Backen mit Pasta Madre. Vea Carpi

Backen mit Pasta Madre - Vea Carpi


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      Natürlich müsst ihr die Uhrzeiten nicht genau so befolgen, aber haltet euch in jedem Fall an den Zeitplan und die jeweiligen Intervalle und vermeidet, dass der Teig zu lange bei Zimmertemperatur ruht, denn das Brot würde sonst zu kompakt werden und sauer schmecken.

      Die Angabe des gesamten Zeitaufwandes bei jedem Rezept – bestehend aus der Zubereitung des Teiges, den verschiedenen Teigruhen und der Backzeit – ist natürlich nur annähernd und dient als Orientierungshilfe. Die effektive Teigruhe und die Backzeit hängen jeweils von verschiedenen Faktoren wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit usw. ab.

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      Seelennahrung

      Meine Geschichte, die Geschichte meiner Familie, die Art, wie wir leben – all das ist eng mit dem verbunden, was wir essen, vor allem aber mit dem Brot. Das klingt übertrieben, aber es ist so.

      Brot zu backen, und dabei Pasta Madre zu verwenden, war der erste Schritt hin zu einem neuen Leben, hin zu einer echten Nahrung. Einer Nahrung, die wirklich nährt, die Menschen miteinander und mit der Natur verbindet. Nahrung, die Gemeinschaft, Familie und Heimat schafft.

      Brot für meine Familie zu backen, war für mich ein wirklich „revolutionärer“ Schritt. Ich hätte im Leben nicht daran gedacht, so etwas jemals zu tun. Ja, die Natur war inzwischen Teil unseres Lebens und Alltags geworden. Aber sie war noch nicht direkter Teil unserer Ernährung. Der Wunsch, mich auch in diesem Bereich der Natur anzuvertrauen, kam ganz plötzlich.

      Ich hätte nie gedacht, welch tiefe Befriedigung es ist, selbst gemachtes Brot auftischen zu können. Ich habe zu backen begonnen und nie wieder damit aufgehört. Ich könnte es gar nicht, auch wenn ich wollte. Brot ist für mich etwas ganz Besonderes, es ist das Symbol des Lebens. Es ist die Begegnung der vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer. Überall auf der Welt wird es verehrt, steht im Mittelpunkt eines Kultes. Denn nicht zuletzt markiert das Brot den Beginn unserer Kultur, den Übergang der nomadischen zur sesshaften, bäuerlichen Lebensweise.

      In meinen Workshops sage ich immer, dass das Brotbacken dem Anlegen eines Gartens ähnelt: Nicht das Ergebnis zählt, sondern der Prozess. Wer es mit Hingabe tut, der zählt nicht die Stunden der Arbeit. Wer sich für diesen Weg entscheidet, dem geht es nicht nur darum, gesundes Essen auf den Tisch zu bringen. Es ist auch ein Weg, wieder an eine uralte Kulturtechnik anzuknüpfen, die wir verlernt und verloren geglaubt haben, und uns dadurch – zumindest ein wenig – von der modernen Konsumdiktatur zu emanzipieren.

      Als ich mit dem Brotbacken begonnen habe, wurde mir erst klar: Wenn ich es fertigbringe, Brot zu machen, dann schaffe ich alles! Ich habe mir auszumalen begonnen, was ich sonst noch alles selbst machen und wie ich meine Kinder und meinen Mann mit einbeziehen könnte. Ich habe unglaubliches Selbstvertrauen bekommen. Ich glaube, dass sich nicht nur die „Gartentherapie“, sondern vielleicht auch eine „Backtherapie“ etablieren könnte: Brot backen als Kur, um selbstbewusster zu werden, um das eigene Selbstwertgefühl zu steigern. Bei mir hat es funktioniert!

      Ich habe den Sprung ins Ungewisse gewagt, den Job aufgegeben, Stiefel angezogen und einen kleinen Gemüsegarten angelegt. Aus dem kleinen Gemüsegarten ist ein Bergbauernhof (oder ein „landwirtschaftlicher Betrieb“, wie er offiziell heißt) geworden, mit Hühnern, Schafen, Feldern und Wiesen. Klein, aber groß genug, um uns und die Gäste in unserem kleinen Agritur zu „nähren“.

      Ohne Brot wäre das alles nicht möglich gewesen.

      Was ihr braucht

      Bei meinem ersten Filzkurs an der Winterschule Ulten hat meine Filzlehrerin Irene Hager (inzwischen eine Freundin und Co-Autorin dieses Buches) etwas gesagt, was mich sehr beeindruckt hat: „Filzen ist ein wunderbares Handwerk, auch weil man nur ganz wenig Zubehör braucht, man kann es mit dem ausüben, was man sowieso zu Hause hat.“ Und diese Philosophie möchte ich auch auf das Brotbacken anwenden.

      In diesem Kapitel zähle ich einige wirklich notwendige Hilfsmittel zum Brotbacken auf und einige, die nicht unbedingt notwendig sind. Sicher habt ihr das meiste davon schon in eurer Küche.

Teigkarte aus Metall Dieses Utensil ist unglaublich wichtig, um Teig anzuheben, das Teigbrett von Teigresten zu säubern und um besonders weiche Teige zu bearbeiten. image
Teigspatel aus Silikon Er ist perfekt, um den Teig nach dem Aufgehen aus der Schüssel zu schaben. Ich habe einen weichen und einen etwas festeren Teigspatel. image
Gärkörbchen Diese resistenten Körbe sind mit einem rauen Leinen- oder Baumwollstoff gefüttert und sehr praktisch für die letzte Teigruhe. Den Teig immer in den schon bemehlten Teigkorb legen! image
Küchenmaschine mit Planetenrührwerk Diese ist nicht unbedingt notwendig, aber doch eine große Hilfe, vor allem wenn ihr euch an die aufwendigen Rezepte wie Pandoro oder Panettone wagt. image
Küchenwaage In den Rezepten habe ich alle Maße in Gramm (g) angegeben. Am besten eignet sich eine elektronische Küchenwaage. Wer einmal mit den Rezepturen und der Pasta Madre vertraut ist, kann auch mit Augenmaß backen, aber am Anfang ist ein genaues Abwiegen besser. image
Glas-, Metall- oder Plastikschüsseln Es ist ideal, wenn sie eine halbrunde Form haben, dann eignen sie sich zum Kneten und für die erste Teigruhe. image
Getreidemühle Wenn ihr schon eine besitzt, ist das natürlich wunderbar. Wenn nicht, dann sammelt erst mal Erfahrungen im Brotbacken und überlegt euch dann, ob die Investition sinnvoll ist. image
Rasierklinge für das Einritzen des Brotes Die klassischen Rasierklingen, die es um wenig Geld in jedem Supermarkt gibt, eignen sich wunderbar dafür. Das „scoring“ kann zur Kunst werden, aber ein einfacher Schnitt oder ein Kreuz reicht schon, dass ein nicht nur gut schmeckt, sondern auch schön aussieht. image
Küchentücher Unbedingt notwendig ist auch ein Stapel an Stofftüchern, um den Teig oder das Brot abzudecken. Ich verwende dafür alte Leintücher, die schon löchrig geworden sind, und schneide sie in Rechtecke. Ich habe auch ein eigenes Brottuch, einen Läufer aus grobem Leinen, den ich vor allem für die Ciabatta verwende. Der Stoff ist so rau, dass auch ein sehr weicher Teig nicht anklebt. image
Brotglocke aus Terrakotta (Cloche)
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