der Pose einer zürnenden Walküre über sich sah. Der stechende Geruch der gelblichen Kristalle in Parkers Fläschchen hatte ihn schnell wieder in die schmerzliche Wirklichkeit zurückgeholt.
Gleich darauf schloß der Gangster aus dem Morgenland wieder die Augen und ließ den Kopf an die Wand zurücksinken, gegen die Parker ihn in sitzender Haltung gelehnt hatte. Doch im nächsten Moment schienen die Kopfschmerzen vergessen.
Mit einem verzweifelten Satz wollte Hadsch Brahim vom Boden aufspringen, doch die Handschellen setzten seinem Bemühen ein vorzeitiges Ende. Jammernd ließ er sich wieder zurückfallen.
»Na gut«, preßte der Hausherr mit schmerzverzerrtem Gesicht mühsam hervor. »Sie haben gewonnen. Ich muß zugeben, daß ich Sie unterschätzt habe.«
»Sie sind nicht der erste, der meine Fähigkeiten unterschätzt, Mister Matschbraten«, triumphierte die ältere Dame.
»Was wollen Sie von mir?« fragte der Gangster mißtrauisch.
»Ich werde Sie jetzt verhören, bis Sie ein umfassendes Geständnis ablegen«, kündigte die Detektivin an und maß den am Boden hockenden Gangsterboß mit verächtlichen Blicken.
»Mein Name ist Hadsch Brahim«, wagte er die resolute Dame zu korrigieren, »wobei Brahim der eigentliche Familienname ist und Hadsch ein Ehrentitel, den nur ein Moslem tragen darf, der schon einmal zu den heiligen Stätten von Mekka gepilgert ist.«
»Wie auch immer, Mister Matschbraten«, fuhr Agatha Simpson unbeirrt fort. »Namen sind Schall und Rauch. Mich interessiert nur Ihr Geständnis.«
»Aber was für ein Geständnis denn, Mylady?« spielte der Hausherr den Ahnungslosen. »Achmed Abdullah Hadsch Brahim ist ein durch und durch ehrenwerter Geschäftsmann, der nichts zu gestehen hat.«
»Das wird sich zeigen«, entgegnete die Detektivin kühl. »Mister Parker wird Ihnen jetzt die Fragen stellen, die ich vorbereitet habe. Und wagen Sie es nicht, auch nur einen Millimeter von der Wahrheit abzuweichen. Eine Kriminalistin merkt das sofort.«
»Darf man sich bei Ihnen zunächst nach dem Verbleib von Miß Jane Auckhill erkundigen, Mister Hadsch Brahim?« kam der Butler dem Wunsch seiner Herrin nach.
»Jane Auckhill?« wiederholte sein Gegenüber. »Ich kenne niemanden, der so heißt.«
»Kaum macht der Schurke den Mund auf, kommt schon eine Lüge heraus!« empörte sich Agatha Simpson. Und sie ließ es nicht bei Worten bewenden.
Hadsch Brahim jaulte wie ein Hund, der mit dem Schwanz in eine Drehtür geraten ist, als Mylady ihn eine ihrer gefürchteten Ohrfeigen kosten ließ. Das luxuriöse Brillengestell flog an die Wand. Tränen traten in die Augen des Mannes, während Myladys gespreizte Finger sich auf seiner Wange abzuzeichnen begannen.
»Das war nur eine Kostprobe, Mister Matschbraten«, herrschte Agatha Simpson den Hausherrn an. »Sollten Sie noch mal die Dreistigkeit aufbringen, mir ins Gesicht zu lügen, müßte ich eine deutlichere Sprache sprechen.«
»Nur nicht«, rief Hadsch Brahim entsetzt aus. »Das war deutlich genug. Mit dem Namen Jane Auckhill kann ich aber wirklich nichts anfangen.«
»Bei Miß Auckhill handelt es sich um die junge Dame, die heute abend aus der Diskothek ›Flashlight‹ entführt und vor etwa einer Stunde von zwei Männern in einem dunkelgrünen Volvo zu Ihnen gebracht wurde, Mister Hadsch Brahim«, wurde der Butler deutlicher.
»Ach, die meinen Sie!« nickte der Gangster. »Sie ist nicht hier.«
»Er lügt schon wieder«, stellte Lady Agatha fest und versetzte genüßlich ihren Pompadour in Schwingung.
»Nein!« schrie Hadsch Brahim und wollte schützend die Hände über den Kopf heben, was ihm aber wegen der Handschellen nicht recht gelang.
»Möglicherweise darf man um Auskunft darüber bitten, wohin Miß Auckhill gebracht wurde, wenn sie wirklich nicht mehr hier ist, Mister Hadsch Brahim«, blieb Parker am Ball.
»Ich habe die Burschen mit dem Mädchen wieder weggeschickt«, behauptete der Gangster. »Ich ahnte ja, daß Sie mir auf der Spur waren. Deshalb war es mir zu heiß, die Kleine hier im Haus zu behalten.«
»Ich glaube dem Schuft natürlich kein Wort, Mister Parker«, fuhr Lady Simpson mit ihrem sonoren Organ dazwischen und ließ demonstrativ ihren Pompadour wippen.
»Darf man Sie darauf aufmerksam machen, daß ein Zipfel von Miß Auckhills Kleid unter der Kofferraumhaube des genannten Fahrzeugs eingeklemmt war, als die Entführer bei Ihnen vorfuhren, Mister Hadsch Brahim«, setzte der Butler das Verhör fort. »Als die Herren wieder davonfuhren, war das verräterische Läppchen verschwunden, sofern der Hinweis gestattet ist.«
»Ich weiß«, bestätigte Hadsch Brahim resigniert. »Ich selbst habe die Trottel darauf aufmerksam gemacht.«
»Eine plausibel klingende Behauptung, deren Wahrheitsgehalt man zu einem späteren Zeitpunkt eingehend überprüfen sollte, Mister Hadsch Brahim«, merkte Parker an. »Falls man sich nicht täuscht, sind Sie aber bisher eine konkrete Antwort auf die Frage nach Miß Auckhills Verbleib schuldig geblieben.«
»Ich habe den Burschen gesagt, sie sollen das Mädchen zu ihrem Chef zurückbringen«, gab Hadsch Brahim zur Antwort.
»Darf man vermuten, daß Sie den Inhaber der Diskothek ›Flashlight‹ zu meinen belieben?«
»Wen sonst? Soll Marbert doch selbst die Suppe auslöffeln, die seine unfähigen Leute ihm eingebrockt haben.«
»Man darf aber als gesichert ansehen, daß Sie den Auftrag zur Entführung der jungen Dame gaben, Mister Hadsch Brahim?«
»Nicht direkt«, wich Parkers Gegenüber aus.
»Eine Antwort, die Mylady fraglos nicht zufriedenstellen wird, Mister Hadsch Brahim.«
»Weitere Auskünfte kann ich Ihnen beim besten Willen nicht geben, Parker«, wand sich der Gangster. »Ich würde mein eigenes Leben aufs Spiel setzen.«
»Das ist ohnehin keinen Pfifferling mehr wert, Mister Matschbraten«, schaltete Mylady sich wieder ein. Ruckartig zog die resolute Dame eine der martialischen Hutnadeln, die das Format von Grillspießen besaßen, aus dem abenteuerlichen Filzgebilde auf ihrem Kopf. Drohend fuchtelte sie mit der nadelscharfen Spitze vor Hadsch Brahims Nase herum.
»Nein, nein!« rief der Gangster weinerlich. »Ich habe Frauen und Kinder daheim im Scheichtum. Denken Sie an das Schicksal der armen Waisen.«
»So, so«, entgegnete die Detektivin süffisant. »Eine Familie haben Sie auch?«
»Fünf Frauen?« entrüstete sich die konservative Lady. »Das ist an sich schon ein Ausbund von Unzucht. Und dann wollten Sie noch dieses arme Mädchen ...?«
»Nein«, wehrte Hadsch Brahim heftig ab. »Die Kleine war doch nicht für mich bestimmt.«
»Ich werde doch andere Saiten aufziehen müssen, Mister Parker«, sagte Lady Agatha. »Sehen Sie mir genau zu, damit Sie endlich lernen, wie man das macht.«
Hadsch Brahim atmete erleichtert auf, als Mylady die Hutnadeln an ihren Platz zurücksteckte, doch er hatte sich zu früh gefreut. Beherzt faßte die resolute Dame den am Boden hockenden Gangster bei den Ohren und begann an den fleischigen Hörorganen zu drehen, als hätte sie die Knöpfe eines Radios in der Hand.
Der Hausherr jammerte und wand sich, aber aus dem Griff der Lady gab es kein Entrinnen.
»Wird’s bald, Mister Matschbraten?« herrschte sie den Mann an und stellte sich mit ihren rustikalen Schnürschuhen auf seine Füße, was weitere Jaultöne auslöste. »Was hatten Sie mit der armen Jane vor?«
»Ich ... ich wollte sie aufs Schiff bringen«, stieß der Gangster eilig hervor, sobald Mylady seine Lauschtrichter wieder freigegeben hatte.
»Darf man gegebenenfalls um nähere Auskunft darüber