Also sprach Zarathustra. Friedrich Nietzsche

Also sprach Zarathustra - Friedrich Nietzsche


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sprechen:

      Es zerreisst mir das Herz. Besser als deine Worte es sagen, sagt mir dein Auge alle deine Gefahr.

      Noch bist du nicht frei, du suchst noch nach Freiheit. Übernächtig machte dich dein Suchen und überwach.

      In die freie Höhe willst du, nach Sternen dürstet deine Seele. Aber auch deine schlimmen Triebe dürsten nach Freiheit.

      Deine wilden Hunde wollen in die Freiheit; sie bellen vor Lust in ihrem Keller, wenn dein Geist alle Gefängnisse zu lösen trachtet.

      Noch bist du mir ein Gefangner, der sich Freiheit ersinnt: ach, klug wird solchen Gefangnen die Seele, aber auch arglistig und schlecht.

      Reinigen muss sich auch noch der Befreite des Geistes. Viel Gefängnis und Moder ist noch in ihm zurück: rein muss noch sein Auge werden.

      Ja, ich kenne deine Gefahr. Aber bei meiner Liebe und Hoffnung beschwöre ich dich: wirf deine Liebe und Hoffnung nicht weg!

      Edel fühlst du dich noch, und edel fühlen dich auch die andern noch, die dir gram sind und böse Blicke senden. Wisse, dass allen ein Edler im Wege steht.

      Auch den Guten steht ein Edler im Wege: und selbst wenn sie ihn einen Guten nennen, so wollen sie ihn damit beiseite bringen.

      Neues will der Edle schaffen und eine neue Tugend. Altes will der Gute, und dass Altes erhalten bleibe.

      Aber nicht Das ist die Gefahr des Edlen, dass er ein Guter werde, sondern ein Frecher, ein Höhnender, ein Vernichter.

      Ach, ich kannte Edle, die verloren ihre höchste Hoffnung. Und nun verleumdeten sie alle hohen Hoffnungen.

      Nun lebten sie frech in kurzen Lüften, und über den Tag hin warfen sie kaum noch ziele.

      ,,Geist ist auch Wollust“ – so sagten sie. Da zerbrachen ihrem Geiste die Flügel: nun kriecht er herum und beschmutzt im Nagen.

      Einst dachten sie Helden zu werden: Lüstlinge sind es jetzt. Ein Gram und ein Grauen ist ihnen der Held.

      Aber bei meiner Liebe und Hoffnung beschwöre ich dich: wirf den Helden in deiner Seele nicht weg! Halte heilig deine höchste Hoffnung! –

      Also sprach Zarathustra.

      * * *

      Von den Predigern des Todes.

      Es gibt Prediger des Todes: und die Erde ist voll von solchen, denen Abkehr gepredigt werden muss vom Leben.

      Voll ist die Erde von Überflüssigen, verdorben ist das Leben durch die Viel-zu-Vielen. Möge man sie mit dem ,,ewigen Leben“ aus diesem Leben weglocken!

      „Gelbe“: so nennt man die Prediger des Todes, oder ,,Schwarze“. Aber ich will sie euch noch in andern Farben zeigen.

      Da sind die Fürchterlichen, welche in sich das Raubtier herumtragen und keine Wahl haben, es sei denn Lüste oder Selbstzerfleischung. Und auch ihre Lüste sind noch Selbstzerfleischung.

      Sie sind noch nicht einmal Menschen geworden, diese Fürchterlichen: mögen sie Abkehr predigen vom Leben und selber dahinfahren!

      Da sind die Schwindsüchtigen der Seele: kaum sind sie geboren, so fangen sie schon an zu sterben und sehnen sich nach Lehren der Müdigkeit und Entsagung.

      Sie wollen gerne tot sein, und wir sollten ihren Willen gutheissen! Hüten wir uns, diese Toten zu erwecken und diese lebendigen Särge zu versehren!

      Ihnen begegnet ein Kranker oder ein Greis oder ein Leichnam; und gleich sagen sie: „das Leben ist widerlegt!“

      Aber nur sie sind widerlegt und ihr Auge, welches nur das Eine Gesicht sieht am Dasein.

      Eingehüllt in dicke Schwermut und begierig auf die kleinen Zufälle, welche den Tod bringen: so warten sie und beissen die Zähne aufeinander.

      Oder aber: sie greifen nach Zuckerwerk und spotten ihrer Kinderei dabei: sie hängen an ihrem Strohhalm Leben und spotten, dass sie noch an einem Strohhalm hängen.

      Ihre Weisheit lautet: ,,ein Tor, der leben bleibt, aber so sehr sind wir Toren! Und das eben ist das Törichtste am Leben!“ –

      „Das Leben ist nur Leiden“ – so sagen andre und lügen nicht: so sorgt doch, dass ihr aufhört! So sorgt doch, dass das Leben aufhört, welches nur Leiden ist!

      Und also laute die Lehre eurer Tugend: „du sollst dich selber töten! Du sollst dich selber davonstehlen!“ –

      „Wollust ist Sünde, – so sagen die einen, welche den Tod predigen –, lasst uns beiseite gehn und keine Kinder zeugen!“

      „Gebären ist mühsam, – sagen die andern – wozu noch gebären? Man gebiert nur Unglückliche!“ Und auch sie sind Prediger des Todes.

      „Mitleid tut not – so sagen die Dritten. Nehmt hin, was ich habe! Nehmt hin, was ich bin! Um so weniger bindet mich das Leben!“

      Wären sie Mitleidige von Grund aus, so würden sie ihren Nächsten das Leben verleiden. Böse sein — das wäre ihre rechte Güte.

      Aber sie wollen loskommen vom Leben: was schiert es sie, dass sie andre mit ihren Ketten und Geschenken noch fester binden! –

      Und auch ihr, denen das Leben wilde Arbeit und Unruhe ist: seid ihr nicht sehr müde des Lebens? Seid ihr nicht sehr reif für die Predigt des Todes?

      Ihr alle, denen die wilde Arbeit lieb ist und das Schnelle, Neue, Fremde, – ihr ertragt euch schlecht, euer Fleiss ist Flucht und Wille, sich selber zu vergessen.

      Wenn ihr mehr an das Leben glaubtet, würdet ihr weniger euch dem Augenblicke hinwerfen. Aber ihr habt zum Warten nicht Inhalt genug in euch – und selbst zur Faulheit nicht!

      Überall ertönt die Stimme Derer, welche den Tod predigen: und die Erde ist voll von solchen, welchen der Tod gepredigt werden muss.

      Oder „das ewige Leben“: das gilt mir gleich, — wofern sie nur schnell dahinfahren!

      Also sprach Zarathustra.

      * * *

      Vom Krieg und Kriegsvolke.

      Von unsern besten Feinden wollen wir nicht geschont sein, und auch von Denen nicht, welche wir von Grund aus lieben. So lasst mich denn euch die Wahrheit sagen!

      Meine Brüder im Kriege! Ich liebe euch von Grund aus, ich bin und war euresgleichen. Und ich bin auch euer bester Feind. So lasst mich denn euch die Wahrheit sagen!

      Ich weiss um den Hass und neid eures Herzens. Ihr seid nicht gross genug, um Hass und neid nicht zu kennen. So seid denn gross genug, euch ihrer nicht zu schämen!

      Und wenn ihr nicht Heilige der Erkenntnis sein könnt, so seid mir wenigstens deren Kriegsmänner. Das sind die Gefährten und Vorläufer solcher Heiligkeit.

      Ich sehe viel Soldaten: möchte ich viel Kriegsmänner sehn! ,,Ein-form“ nennt man’s, was sie tragen: möge es nicht Ein-form sein, was sie damit verstecken!

      Ihr sollt mir solche sein, deren Auge immer nach einem Feinde sucht – nach eurem Feinde. Und bei einigen von euch gibt es einen Hass auf den ersten Blick.

      Euren Feind sollt ihr suchen, euren Krieg sollt ihr führen, und für eure Gedanken! Und wenn euer Gedanke unterliegt, so soll eure Redlichkeit darüber noch Triumph rufen!

      Ihr sollt den Frieden lieben als Mittel zu neuen Kriegen. Und den kurzen Frieden mehr als den langen.

      Euch rate ich nicht zur Arbeit, sondern zum Kampfe. Euch rate ich nicht zum Frieden, sondern zum Siege. Eure Arbeit sei ein Kampf, euer Friede sei ein Sieg!

      Man kann nur schweigen und stillsitzen, wenn man Pfeil und Bogen hat: sonst schwätzt und zankt man. Euer Friede sei ein Sieg!

      Ihr sagt, die gute Sache sei es, die sogar den Krieg heilige? Ich sage euch: der gute Krieg ist es, der jede Sache heiligt.

      Der Krieg


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