Tristan und Isolde. Gottfried von Straßburg
ist er so zu Hof gekommen?
Viel solcher Rede noch geschah;
Der gute König schickt' ihn da
Sogleich zur Kemenaten
Und ließ ihn da berathen
Mit herrlichen Gewanden;
Auch ward er von Tristanden
Gebadet und gekleidet schnelle.
Ein Hütlein war für ihn zur Stelle,
Das setzt' aufs Haupt der werthe Mann:
Da stand es keinem beßer an,
Denn schön von Antlitz war der Held,
Jeder Zug ins Ebenmaß gestellt.
Tristan nahm ihn an die Hand
Herzlich, wie ers im Herzen fand,
Und führt' ihn wieder hin zu Mark.
Da begann er ihnen stark
Und mächtig zu gefallen.
Eine Rede wars bei Allen:
Seht, wie gut Gewand so bald
Den Mann gemacht hat wohlgestalt!
Die Kleider stehn dem Kaufmann
Schön, ja unvergleichlich an;
Auch schaut er selber fürstengleich.
Wer weiß, er ist der Ehren reich:
Er hat davon die Weise wohl,
Wenn man die Wahrheit sagen soll.
Seht nur, wie herrlich er geht
Und wie ihm Thun und Laßen steht
In höfischen Gewanden.
Auch mag man an Tristanden
Seinen Werth gar wohl erschaun:
Ein Geschäftsmann könnte traun
Sein Kind so höfisch nicht erziehn,
Wär ihm nicht edler Sinn verliehn.
Als man jetzt das Waßer nahm
Und der König zu den Tischen kam,
Da setzt' er seinen Gast Rual
An seine Tafel und befahl,
Daß man ihm höfisch dien und wohl
Wie man dem Höfschen dienen soll.
Zu Tristan sprach er: »Vor der Schar
Der Gäste nimm des Vaters wahr.«
Nun, ich will meinen, das geschah.
Er bot ihm so viel Ehre da
Als ihm Jemand bieten könnte,
Weil es sein Herz ihm gönnte.
Auch aß Rual der gute
Sein Theil mit willgem Muthe,
Denn Tristan macht' ihn froh und frank,
Tristan würzt' ihm Speis und Trank;
Daß er Tristan vor sich sah,
War das höchste Heil, das ihm geschah.
Als nun zu Ende gieng das Mal,
Unterhielt der König sich im Saal
Mit dem Gast und fragt' ihn allerhand,
Sowohl von seinem Heimatland
Als über seine Reise.
Sie sprachen nicht so leise,
Die Ritter hörtens und die Herrn
Und vernahmen seine Märe gern.
»Herr«, sprach Rual, »es geht fürwahr
Jetzt schon tief ins vierte Jahr,
Seit ich aus meiner Heimat schied;
Und wo ich immer hingerieth
Nicht andrer Märe fragt' ich nach,
Als der, die mir am Herzen lag
Und um die ihr mich auch hier erseht.«
»Was war das?« – »Tristan, der hier steht.
Und doch hab ich Kinder eine Zahl,
Fürwahr, Herr, die mir Gott befahl,
Und gönn es allen auch so wohl
Als man nur seinen Kindern soll:
Drei Söhne: wär ich dort geblieben,
Nicht länger braucht ichs zu verschieben,
Zwei möchten jetzt wohl Ritter sein.
Und hätt ich nur die halbe Pein
Erlitten um sie alle Drei,
Wie fremde mir auch Tristan sei,
Die ich um ihn allein ertrug,
Es wär fürwahr des Leids genug.«
»Fremde?« fiel der König ein,
»Sagt mir an, wie kann das sein?
Euer Sohn doch ist er, wie er spricht.«
»Nein, Herr, verwandt ist er mir nicht,
Als nur sofern, ich bin sein Mann.«
Tristan erschrak und sah ihn an.
Der König sprach: »So thut uns kund,
Warum denn und aus welchem Grund
Erlittet ihr um ihn die Noth,
Daß ihr Weib und Kinder floht,
Wie ihr sprecht, so lange Frist,
Wenn er euer Sohn nicht ist?«
»Herr König, das weiß Gott und ich.«
»Freund, so belehrt davon auch mich«,
Begann der gute König,
»Es wundert mich nicht wenig.«
»Wüst ich«, sprach der Getreue,
»Daß es mich nicht gereue
Und daß mir diese Märe
Zu sagen ziemend wäre:
Herr, so möcht ich Wunder sagen,
Wie sich das Ding hat zugetragen
Und gefügt von Anfang an
Mit euerm Diener Tristan.«
Der König und die Herrn zumal
Und als das Ingesind im Saal,
Die baten ihn zur Stunde
Wie aus Einem Munde:
»Sagt uns, seliger Mann,
Getreuer Mann, wer ist Tristan?«
Da hub der Marschall an und sprach:
»Herr, es geschah vor manchem Tag,
Wie ihr wohl wißt und alle die,
Die zu den Zeiten waren hie,
Mit Riwalin, dem Herren mein,
Des Mann ich war und sollte sein
Noch heut, wenn Gott nur wollte,
Daß er noch leben sollte –
Daß er so viel zu euerm Preise
Vernahm und in so mancher Weise,
Bis er Leute mir und Land
Zumal befahl in treue Hand.
Zu diesen Landen kam er so,
Daß