Weniger schlecht Projekte managen. Anne Schüßler
mit dem Stakeholder durchaus in den normalen operativen Projektablauf eingebunden sein: Zu jedem zweiten Projektmeeting im Monat wird Stakeholder A eingeladen und hat die Möglichkeit, sich beim Projektteam in Bezug auf den Projektfortschritt zu informieren. Es können aber auch konkrete Termine in Abhängigkeit von der Projektplanung und bestimmten Meilensteinen mit Stakeholdern gemacht werden. Bevor die neue Software also in Betrieb genommen wird, planen Sie ein Meeting mit den Anwendern, um sie angemessen über die bevorstehenden Änderungen zu informieren.
WIE: Das »Wie« bezieht sich auf das geeignete Kommunikationsmedium. Die Teilnahme an regelmäßig stattfindenden Statusmeetings kann ein Kommunikationskanal sein, Veröffentlichungen zum Projekt im Intranet, die Einbindung der Presse und so weiter ein anderer. Bei diesen Maßnahmen befinden wir uns schon nah an der Grenze zum Projektmarketing, denn viele dieser Kommunikationskanäle sind klassische Marketingkanäle. Vergessen Sie aber nicht, dass auch das persönliche Gespräch mit einem Stakeholder, eventuell in einem informelleren Rahmen, eine wichtige und zielführende Maßnahme sein kann.
WELCHES ZIEL: Die Frage der Zielsetzung müssen Sie sich ebenfalls stellen. Wollen Sie überzeugen, oder wollen Sie »nur« informieren? Wie bereits dargestellt, sollte es darum gehen, bei den Stakeholdern möglichst das Konfliktpotenzial zu reduzieren. Je nachdem, ob Sie überzeugen oder informieren möchten, leiten Sie den Aufwand ab, den Sie mit Ihrer Maßnahme betreiben möchten.
Wer soll das bezahlen?
Nicht nur das Erstellen der Kommunikationsmatrix macht Arbeit, auch für die Durchführung der Maßnahme sollte der entsprechende Aufwand eingeplant werden. Natürlich verursacht Aufwand zwangsläufig auch immer Kosten, und es scheint zunächst nicht intuitiv, dass wir hier wirklich von Projektkosten sprechen, aber das tun wir tatsächlich. Dieser Aufwand muss genau so terminlich und kostenmäßig geplant werden wie alles andere auch, er ist Teil Ihres Projekts, so seltsam Ihnen das jetzt noch vorkommen mag. Nach diesem Kapitel sollte Ihnen aber auch bewusst sein, wie wichtig Analyse, Planung und Durchführung der Stakeholdermaßnahmen für eine erfolgreiche Zielerreichung Ihres Projekts sind. Da Stakeholdermanagement immer Zeit und Ressourcen kostet, muss sie eben auch eingeplant werden.
Stakeholdermanagement und Projektplanung
Natürlich gehören die Umfeldanalyse und das Stakeholdermanagement immer auch in meine Seminare zum Projektmanagement. Bevor die Teilnehmer eine Übung zum Thema absolvieren, wird ausführlich die Methodik der Bewertung erklärt. Zudem wird auf den Zusammenhang zwischen Maßnahmen und Planung hingewiesen.
In einer Übung müssen die Teilnehmer dann Stakeholder eines Fallbeispiels identifizieren und bewerten. Obwohl die Bewertung der Stakeholder aus dem Fallbeispiel manchmal recht unterschiedlich ausfällt, wird die Übung als sehr hilfreich wahrgenommen, da man sich überhaupt erst mal systematisch mit den unterschiedlichen Personen und Personengruppen beschäftigt und dafür sensibilisiert wird, dass es Maßnahmen geben muss, die Stakeholder von dem Projekt zu überzeugen.
Im Anschluss daran geht es darum, einen Projektstrukturplan zu entwickeln. Zwar wurde das Zusammenspiel von Stakeholdermanagement und Planung zuvor erörtert, trotzdem kommen die geeigneten Maßnahmen im Projektstrukturplan der Teilnehmer häufig noch zu kurz. Das zusätzliche Einbeziehen des Stakeholdermanagements ist ungewohnt, hier ist in der Regel noch Nachbesserungspotenzial.
Peter Schüßler
Weniger schlechtes Stakeholdermanagement
Sowohl die Umfeldanalyse als auch die Stakeholderanalyse finden in der aktuellen Projektpraxis so gut wie nicht statt oder sind zumindest Randerscheinungen des Projektmanagements. Um es schlicht auszusprechen: Eine systematische Stakeholderanalyse wird nicht gemacht, und systematisches Stakeholdermanagement wird einfach nicht betrieben.
Sachbezogen vs. projektbezogen
Nun haben wir doch gerade erst festgestellt, wie wichtig Analyse und Bewertung des Projektumfelds sind und wie wichtig es ist, diejenigen Personen und Personengruppen im Blick zu haben, die von unserem Projekt betroffen sind. Trotzdem wird dieser Teil des Projektmanagements sträflichst vernachlässigt. »Warum nur, warum?«, werden Sie sich als weniger schlechter Projektmanager verzweifelt fragen. Die Antwort ist recht einfach: Eine Stakeholderanalyse hat zunächst nichts mit dem Projektgegenstand zu tun.
Sie kennen das nur zu gut: Sie haben die Aufgabe, eine neue Software einzuführen, um den Vertrieb zu optimieren. Da gibt es eine Menge zu tun: Sie definieren die Anforderungen an die Software, Sie treffen sich mit potenziellen Anbietern, Sie entwickeln ein Grobkonzept und ein Detailkonzept und so weiter. Sie merken vielleicht schon, Ihre Arbeit ist sachbezogen, Sie bearbeiten den Projektgegenstand, aber Sie arbeiten eben nicht projektbezogen, Sie bearbeiten nicht Ihr Projekt. Wenn Sie projektbezogen arbeiten, dann beschäftigen Sie sich natürlich immer noch vorrangig mit der zu programmierenden Software, Sie beschäftigen sich aber auch damit, welche Auswirkungen die Einführung der Software auf die Personen hat, die später diese Software nutzen sollen. Sie beschäftigen sich außerdem damit, ob der Betriebsrat mit der Datenerfassung, die durch diese Software erfolgt, einverstanden ist, Sie versuchen, das noch kritische Mitglied der Geschäftsführung zu überzeugen, und Sie kümmern sich auch um den einen Kollegen, der Ihnen den Projekterfolg neidet.
Das, was hier so wortreich beschrieben wird, kann man mit einem einfachen Satz ausdrücken: SIE NEHMEN DIE MENSCHEN MIT! Genau darum geht es im Stakeholdermanagement: Menschen mitzunehmen, Menschen zu informieren, Menschen ihre Ängste vor Veränderung zu nehmen, Menschen von der Sache zu überzeugen und für die Sache zu begeistern. Das, in der sprichwörtlichen Nussschale, ist Stakeholdermanagement.
Spätestens jetzt wird Ihnen bewusst, warum wir uns neben den Methoden des Projektmanagements auch mit den Aspekten der Persönlichkeit des Projektmanagers beschäftigen. Spätestens jetzt stellen Sie sich vielleicht die Frage, ob Sie das überhaupt können, dieses abgefahrene Zeug mit Menschen begeistern und überzeugen. Das hat Ihnen niemand während des Studiums oder der Ausbildung erklärt, und das steht auch gar nicht in Ihrer Stellenbeschreibung!
Fragen Sie sich also, ob Sie diese Person sind oder ob Sie doch eigentlich lieber der Tüftler sein möchten, der alleine und ungestört in seinem Büro sitzt und etwas herumstrickt. Arbeiten Sie lieber sachbezogen, oder haben Sie das ganze Projekt im Blick und richten Ihr Handeln entsprechend aus? Wir werden Sie mit der Suche nach einer Antwort nicht alleine lassen und Ihnen in diesem Buch Hinweise dazu geben, wie Sie jenseits von Methodenkenntnissen auch persönlich an der Aufgabe des weniger schlechten Projektmanagers wachsen können.
Stakeholdermanagement kostet Geld
Die Fokussierung auf den Projektgegenstand (die sachbezogene Arbeit) hat oftmals zwei Gründe. Erstens ist es für viele Menschen das, was sie erfahrungsgemäß können und wo sie sich sicher und einigermaßen zu Hause fühlen. Gerade in technischen Berufen finden Sie nicht zwangsläufig Menschen, die Ihren Beruf primär gewählt haben, weil Sie »gerne was mit Menschen« machen wollten. Zweitens arbeiten wir schließlich für eine konkrete Sache, die wir planen. Um das Sachergebnis »Erstellung und Einführung der neuen Welpenbewertungssoftware« zu erreichen, planen wir Termine, Kosten und natürlich auch unsere zur Verfügung stehenden Ressourcen. Das ganze strubbelige soziale Drumherum hat also weder in der Gefühlswelt der Projektmitarbeiter noch in der Planung einen richtigen Platz.
Jetzt kommt die Krux. Sobald wir die Stakeholderanalyse gemacht und festgestellt haben, dass bestimmte Personengruppen regelmäßig informiert werden sollten, muss dieses Informieren auch geplant werden. Es müssen Termine und Vorbereitungszeiten eingeplant werden, eventuell gibt es Informationspräsentationen, die erstellt, oder regelmäßige Projekt-Newsletter,