Die neue Praxis Dr. Norden Staffel 1 – Arztserie. Carmen von Lindenau

Die neue Praxis Dr. Norden Staffel 1 – Arztserie - Carmen von Lindenau


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ist das Problem mit Zeugenaussagen, sie sind selten objektiv. Aber der Tochter einer Polizistin muss ich das nicht erklären«, entgegnete er lächelnd.

      »So ist es, Herr Doktor«, sagte Lydia und erwiderte sein Lächeln.

      *

      Franziska war in der Drogerie gewesen und hatte sich Ingwertee mit Kurkuma geholt, weil es hieß, dass diese Mischung die Bekämpfung von Entzündungen unterstützte, und das konnte, nach dem, was sie hinter sich hatte, nur von Vorteil für sie sein. Sie setzte sich auf den Rand des Brunnens in der Fußgängerzone und beobachtete das quirlige Treiben der Passanten, wie sie mit Tüten bepackt von einem Geschäft zum nächsten eilten und denen auswichen, die gemütlich von Schaufenster zu Schaufenster bummelten. Ein paar Kinder, die nach der vierten Stunde frei hatten und sich ein Eis in der Fußgängerzone kauften, wollten von ihr wissen, wann sie wieder in die Schule kommen würde.

      »Ich hoffe, bald«, sagte sie. Es tat ihr gut, als die Kinder ihr versicherten, dass sie sich darauf freuten, weil der Unterrichtung des älteren Lehrers, der sie vertrat, schrecklich langweilig sei.

      Nachdem die Kinder gegangen waren, lief sie auf ihre Krücken gestützt zur Bushaltestelle am Ende der Fußgängerzone. Dort konnte sie in den Bus steigen, der direkt vor dem Polizeirevier anhielt. Als sie ein paar Minuten später im Bus saß und auf die Straßen mit ihren gepflegten Häusern und Gärten schaute, wurde ihr bewusst, wie wohl sie sich hier fühlte. Sie mochte ihre Wohnung, und sie mochte ihre Kollegen und Kolleginnen in der Schule, und sie hoffte, dass sie bald wieder unterrichten konnte.

      Dass ihr Knie vielleicht auf Dauer in seiner Bewegung eingeschränkt sein würde, darüber wollte sie nicht nachdenken. Es hätte bedeutet, dass sie nie wieder als Sportlehrerin arbeiten konnte, und das würde ihr wehtun. Sie liebte den Sportunterricht, weil sie den Kindern in diesen Stunden den Spaß an der Bewegung vermitteln konnte. Marius, Gusti Meiers Enkel, allerdings hatte an gar nichts Spaß, verweigerte sich trotzig jedem Vorschlag und erklärte, dass er schließlich ins Fitnessstudio ging und diesen ›Babykram‹ in der Schule nicht nötig hätte.

      Lorenz wartete schon vor dem Polizeirevier, einem zweistöckigen Neubau, vor dem mehrere Streifenwagen parkten, als sie eine Viertelstunde später dort ausstieg. Der junge Mann in der hellen Jeans und dem dunkelgrauen Pullover wirkte auf sie wieder genauso sympathisch wie bei ihrer ersten Begegnung. Unwillkürlich schaute sie an sich herunter, sah auf die hellblauen Stiefeletten, die sie zu ihrer schwarzen Leinenhose und dem hellblauen langärmeligen T-Shirt trug.

      Was soll das denn werden? Denke ich etwa daran, ihm zu gefallen?, wunderte sie sich über sich selbst. Von ihrem letzten festen Freund hatte sie sich vor zwei Jahren getrennt, als sie ihn mit ihrer besten Freundin im Bett erwischte. Und jetzt war ganz sicher nicht der richtige Zeitpunkt für eine neue Beziehung. Eine Frau, die auf Krücken herumhumpelte, konnte doch nur Mitleid erwarten. »Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte sie, als Lorenz auf sie zukam.

      »Wie geht es Ihnen?«, fragte er und fing ihren Blick auf.

      »Besser. Ich habe mir durch den Unfall eine Hüftprellung zugezogen, aber die Salbe, die Doktor Norden mir verschrieben hat, hilft mir, die Schmerzen auszuhalten«, erzählte sie ihm, wie sie sich im Moment fühlte.

      »Ihr Knie hat nichts abbekommen?«

      »Ich hoffe nicht, bisher hat es mir keine extra Schmerzen beschert.«

      »Ich hoffe wirklich, dass sie diesen Kerl erwischen. Ich will mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn solche Leute nachts auf der Landstraße einen Menschen überfahren.«

      »Deshalb sind wir hier, damit die Polizei ihn für eine Weile aus dem Verkehr zieht. Falls sie ihn findet«, sagte Franziska.

      »Was nicht leicht werden wird, ich weiß«, antwortete Lorenz und hielt ihr die Tür zum Polizeirevier auf.

      Hinter einem langen Tresen standen zwei Polizistinnen und ein Polizist in Uniform. Sie bemühten sich, eine Gruppe Jugendlicher zu beruhigen, die ihnen etwas mitteilen wollten, dabei wild gestikulierten und sich mit lauten Zwischenrufen ständig gegenseitig unterbrachen.

      Zwei andere Polizisten in Uniform brachten einen Mann in Handschellen durch den Hintereingang herein. Er war an beiden Armen tätowiert und grölte etwas von »Verwechslung und Amtsmissbrauch« während er begleitet von den beiden Beamten den Raum durchquerte.

      »Mir wird gerade klar, dass ich bisher noch nie auf einem Polizeirevier war«, sagte Franziska.

      »Nein, sicher nicht«, entgegnete Lorenz lächelnd. »Warten Sie, ich werde mich informieren, an wen wir uns in Ihrem Fall wenden müssen.«

      »Fragen Sie nach Thea Seeger. Ihre Tochter ist eine der Sprechstundenhilfen in der Praxis Norden. Sie hat mir Ihre Mutter empfohlen.«

      »Alles klar, ich bin gleich wieder bei Ihnen«, sagte er und ging zum Tresen. Nachdem er mit der Polizistin gesprochen hatte, kam er zurück. »Frau Seeger ist im Haus. Wir sollen hier auf sie warten«, teilte er ihr mit.

      Es dauerte auch nicht lange, bis Thea Seeger, eine gutaussehende Frau Anfang fünfzig im dunklen Hosenanzug und mit hochgestecktem Haar, die breite Steintreppe herunterkam. Sie ging, ohne zu zögern, auf Franziska zu und stellte sich ihr und Lorenz vor. »Meine Kollegin sagte mir, dass Sie an Krücken gehen, deshalb habe ich uns ein Zimmer hier unten reserviert. Unser Aufzug streikt mal wieder«, entschuldigte sie sich und bat die beiden, ihr zu folgen.

      Das Büro, in das Thea sie führte, lag neben dem Treppenaufgang. Es war klein und stickig, die Regale waren mit Aktenordnern vollgestopft, und auf dem Schreibtisch lag ein Stapel Akten neben dem Computermonitor. Nachdem Thea das Fenster geöffnet hatte und frische Luft hereinströmte, bat sie Franziska und Lorenz auf den beiden Stühlen vor dem Schreibtisch Platz zu nehmen.

      »Obwohl auch wir bereits das digitale Zeitalter erreicht haben, sind bisher immer noch die ausgedruckten Akten rechtsverbindlich, was sich allerdings in den nächsten Jahren ändern wird. Bis dahin müssen wir mit diesem Papierwust leben«, seufzte Thea.

      Sie setzte sich hinter den Schreibtisch, schob die Akten zur Seite und schaltete den Computer ein. »Es geht also um eine Fahrerflucht. Schildern Sie mir doch bitte den Hergang. Zuerst Sie als Betroffene«, wandte sie sich zuerst Franziska zu. Nachdem Franziska ihre Aussage gemacht hatte, wollte Thea von Lorenz wissen, wie sich der Unfall aus seiner Sicht abgespielt hatte. »Das heißt, Sie gehen beide davon aus, dass am Steuer dieses Sportwagens ein Mann saß, können diesen Mann aber nicht beschreiben und haben auch das Nummernschild nicht gesehen«, fasste sie am Ende zusammen, was sie gehört hatte.

      »Damit lässt sich nicht viel anfangen, ich weiß«, sagte Franziska.

      »Bedauerlicherweise nicht. Ich könnte zwar eine Halterabfrage auf der Grundlage des Sportwagenmodells machen, aber da ich weiß, dass gerade von diesem Modell im Raum München einige hundert Fahrzeuge in Schwarz herumfahren, wird das eine langwierige Angelegenheit. Außerdem ist nicht gesagt, dass dieser Wagen überhaupt in der Stadt angemeldet wurde.«

      »Dann sollte ich diesen Vorfall wohl einfach vergessen«, stellte Franziska entmutigt fest.

      »Nein, das sollten Sie nicht. Ich werde die Anzeige nicht gleich zu den Akten legen, sondern meine Kollegen vom Streifendienst bitten, auf diese Sportwagenmodelle zu achten. Sollte ihnen jemand mit einem verdächtigen Fahrstil auffallen, könnten sie ihn sich näher ansehen.«

      »Was könnten Sie tun, wenn ich ernsthaft verletzt wäre oder den Unfall nicht überlebt hätte?«, wollte Franziska wissen.

      »Nicht viel mehr. Die Befragung der Anwohner, die uns noch zur Verfügung stünde, hat ja bereits meine Tochter übernommen.«

      »Das wusste ich gar nicht«, entgegnete Franziska verwundert.

      »Bisher ist auch noch nichts Brauchbares dabei herausgekommen. Tut mir wirklich leid. Aber wie gesagt, ich werde Ihre Anzeige nicht einfach so unter den Tisch fallen lassen«, versicherte ihr Thea.

      »Ich danke Ihnen«, sagte Franziska, und sie und Lorenz verabschiedeten sich von Thea.

      »Ich


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