Die Spionin von La Valletta | Erotischer Roman. Johanna Söllner
waren die Getränke frei. Nachdem er morgen keinen Dienst hatte, würde er seinen Frust immerhin ersäufen können.
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Meine Entscheidung ist getroffen. Und es ist mir nicht schwergefallen. Ein langer weißer Rock hat es mir angetan. Er ist bis weit über die Knie geschlitzt und bringt auf diese Weise meine wohlgeformten Beine perfekt zur Geltung. Doch dann musste ich lange überlegen und ich habe mich schließlich für ein silbrig glänzendes Bustier entschieden. Ein Bustier, das schon fast verbrecherisch offenherzig ist und das jedem, der es sehen will, einen Einblick in meinen tiefen Ausschnitt gewährt.
Nicholas lehnt an der Schlafzimmertür, als ich mich langsam fertigmache. Er trägt ein weißes Hemd und einen dunklen Smoking. Er sieht wahnsinnig elegant und mindestens zehn Jahre jünger aus. Vielleicht spielt da aber auch unser Liebesspiel eine gewisse Rolle, denn irgendwie spielt um seine Lippen ein gewisses Lächeln, das er vorher noch nie gezeigt hatte.
»Mein Gott, Mila! Für dich brauche ich ja fast einen Waffenschein.«
Ich grinse zurück. »Alles für unsere Aufgabe.«
Er lacht und küsst mich.
»Hey! Nicht so ungestüm. Sonst muss ich den Lippenstift noch mal nachziehen.«
Obwohl er ja recht hat. Ich will Aufmerksamkeit erregen und das ist schließlich auch der Hauptzweck meiner Aufmachung. Mit einer Spange befestige ich ein Cape und dann betrachte ich mich im Spiegel. Ich bin sehr zufrieden mit mir. Nur ganz dezent geschminkt, denn ich habe es nicht nötig, mir übermäßig Farbe ins Gesicht zu schmieren. Ich drehe mich einmal um die eigene Achse. Noch einmal. Und dann beginne ich leise zu lachen. Ich liebe das Spiel mit dem Feuer. Und heute werde ich mit Sicherheit einige Herzen in Brand setzen. Da bin ich mir sicher.
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Als wir vor dem Großmeisterpalast ankommen, herrscht bereits lebhaftes Treiben. Ein Fahrzeug nach dem anderen fährt vor und lässt die Gäste aussteigen. Nicholas steigt zuerst aus, kommt um den Wagen herum und öffnet mir die Tür. Er bietet mir seinen Arm und dann steigen wir die Stufen hinauf, um in den Ballsaal eintreten zu können. Lauter alte Dackel. Hier und da mal eine Uniform.
Ich brauche jemanden vom Flying Korps, denn Bianchi will, dass ich die Luftverteidigungsbereitschaft Maltas auskundschafte. Oh Mann! Das ist einfacher gesagt als getan. Es ist wirklich die Crème de la Crème der herrschenden Kolonialverwaltung Maltas versammelt. Ich hab mir noch in Rom die Fliegeruniformen und die Rangabzeichen der Royal Air Force Offiziere eingeprägt, doch die sind hier rar gesät. Nirgendwo ein paar schneidige Piloten zu sehen. Höchstens irgendwelche Schreibstubenhengste. Im Notfall werde ich mich eben an die ranmachen müssen. Aber zuerst möchte ich mir noch einen kleinen Überblick verschaffen. Mir tut es nur um Nicholas leid. Er kommt mit der vermutlich schönsten Frau des Balls hier an, doch ich werde ihm bald Hörner aufsetzen müssen. Er sieht auch ein wenig bedröppelt drein, als ich die Blicke nach Beute schweifen lasse. Immer wieder stellt mir Nicholas den einen oder anderen der Herren vor. Von ihnen ernte ich teils bewundernde, teils gierige Blicke. Von den jeweiligen Damen sind die Blicke nicht so freundlich. Mal arrogant. Mal neidisch. Mal sogar hasserfüllt. Ich beuge mich zu Nicholas hinüber. »Traurig?«
»Na ja, ein wenig schon.«
»Aber du kennst ja meine Aufgabe. Unsere Aufgabe. Und denk an eines. All diese Kerle, die mich da so lüstern anstarren, die wollen doch nur eines. Nämlich mich ficken. Mich vögeln. Und das ist etwas, was du ja heute bereits ausgiebig genossen hast. Du bist denen daher meilenweit voraus. Du brauchst also nicht traurig zu sein.«
Er grinst mich an. Und drückt mir für alle sichtbar einen kleinen Kuss auf die Wange.
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Wie es zu erwarten war. Es war wirklich ein extrem langweiliger Ball. Joe hatte sich recht schnell mit seiner Suzanna verdrückt. Gott weiß, was die beiden jetzt so trieben. Sie war ja ganz hübsch. Aber ihre Nase…. Zierlich war etwas anderes, wobei ihre Titten ja zugegebenermaßen ganz brauchbar waren. Na ja, die Auswahl an Damen war eben nicht besonders groß. Vielleicht sollte er mal wieder eines der Bordelle am Hafen aufsuchen. Sich mal den Trübsinn aus dem Leib ficken. Er steuerte nun zielstrebig in Richtung Bar. Es wurde Zeit, seinen Alkoholpegel etwas anzuheben. Da waren wohl die einen oder anderen jungen Frauen da. Aber mein Gott, attraktiv war etwas anderes. Er würde sie sich schön trinken müssen. Dann würde man weitersehen.
Plötzlich traf es ihn wie ein Blitz. Er sah sie zunächst nur von hinten. Langes schwarzes Haar schlängelte sich in wilden Locken um nackte braun gebrannte Schultern. Und einen Hintern hatte dieses Weib! Sie stand in einer Gruppe mit älteren Männern. Geschickt pirschte er sich heran. Er musste sie von der Seite und von vorne sehen. Oh, ja. Eine Göttin. Von welchem Olymp war die denn herabgestiegen? Und dann konnte er sie näher betrachten. Welche Titten. Welche Figur. Er schnappte nach Luft. Plötzlich hing sein Himmel voller Geigen. Und dann drehte sie sich um. Ihre Blicke trafen sich. Und die Luft brannte wie von Feuer.
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Sein Blick versinkt in meinem Ausschnitt. Es ist alles Quatsch, was die Männer so sagen. Sie schauen dir zunächst in die Augen. Quatsch, sie schauen dir zuallererst auf die Titten und dann erst in die Augen. Vor allem dann, wenn die Herrlichkeit so präsentiert wird. Ich entschuldige mich bei Nicholas. Er sieht sich um und sieht den jungen Fliegerlieutenant auf mich zukommen. Er nickt kaum merklich und versteht. Darum bin ich hier. Der junge Offizier verbeugt sich vor mir: »Flight Lieutenant Pete Summers von der 802 Naval Air Squadron. Ich muss es Ihnen einfach sagen. Sie sind wunderschön.«
Ich sage nichts, doch meine Augen sagen alles. Ich verstecke eine geheime Aufforderung in meinem Blick.
»Darf ich Sie an die Bar entführen?«
Ich nicke. »Ja, gerne. Mein Name ist Jaqueline Talbot, aber nennen Sie mich doch einfach Jacky.«
»Aber nur, wenn Sie Pete zu mir sagen.«
Wir reichen uns die Hände. Sein Händedruck ist fest und mir gefällt, was ich sehe. Pete ist mittelgroß und fast ein wenig schlaksig. Großgewachsene Kerle hätten vermutlich in den engen Cockpits ihrer fliegenden Kisten keinen Platz. Seine Augen sind braun und seine Oberlippe ziert ein sorgfältig gepflegter Schnurrbart. Ich habe beschlossen, ihm gegenüber meinen Aliasnamen zu verwenden. Schließlich ist er trotz aller Sympathie der Feind und ich darf keine Spuren hinterlassen, die später zu mir und meiner richtigen Identität führen können. Ich lächle ihn verführerisch an. Er bietet mir seinen Arm, den ich sofort ergreife.
»Was möchten Sie gerne trinken?«
Ich entscheide mich für etwas ohne Alkohol, denn ich möchte heute meine Sinne zusammen haben. Denn der gute Flight Lieutenant ist genau das, was ich suche. Jemand, den ich über die Luftstreitkräfte aushorchen kann und außerdem ist er jemand, mit dem es vielleicht auch noch so richtig Spaß macht, meine Aufgabe zu erfüllen. Der Abend vergeht wie im Flug. Wir tanzen und albern herum und kommen uns dadurch immer näher. Ich schwebe in seinen kraftvollen Armen durch den Ballsaal und zu schnell ist der Abend auch schon vorbei. Ich erfahre, dass er auf dem Hal Far Fliegerhorst stationiert ist. Doch leider dauert es ein wenig bis zu einem Wiedersehen, denn er hat die nächsten Tage Dienst. Ich erkläre ihm, wo er mich finden kann und er verspricht mir, so bald wie möglich zu kommen.
Die nächsten Tage vergehen quälend langsam. Ich muss mich immer wieder mit Gewalt zurückreißen, ihn auf dem Stützpunkt anzurufen. Doch ich bin mir sicher, dass er kommen wird.
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Es muss um den 10. Januar herum gewesen sein. Die Sonne strahlt von einem wolkenlosen Himmel und es ist für die Jahreszeit deutlich zu warm. Ich sitze gerade an meinem Schreibtisch, als einer von Nicholas´ Angestellten plötzlich vor mir steht. »Mrs. Talbot. Unten im Foyer wartet ein Gast auf Sie. Ein britischer Offizier.«
Mein Herz beginnt mit einem Mal schneller zu schlagen. Das ist Pete. Wer sollte es sonst sein?
»Sagen Sie ihm, dass ich gleich komme.«
Schnell zücke ich meinen Lippenstift und ziehe die Konturen nach. Ich überlege noch kurz, ob ich meinen Mantel mitnehmen soll, doch ich entscheide mich dagegen. Schließlich