Queer*Welten. Aşkın-Hayat Doğan
Ach je Verlag
Berlin - AT&Tlantis - Tschuri
Vorwort
Am 12.06.2020 ist unsere erste Ausgabe erschienen – und wir sind immer noch überwältigt von dem vielfältigen und positiven Echo, das uns erreicht hat. Danke an alle, die Ausgabe 1 gekauft, gelesen und rezensiert haben, danke für die vielen Beiträge zum Heft auf Social Media, wir freuen uns sehr! Neu seit der letzten Ausgabe: Ihr könnt die Queer*Welten jetzt abonnieren! Auf unserer Website und im Shop des Ach Je Verlags könnt ihr die nächsten vier Ausgaben als Abo vorbestellen. Außerdem hat der Verlag jetzt ein Bonusprogramm für Rezensionen: Wenn ihr Queer*Welten (oder andere Produkte von Ach Je) eine Rezension auf den große Bewertungsportalen spendiert, bekommt ihr dafür Bonuspunkte, die ihr im Verlagsshop als Rabatt einlösen könnt. Außerdem helfen eure Rezensionen dabei, Queer*Welten bekannter zu machen.
Unsere ständige Ausschreibung für Geschichten, Essays, Comics und weitere Beiträge läuft natürlich weiter. Zu diesem Thema würden wir gerne noch ein paar Worte verlieren.
„Darf ich etwas einreichen?“ – Über unsere Auswahlkriterien
Uns haben auf unsere Ausschreibung hin viele Fragen erreicht, ob in den Sozialen Medien oder per Mail. Oft ging es in diesen Fragen darum, dass eine Person etwas für Queer*Welten schreiben möchte und nicht weiß, ob sie das „darf“. Dabei ging es zum Teil um die Art der Texte. Antworten auf diese Fragen findet ihr auf unserer Website, und wir möchten euch in jedem Fall ermutigen, eure Texte auch dann einzureichen, wenn ihr vielleicht nicht ganz sicher seid, ob sie etwas zu lang, etwas zu kurz, zu abgefahren, zu klassisch oder zu gewagt sind. Wir schauen auf jeden Fall rein und melden uns bei euch – mehr als ablehnen können wir ja nicht. Traut euch!
Die anderen Fragen bezogen sich oft auf die Identität der Schreibenden und gehen oft in die Richtung: „Bin ich queer (genug)?“ Dazu wollen wir an dieser Stelle noch einmal etwas sagen.
Zum ersten: Wir freuen uns über diese Fragen. Sie sind ein Zeichen dafür, dass ein Bewusstsein dafür entstanden ist, dass nicht jede Person jede Geschichte erzählen sollte und dass Own Voices unterstützt und ermutigt werden müssen. Das ist längst noch nicht überall selbstverständlich, und wir finden es toll, dass ihr euch selbst und uns diese Fragen stellt.
Vielleicht können wir an dieser Stelle einige Unsicherheiten aus dem Weg räumen. Zunächst: Wir sind ein queerfeministisches Magazin, und das bedeutet, dass Queerness nicht in allen Texten ein Thema sein muss. Wenn ihr also als nicht queere cis Frau eine Geschichte schreibt, in der es um feministische Themen geht, passt ihr auf jeden Fall ins Heft.
Darüber hinaus: Wir setzen zwar unseren Schwerpunkt auf Queerfeminismus, würden uns aber trotzdem freuen, wenn auch andere marginalisierte Autor*innen, die aus ihrer eigenen Perspektive über Themen wie Neurodiversität, Krankheiten, Leben mit Be_hinderung, Rassismuserfahrungen etc. schreiben, ihre Texte bei uns einreichen. Vielfalt, Diversität und die Perspektive von Stimmen, die oft nicht gehört werden, hören nicht beim Thema Feminismus oder Queerness auf.
Own Voices und Outing
Das mit den Own Voices ist manchmal eine knifflige Angelegenheit. Wir möchten an dieser Stelle noch einmal betonen, dass sich keine Person, die einen Text bei uns einreicht, dazu genötigt fühlen sollte, sich zu outen, damit der Text für Queer*Welten in Betracht gezogen wird – weder uns gegenüber noch öffentlich im Heft oder auf der Website. Wir wissen, dass es nicht immer möglich oder gewünscht ist, die eigene Identität in allen Facetten öffentlich sichtbar zu machen.
Außerdem wissen wir ebenfalls, dass die Förderung von Own Voice-Autor*innen weder heißen soll, dass diese nur noch über ihre eigenen Erfahrungen schreiben sollen, noch, dass das Schreiben über diese Erfahrungen nicht auch anderen Autor*innen offenstehen sollte, die sich zuvor in das Thema eingearbeitet haben. Es ist also keinesfalls ein Ausschlusskriterium, wenn ihr euch selbst als nicht marginalisiert einordnet. Wenn ein Text uns überzeugt, vermitteln wir auch gern noch ein Sensitivity Reading.
Trotzdem bemühen wir uns darum, in Queer*Welten Own Voices verstärkt zu fördern und zu repräsentieren, weil uns bewusst ist, dass diese es oft auf dem Buchmarkt schwerer haben. Sollten uns also für eine Ausgabe mehr Texte vorliegen als hineinpassen, werden wir jene bevorzugen, bei denen wir wissen, dass sie von marginalisierten Personen und/oder als Own Voice verfasst wurden. Wir hoffen, dass wir einige offenen Fragen beantworten konnten, freuen uns weiterhin auf eure Einsendungen und wünschen euch viel Spaß mit Ausgabe 2.
Eure Queer*Welten-Redaktion
Was der Krieg frisst
von Rafaela Creydt
Inhaltshinweise
Tod, Gewalt, Krieg, Verstümmelung, Blindheit, Kälte, Verlust, Mobbing
„An-Sha!“ Wie die Brandung toste der Schlachtruf durch die Menge. Mutter!
„An-Sha Wah!“ Mutter des Krieges! So nannten sie ihre Truppen. Mit diesem Schrei zogen sie in die Schlacht.
Ansha Wah!
Mutter des Krieges. Tochter ihres Vaters. Herrin seines Banners, seit ihrem fünfundzwanzigsten Jahr. Erbin seiner Herrschaft, seit ihrem dreißigsten Jahr. Mutter des Krieges und von nichts und niemandem sonst. Ansha Wah.
Niemand hatte sie jemals schön genannt. Kein Mann hatte sie je zum Tanz gebeten. Ansha Wah tanzte nur, um zu töten. Niemand glaubte, dass diese Hände streicheln könnten. Deshalb schlug sie den Mann, der sie um einen Tanz bat, und verließ das Zelt.
„Ich dulde solche Scherze nicht.“
Im ersten Morgenlicht wurde das Lager abgebrochen. Das Heer zog seinem Feind entgegen und vor dem Zelt stand ein Mann.
„Es war kein Scherz, Ansha Wah.“
Ansha Wah schickte ihre Generäle fort. Augen, braun wie die Heide im Winter, aber warm und freundlich wie Kaninchenfell. Er war so groß wie sie, mit schmalem Rücken und langen Fingern.
„Ich tanze nicht“, belehrte sie ihn. „Ich habe kein Geschick dafür.“
„Das kann ich kaum glauben.“ Er blickte in ihr Gesicht und lange auf den Körper unter Rüstung, Banner und Waffen.
Ansha Wah hieß ihn zu gehen und kehrte zu ihren Generälen zurück.
In der Dunkelheit, die jeden Abend früher kam und die Sterne kälter strahlen ließ, trat Ansha Wah in die Heide und übte sich mit Speer, Schild und Schwert. Die Wachposten sahen die Mutter in der Dunkelheit und sahen auch den Bogenschützen, der langsam zu ihr trat.
„Ihr tanzt mit Euren Waffen, Ansha Wah.“
Ansha Wah rammte den Holzschaft des Speers in den Boden, hängte das Schwert an ihre Hüfte und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht.
„Du bist kein Krieger.“
„Ich bin ein Bogenschütze im Heer von Ansha Wah.“
„Das mag sein. Aber du bist kein Krieger.“
Da schüttelte er langsam den Kopf. „Im Süden träumen sie vom Krieg. Sie haben vergessen, was er frisst.“
Der Norden kannte nichts als den Krieg. Den Krieg des Volkes der Heide gegen den Norden von Eis und Schatten, gegen das Volk der Sterne.
Der Süden kannte nur Sonne, blasse Sterne und Frieden.
„Also bist du hier, um den