Perry Rhodan 3099: Die Kinder der Milchstraße. Michael Marcus Thurner

Perry Rhodan 3099: Die Kinder der Milchstraße - Michael Marcus Thurner


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sie folgen seinem Aufruf?«

      »Ja, Terraner. Er hat sie mit der Verlockung geködert, die Bleisphäre in einer Art zu erleben, dass sich diese religiösen Fanatiker ihr offenbar nicht entziehen können. Die Futuroskope sehen in Opt-Atlan und seinem bizarren Vehikel eine ganz besondere, eine bessere Zukunft.«

      »Was den Cairanern wiederum nicht schmeckt.«

      »Richtig. Der falsche Atlan hat sich gegen sie gewandt. Die Cairaner können und wollen es nicht dulden, dass ihr Gegner allzu mächtig wird.«

      Bull überdachte die Lage. Alle Pläne der Cairaner, die sie über einige Hundert Jahre hinweg so fein gesponnen hatten, drohten im letzten Augenblick zu scheitern.

      Sie wollten mithilfe des Sternenrads flüchten, weg aus dem heimischen Zweig des Universums in jenen anderen, in dem es keine Superintelligenzen gab und geben konnte. Überwechseln auf die andere Seite des Dyoversums, um vor den Nachstellungen der Kandidatin Phaatom sicher zu sein, die dem Chaos diente.

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      Illustration: Dirk Schulz

      Der falsche Atlan stahl ihnen diesen Plan, diese Möglichkeit. Allem Anschein nach wollte er sich mit der Pseudo-THORA ins Innere der Bleisphäre stürzen. Ohne die Cairaner.

      Bull fühlte, dass agh Fermi ihn anstarrte und auf Antworten wartete. Auf Ratschläge. Auf irgendetwas, das dem Arkoniden helfen würde, seine Aufgabe als Flottenkommandant auszufüllen.

      Er ignorierte ihn vorerst und sah stattdessen zu, wie sich der Kampf entwickelte.

      Die Pseudo-THORA verteidigte offensiv. Sie sorgte dafür, dass die nachrückenden cairanischen Einheiten nicht an die Beiboote herankamen.

      Mit einer Mischung aus Bewunderung und Ekel folgte Bull der Auseinandersetzung. Er bekam Raumkämpfe zu sehen, die wie Teile eines Tanzes wirkten – und in denen es um Leben und Tod unzähliger Wesen ging. Immer wieder war ein leichtes Bildruckeln zu bemerken. TOIO merkte Fehler in der Datenübertragung an, die die Schiffspositronik verbesserte.

      Ein Augenraumer explodierte von innen heraus, ein weiterer zog sich nach mehreren Wirkungstreffern aus dem Geschehen zurück. Die Beiboote der falschen THORA schleusten unterdessen nacheinander im Mutterschiff ein. Sie brachten die neuen Futuroskope zu Opt-Atlan.

      Scheinbare Ruhe kehrte ein, der Funkverkehr ebbte ab. Es war, als fielen alle beteiligten Parteien in einen Zustand kurzer Erschöpfung

      »Die Präzision jener THORA dort drüben hat sich erhöht und verbessert«, behauptete Bull. »Das Schiff hat sich weiterentwickelt und ist jetzt meinem alten Mädchen wahrscheinlich weit überlegen.«

      »Opt-Atlan nennt es jetzt Golem«, sagte agh Fermi. »Ist das nicht ein Begriff aus der terranischen Mythologie?«

      »So könnte man sagen, ja. Aber ich muss ja nicht jeden Firlefanz mitmachen, den uns dieser Opt-Atlan serviert. Golem, pah!« Bull klärte den Arkoniden nicht weiter über den Ursprung des Begriffs auf, es hätte zu nichts geführt.

      Das letzte Beiboot schleuste gerade in die Pseudo-THORA ein, die Cairaner zogen sich in Richtung Sternenrad zurück. Sie nutzten zwei der Lichtschleusen, um ins Innere des wundersamen Systems zurückzugelangen. In die Gegenrichtung herrschte reger Verkehr. Terranische und arkonidische Kugelraumer verließen fluchtartig das Sternenrad.

      »Warum sagst du, dass sich der Golem weiterentwickelt hätte, Bull?«

      »Sieh dir die Sensordaten an! Die Pseudo-THORA reagiert aktiver. Womöglich erfährt sie durch die Futuroskopen eine weitere Optimierung.«

      »Dazu sind sie noch nicht lange genug an Bord, Terraner.«

      »Das wird kommen. Was wir da sehen, geht lediglich auf die Optis an Bord zurück, einschließlich des Bordrechners TOIO.«

      »Ist es das, was du mir sagen möchtest, Terraner? Dass ich mehr auf mein Gefühl vertrauen sollte, angesichts der Lage und einem halben Dutzend von Schiffsverbänden mit unterschiedlichen Interessenslagen, die die Bleisphäre derzeit bevölkern?«

      »Natürlich nicht, Markul. Mein Rat ist: Sammle so viele Informationen wie möglich. Hör dir die Meinung so vieler Strategen und Fachleute wie notwendig an. Und triff dann erst deine Entscheidungen.«

      »Es ist, als würde ich einem meiner Ausbilder zuhören.«

      Bull lächelte. »Es wird selbstverständlich kein Arkonide jemals zugeben – aber der zweite Teil der heutigen ARK SUMMIA, also ein Teil eurer strategisch-taktischen Schulung, beruht auf meinem dritten Flottenhandbuch für Terra. Also hast du in gewisser Weise recht.«

      »Du kannst ausschließen, dass nicht etwa du aus unseren Unterlagen Dinge übernommen hast? Ihr Terraner seid ja traditionell eher als Nehmer denn als Geber aufgefallen, oder?«

      Bull verschränkte die Arme vor der Brust und lächelte grimmig. »Finde es heraus, aber erst, nachdem wir hier klar Schiff gemacht haben. – Und da wir gerade unter uns sind: Du machst deine Sache gut, Junge. Arkoniden und Terraner sind sich näher, als es uns einige Demagogen glauben machen wollen.«

      Ein Moment der offenen Worte. Ein Dialog der Ehrlichkeit, wie er nur selten geführt wird. Und das ausgerechnet in diesem schlechtesten aller Momente. Ich ... wir müssen uns auf die Geschehnisse im Sternenrad, auf dem Golem und die Bleisphäre konzentrieren.

      Bull fuhr fort: »Ich hege keinerlei Sympathien für die Cairaner. Sie haben aus der Milchstraße einen Ort der Unsicherheit und der Unwissenheit gemacht. Dennoch ...«

      »Ja?«

      »Es liegt eine gewisse Tragik über ihrem Handeln. Alles, was sie tun, geschieht aus dem Gefühl tiefster Verunsicherung heraus. Sie wollen der Kandidatin Phaatom entkommen.«

      »Du nimmst sie für ihr Handeln in Schutz?«

      »Ich versuche zu verstehen. Ihre Gedanken nachzuvollziehen. All ihre Pläne scheitern soeben. Statt in die endgültige Sicherheit stürzen sie ins Nichts. Ihr Trajekt scheitert nicht etwa, sondern wird ihnen entwendet.«

      »Du hast also doch Mitleid mit den Cairanern. Ich hätte von einem Terraner nichts anderes erwarten sollen.«

      Bull unterdrückte seinen Ärger über die typisch arrogante Haltung agh Fermis. »Gehen wir unsere Probleme Schritt für Schritt durch, Markul: Ich habe den Eindruck, als störte es dich nicht sonderlich, wenn der Golem in die Bleisphäre eintauchen und damit verschwinden würde.«

      Er beobachtete das absurd umstrukturierte Schiff. Es trieb mit immer größerer Geschwindigkeit auf die silbrig-graue Masse zu, die das Arkonsystem umgab.

      »Wir hätten ein Problem weniger am Hals, wenn der Golem einfach verschwände«, stimmte agh Fermi zu. »Allerdings wissen wir nicht, was dann mit der Bleisphäre geschieht – und damit mit dem Kern unseres Herrschaftsgebiets. Mit M 13.«

      »Niemand kann den Golem derzeit aufhalten. Was den Cairanern nicht gelungen ist, werdet auch ihr nicht schaffen.«

      »Aber die THORA ...«

      »Nein. Wie ich bereits sagte: Dieser Nach- und Umbau ist uns mittlerweile nicht nur wegen der angekoppelten Augenraumer definitiv überlegen. Hast du gesehen, wie er die cairanischen Einheiten deklassiert hat? Oder die Meldungen überlesen über seine Aktionen an den Ausweglosen Straßen?«

      »Noch dreißig Minuten, bis die falsche THORA in die Bleisphäre eindringt«, meldete Bendisson und riss Bull damit aus der Unterhaltung.

      Eine halbe Stunde also, dann hatte sich das Problem mit dem Golem sowieso erledigt. Und würde einem weitaus größeren Platz machen.

      »Ich habe Kontakt zur RAS TSCHUBAI« sagte Nellison aufgeregt.

      »In ein gesondertes Holo«, befahl Bull, deutete agh Fermi gegenüber eine arkonidische Geste der Entschuldigung an und legte ihn in eine Warteschleife.

      Ein neues Gesicht erschien. Grüner Teint, goldene Gesichtssprenkel.


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