Codename E.L.I.A.S. - Kaltgestellt. Mila Roth

Codename E.L.I.A.S. - Kaltgestellt - Mila Roth


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nein? Was ist denn aus der Kleinen geworden, mit der du dich damals in Deutschland herumgetrieben hast? Wie hieß sie noch gleich? Brigit?«

      Michael stocherte in seinem Kartoffelsalat herum. »Brianna. Wir sind schon lange nicht mehr zusammen.«

      »Aber ihr seid noch in Kontakt. Ich sehe es dir an.«

      »Erst seit gestern wieder. Sie hat mir im Krankenhaus aus der Patsche geholfen. Ein Grund mehr für mich, möglichst schnell an Cash zu kommen.«

      »Du schuldest deiner Ex-Freundin das Geld für die Krankenhausrechnung?« Amüsiert kicherte Linda. »Interessant, dass sie dir so anstandslos geholfen hat.«

      »Ich habe nicht gesagt, dass wir damals im Streit auseinandergegangen sind.«

      »Aha.« Sie musterte ihn mit bedeutsamem Blick.

      »Hast du Lukes Nummer?«, wechselte er rasch das Thema. Es reichte ihm bereits, dass Brianna ihm mit Fragen zum abrupten Ende ihrer gemeinsamen Vergangenheit im Nacken sitzen würde. Mit Linda wollte er dieses Thema bestimmt nicht erörtern. Außerdem gab es im Augenblick Wichtigeres zu klären als seinen Beziehungsstatus.

      Linda kritzelte bereits eine Handynummer auf einen Notizzettel und schob ihn in seine Richtung. Dann widmete auch sie sich ihrem Essen.

      Nachdem Michael vorsichtig das Fleisch und den Salat probiert hatte, aß er mit Genuss. Linda hatte nicht zuviel versprochen. Zwar war sein Gaumen nicht gerade verwöhnt, hatte er doch die meiste Zeit der letzten zwei Jahre entweder in afrikanischen Wüsten oder in den afghanischen oder kaukasischen Bergen verbracht, doch mit Verstand und Liebe zubereitete Lebensmittel schätzte er sehr. »Wie lange wird es dauern, bis du mehr über den unbekannten Hacker herausgefunden hast?«

      »Das ist schwer zu sagen. Drei, vier Tage, je nachdem, wie viel Douglas mir dabei hilft. Er ist eigentlich mit seiner neuen Flamme da und will ihr die Stadt zeigen und so ...« Auf Michaels finsteren Blick hin seufzte sie. »Schon gut, schon gut, ich mache ihm ein bisschen Feuer unter dem Hintern. Aber nur, weil wir in der Vergangenheit immer gute Geschäfte miteinander gemacht haben.«

      »Danke, Linda.«

      »Hast du überhaupt noch Geld?«

      Er zuckte die Achseln.

      »Die Rechnung geht auf mich.« Sie lächelte ihm mütterlich zu. »Dafür schuldest du mir einen Gefallen.«

      »Geht klar.« Er lächelte zurück und prostete ihr mit seinem Wasser zu.

      Ж Ж Ж

      Untätigkeit war etwas, das Michael nicht gut vertrug. Deshalb hatte er nicht nur gleich nach dem Treffen mit Linda von seinem Motelzimmer aus ein Treffen mit Luke ausgemacht, sondern darüber hinaus den Nachmittag damit verbracht, alte Bekannte abzuklappern und herauszufinden, in welches Spiel er hineingeraten war.

      Seine offiziellen Kontakte gaben allesamt vor, ihn nicht zu kennen, oder waren gar nicht erst erreichbar. Die wenigen Leute, von denen er sich unter der Hand Informationen versprach, wussten von nichts oder waren wie vom Erdboden verschluckt. Die ganze Sache stank zum Himmel, aber es schien, als sei er tatsächlich erst einmal in L.A. gestrandet. Hätte er das Motelzimmer nicht im Voraus bezahlt, säße er spätestens am folgenden Morgen sogar auf der Straße. Schon jetzt überlegte er fieberhaft, wie er die Telefonrechnung begleichen sollte.

      Während seines Krankenhausaufenthalts hatte jemand das spartanisch eingerichtete Zimmer durchsucht. Unauffällig zwar, doch für das geübte Auge durchaus sichtbar. Und selbst wenn er die Spuren nicht entdeckt hätte – man hatte seine Ersatzwaffe, eine Glock 9 mm, sowie seine gesamte Munition entwendet und außerdem alles, was ihn auch nur ansatzweise als Michael Cavenaugh identifizieren konnte. Die Ersatzkreditkarte, Reisepass, Adressbuch. Sein Handy hatte man ihm nach der Explosion gestohlen. Da es sich lediglich um ein billiges Prepaid-Gerät gehandelt hatte, weinte er ihm keine Träne nach. Dummerweise konnte er sich mit den paar Kröten, die er noch besaß, kein neues Mobiltelefon leisten. Wenigstens hatten sie seinen Kleiderschrank nicht geplündert, denn der Armani-Anzug war nicht mehr zu retten gewesen.

      Als es kurz vor siebzehn Uhr an der Tür klopfte, saß Michael bereits wie auf heißen Kohlen. Sicherheitshalber griff er nach der erstbesten Schlagwaffe – einer Tischlampe – und hob sie mit der rechten Hand, während er mit der linken die Tür öffnete. Er atmete auf, als er die kräftige, breitschultrige Gestalt erkannte. Sofort ließ er die Lampe wieder sinken.

      »Hallo Mike.« Luke musterte ihn eingehend und warf einen abschätzenden Blick auf die Lampe. Er hob die Flasche Rotwein an, die er bei sich trug. »Meine Güte, hätte ich was Härteres mitbringen sollen? Du siehst ja grauenhaft aus.«

      »Komm rein.« Michael gab den Eingang zu seinem Zimmer frei und schloss hinter seinem Besucher die Tür. »Setz dich.« Er wies auf den einzigen Stuhl, doch Luke hatte es sich bereits auf dem Bett gemütlich gemacht. Also ließ er sich selbst vorsichtig auf der Sitzgelegenheit nieder und betrachtete seinen alten Freund genauer. Lukas Tanner war ein ehemaliges Mitglied der Special Forces. Sie hatten vor rund zehn Jahren angefangen, miteinander zu arbeiten, und danach nie ganz den Kontakt abgebrochen. Vor sieben Jahren hatte Luke bei einem Einsatz in Afghanistan den Großteil seines linken Fußes durch eine Granate verloren. Seine Unfallversicherung hatte ihm eine der besten und modernsten Fußprothesen ermöglicht. Seither lebte er von seiner Invalidenrente und lag damit dem Staat auf der Tasche. Mit der Behinderung kam er ausgezeichnet klar, konnte sogar rennen und klettern wie kaum ein vollkommen Unversehrter. Doch die Special Forces hatten ihn natürlich ausgemustert, und für den Innendienst hielt er sich selbst nicht geeignet. Hin und wieder, so auch vor dreieinhalb Jahren bei dem Einsatz in Deutschland, hatte er heimlich mitgewirkt – offiziell allerdings nur als Beobachter. Nachdem die Mission gescheitert war und Michael Hals über Kopf all seine Freunde und Partner hatte verlassen müssen, waren sie sich nicht mehr begegnet.

      Noch immer sah man Luke das jahrelange harte Training an, obgleich er um die Körpermitte allmählich etwas weicher zu werden schien. Mit Sicherheit war die fehlende Betätigung dafür verantwortlich. Wenn Michael den alten Freund richtig einschätzte, verbrachte dieser seine Tage wohl hauptsächlich am Strand oder bei irgendeiner holden Weiblichkeit. Ein Sonnyboy war er schon immer gewesen, und mit dem vollen hellbraunen Haar, dem gleichmäßigen Gesicht und dem gepflegt ungepflegten Dreitagebart wirkte er auch mit siebenundvierzig noch anziehend auf das weibliche Geschlecht.

      Obgleich Luke elf Jahre älter war als Michael, hatten sie sich immer gut verstanden und ähnliche Ansichten vertreten. Michael hoffte, dass sich das in den vergangenen Jahren nicht geändert hatte, denn er brauchte dringend Hilfe und jemanden, dem er vertrauen konnte.

      »Nun erzähl mal.« Luke lehnte sich bequem gegen das Kopfende des Bettes. Den Wein hatte er auf dem Nachttisch abgestellt. »Was hast du angestellt, dass sie dich von der Bildfläche radiert haben? Ich meine, das ist ja schon ziemlich drastisch, gleich deine gesamte Identität auszulöschen.«

      »Wem sagst du das. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was passiert ist. In der einen Minute war ich noch mitten in einem von langer Hand vorbereiteten Einsatz, in der nächsten fliegt mir ein halbes Bürogebäude um die Ohren. Mit meinem toten Kontaktmann und meiner Zielperson darin.«

      »Da hat also jemand zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Vielleicht sogar drei. Hat seither jemand versucht, mit dir Kontakt aufzunehmen?«

      »Nein. Eher im Gegenteil. Inzwischen scheinen mich selbst alte Bekannte nicht mehr zu kennen. Einige sind gleich ganz abgetaucht.«

      »Oder jemand hat auch sie erledigt?« Luke runzelte besorgt die Stirn. »Michael, ich will ja nicht den Teufel an die Wand malen, aber das sieht nicht so aus, als wollten sie dich in absehbarer Zeit zurück nach Langley holen. Für mich klingt das eher so, als hätten sie dich kaltgestellt. Und um sicherzugehen, dass du dich nicht wehrst, haben sie dir gleich mal alle Ressourcen gekappt.«

      »Sogar mein geheimes Bankkonto.« Diese Tatsache wurmte ihn besonders. »Wer auch immer dafür verantwortlich ist, weiß genau über mich Bescheid.«

      »Was an sich schon eine Bedrohung darstellt. Wer wusste außer dir von dem


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