Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus. Andreas Suchanek

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Hardliner, rasselt mit den Säbeln und macht uns das Leben im Senat und Rat der Admiralität schwer. Nein, er wird noch eine Zeit lang stillhalten. Ehrlich gesagt bin ich mir über seine momentanen Intentionen nicht im Klaren.«

      »Behalten Sie ihn im Auge«, sagte die Präsidentin. »Ich will über jeden seiner Schritte informiert werden.« Sie erhob sich und trat an das Panoramafenster, das die gesamte Breite der Wand einnahm. Der Blick über die Gärten des Ratspalastes war atemberaubend. »Ich habe weiß Gott genug andere Sorgen, als mich um einen verdammten Admiral zu kümmern, der kurz davor steht, Amok zu laufen. Der Eriin-Bund überfällt ständig Handelsschiffe und schwächt damit die Wirtschaft der äußeren Systeme, wodurch die Senatoren in ihrer Heimat unter Druck geraten. Die Vertreter der Handelshäuser sitzen mir im Nacken, damit ich die Space Navy darauf ansetze. Und nicht zu vergessen das nach der Schlacht von Elnath anwachsende Parlidenproblem, was die Atmosphäre auch nicht gerade verbessert. Wenn wenigstens die Rentalianer nicht so störrisch wären und uns einfach ihre Teleportationstechnik übergeben würden. Das würde die Beliebtheitswerte der Regierung ordentlich ankurbeln. Dank eines Erdrutschsieges von Kirkovs Partei haben wir bei den Wahlen vor einer Woche die Mehrheit im Senat verloren. Das macht es momentan noch schwerer. Glauben Sie mir, Yoshio, momentan stehe ich kurz davor, die Phasenfunk-Relais-Kette abzuschalten und damit alle Holo-Übertragungen der Vertreter der Randkolonien auszusperren. Damit wäre wenigstens die leidige Subventionsdebatte erledigt. Wirklich, Yoshio, Michalew steht auf meiner Prioritätenliste nicht sehr weit oben. Sollte er aber weiterhin ein Problem darstellen, bin ich durchaus gewillt, dem Verteidigungsminister auf die Füße zu treten, damit er ihn aus dem Amt entfernt.«

      Yoshio sog scharf die Luft ein. »Ma’am, das wäre keine gute Idee. Wenn …«

      »Ich weiß, ich weiß«, sie stoppte seinen Redefluss. »Er würde seine politischen Verbindungen ausnutzen und uns das Leben zur Hölle machen. Glauben Sie mir, ich bin mir der Macht, die er mittlerweile angehäuft hat, durchaus bewusst. Doch das bedeutet nicht, dass ich mir alles gefallen lassen werde.«

      Yoshio nickte. Er konnte die Präsidentin ja verstehen. Leider gab es aktuell nun mal einen Gleichstand zwischen Michalews und Sjöbergs Anhängern, was meist jede Debatte zu einem schmutzigen Schlagabtausch werden ließ.

      Einzig Santana Pendergast zeigte sich unbeeindruckt von dem Kleinkrieg und entschied stets auf Grundlage aktueller Fakten, auf wessen Seite sie sich schlug.

      »Mir ist durchaus klar, dass Ihre Geduld begrenzt ist, Madame Präsident. Doch bitte unternehmen Sie nichts. Eine Entlassung Michalews wäre eine Ohrfeige – für die gesamte Admiralität.«

      »Das wäre es zweifellos. Und eine verdiente. Ich kann mir die Schlagzeile in der Presse schon vorstellen.« Die Präsidentin lächelte. »Einer der mächtigsten Admiräle entlassen. Das würde der Ohrfeige doch noch einmal zusätzliche Schlagkraft verleihen. Ich denke, mehr muss ich dazu nicht sagen. Bringen Sie Michalew auf Kurs, Yoshio – und zwar bevor ich eingreifen muss.«

      »Ich habe verstanden.«

      »Ausgezeichnet.« Die Präsidentin nahm wieder Platz. »Dann entschuldigen Sie mich jetzt. Der Oppositionsführer wartet schon, und ich fürchte, dieses Gespräch wird ebenfalls sehr unerfreulich.«

      Yoshio nickte der Präsidentin noch einmal respektvoll zu. »Madame Präsident.« Dann deaktivierte er den Holo-Feed.

      Fluchend erhob er sich aus seinem Holo-Chair auf SOL-13. Er konnte nur beten, dass Ishida es nicht versaute und Michalew noch eine Weile stillhielt. In der momentanen Situation hatte er andere Sorgen als Admiral Juri Michalew. Er musste ihm zugutehalten, dass er bisher nichts weiter tat, als sich mit dem Parlidenkörper zu befassen. Scheinbar kamen die Wissenschaftler damit nicht voran, machten nur einen nutzlosen Scan nach dem anderen. So war der Admiral immerhin erst einmal beschäftigt und verzichtete auf seine üblichen Spielchen.

      *

      Sie flogen direkt in ein schwarzes Loch. Zumindest kam Noriko es so vor. Die Admiralität hatte die Entscheidung von Captain Cross bestätigt, und nun lag es an ihr, den Befehl auszuführen. Was auch immer vor Ort geschah: Es gab niemanden, an den sie sich wenden konnte. Ihre Aktionen konnten darüber entscheiden, ob die Parliden weiter den Frieden wahrten oder schon morgen eine Armada zusammenstellten, um den Krieg wieder aufzunehmen. Wenn sie ehrlich war, wunderte sie sich noch heute darüber, dass die Sternköpfe nach dem Zwischenfall im Elnath-System nicht kriegerisch reagiert hatten.

      Mit einem tiefen Seufzer trat sie an das Geländer des Kommandopodestes. Die HYPERION flog mit einem Überlichtfaktor von 6200 im Interlink. So konnten sie, bei gleichbleibendem Vektor, das rentalianische Schiff noch einholen. Sobald es aus dem Phasenraum zurückkehrte, würden auch sie den Interlink-Flug unterbrechen – aller Voraussicht nach im Territorium der Parliden.

      Das Aussichtsdeck zog sich bogenartig über die Unterseite des Schiffes und war zu dieser Zeit gut besucht. Überall saßen oder standen Offiziere in kleineren Gruppen zusammen und genossen die Freizeit und den tollen Ausblick. Eine breite Front aus transparentem Stahl bot einen wunderbaren Blick auf die vorbeihuschenden Sterne. Die Offiziere sprachen begeistert davon, wie der Übergang zwischen Normalraum und Interlink-Flug anzuschauen war. Norikos Platz war zu diesem Zeitpunkt leider stets auf der Brücke.

      »Ich dachte mir schon, dass du hier bist.« Die Stimme von Giulia klang frisch und fit. »Es geht doch nichts über diesen Ausblick. Kein Vergleich zu diesem eintönigen orangefarbenen Wabern im Phasenraum.«

      »Hast du schon mal den Sprung miterlebt?«

      Giulia schüttelte den Kopf. »Nein. Meist zu viel zu tun. Aber ich habe Aufnahmen gesehen.«

      »Das ist nicht das Gleiche.« Noriko fühlte ein wehmütiges Ziehen in ihrem Inneren. »In meiner nächsten Freischicht werde ich hier sitzen und mir den Übergang ansehen.«

      »Ich habe von dem kleinen Zwischenfall auf der Kommandobrücke gehört.« Giulia nahm einen großen Schluck ViKo und verzog abschätzig die Mundwinkel. »Walker liegt nach Punkten vorne.«

      Noriko stützte ihren Kopf auf die rechte Hand. Überall flogen die kleinen Lichtpunkte vorbei. Sterne. Welten. Zivilisationen. Alles, was sie von Anfang an gewollt hatte, war, die Weiten dort draußen zu erkunden. Zu forschen, zu entdecken, den Frieden zu schützen. Stattdessen focht sie kleine Scharmützel aus, wurde von einem Admiral torpediert und musste sich gegen Gerüchte zur Wehr setzen. Worin lag in alldem der Sinn?

      »Das tut er vermutlich«, flüsterte Noriko.

      »Noriko.« Giulia wandte sich ihr zu. »Commander. Lassen Sie ihn nicht gewinnen.«

      »Walker …«

      »Walker, Michalew, wen auch immer« Giulia hob beschwörend die Arme. »Setzen Sie sich durch. Andernfalls werden Sie niemals Ihren inneren Frieden finden.«

      Damit wandte sie sich um und ging.

      *

      »Commander, ich kann die auslaufende Kaskade eines Phasendurchbruchs anmessen. Das rentalianische Schiff ist soeben wieder in den Normalraum eingetreten«, meldete Lieutenant Commander Kensington.

      »Mister Task, bringen Sie uns ebenfalls in den Normalraum«, befahl Noriko.

      Wenige Augenblicke später fiel die Interlink-Blase in sich zusammen, und die HYPERION begann bei 0,45 LG ihr Abbremsmanöver.

      »Die Sensoren nehmen ihre Arbeit auf, aber ohne ÜL-Plattformen oder Kiesel ist unsere Sichtweite begrenzt«, sagte Kensington. »Erbitte Erlaubnis, die Kiesel aussetzen zu dürfen.«

      Beinahe hätte Noriko impulsiv zugestimmt. Leider befanden sie sich im Territorium der Parliden. Das Aussetzen der Sonden wurde von diesen zweifellos nicht gerne gesehen. »Haben wir die SE-RA noch in der Ortung?«

      Kensington


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