Messi. Luca Caioli

Messi - Luca Caioli


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      Luca Caioli

      Messi

      Der Weg zur Legende

      VERLAG DIE WERKSTATT

      Die Originalausgabe erschien unter dem Titel „Messi. The inside story of the boy who became a legend“ bei Corinthian Books, London.

      Aus dem Englischen von Markus Montz, außer

      Kapitel 23–25: aus dem Spanischen von Reimar Paul,

      Kapitel 26–38: aus dem Englischen von Olaf Bentkämper.

      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

      Copyright © Luca Caioli, 2008, 2010, 2012, 2013, 2014, 2015, 2017

      Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe:

      2010 Verlag Die Werkstatt GmbH

      Lotzestraße 22a, D-37083 Göttingen

      www.werkstatt-verlag.de Alle Rechte vorbehalten Coverabbildung: Imago Satz und Gestaltung: Die Werkstatt Medien-Produktion GmbH

      ISBN 978-3-89533-795-6

      Kapitel 1

      Rosario

      Dezember 2007

      „Ich kaufe etwas Hinterviertel vom Rind, das habe ich auch in Barcelona gesehen, weiß aber nicht, wie man es dort nennt. Jedes Stück salze ich etwas, dann tauche ich die Stücke in Ei und wende sie in Semmelbröseln. Ich brate sie, bis sie schön goldbraun sind, und lege sie in eine Ofenform. Die Zwiebel hacke ich fein und dünste sie an. Wenn die Zwiebel glasig wird, gebe ich gehackte Tomaten, ein bisschen Wasser, Salz, Oregano und eine Prise Zucker dazu und erhitze alles für etwa 20 Minuten. Sobald die Sauce fertig ist, gieße ich sie auf die Fleischstücke, so dass sie alle gut bedeckt sind. Ich nehme etwas Frischkäse oder Schnittkäse aus dem Kühlschrank und lege dünne Scheiben davon auf das Fleisch. Das Ganze lasse ich im Ofen, bis der Käse schmilzt. Dann müssen nur noch die Kartoffeln als Beilage gebraten werden, und das milanesa à la napolitana [Schnitzel nach neapolitanischer Art] kann serviert werden.“ Mit der Leidenschaft einer guten Köchin beschreibt Celia das Lieblingsgericht ihres Sohnes Lionel Messi.

      „Wenn ich in Barcelona bin, muss ich das zwei- oder dreimal in der Woche kochen, mit mindestens drei mittelgroßen Fleischstücken. Ich wuschele ihm durchs Haar und erkläre ihm: ‚Wegen meines milanesa à la napolitana und meines Mate schießt du so viele Tore.‘“ Lionel hat einen aus Feinschmeckersicht einfachen Geschmack: Er mag Schnitzel, aber nicht, wenn es mit Schinken oder Pferdefleisch zubereitet ist, oder Hühnchen mit einer Sauce aus Pfeffer, Zwiebeln, Tomaten und Oregano. Aufwendige Gerichte, wie sie sein Bruder Rodrigo kocht, interessieren ihn eher weniger. Rodrigo ist Koch und träumt davon, irgendwann einmal sein eigenes Restaurant zu eröffnen. Er experimentiert gerne mit neuen Rezepten, auch wenn sein kleiner Bruder sie nicht immer zu schätzen weiß. Hat Lionel denn auch eine Schwäche für Süßes? „Ja, Leo liebt Schokolade und alfajores. Wenn wir nach Spanien kommen, müssen wir die immer kistenweise mitbringen, damit er stets gut versorgt ist.“ Dann erzählt sie, wie er als kleiner Junge einmal von einem Trainer für jedes Tor einen alfajor, einen jener traditionellen argentinischen Kekse, versprochen bekam und daraufhin achtmal einnetzte. Ein ziemliches Festessen.

      Wir befinden uns in Lionels argentinischer Heimatstadt Rosario und sitzen bei einer Tasse Kaffee in der Bar „La Tienda“ in der Calle San Martín. Die Mutter von Barças Nummer 10 spricht voller Begeisterung von ihrem weltbekannten Sohn. Celia María Cuccittini Oliveira de Messi hat eine weiche, liebenswürdige Stimme, schwarze Haare, ein feines Lächeln und einige an Leo erinnernde Gesichtszüge – auch wenn sie selbst darüber lacht und sagt, dass er ganz wie sein Vater aussieht. Während sie redet, schaut sie immer wieder zu ihrer gegenübersitzenden Schwester Marcela. Marcela ist die Jüngste aus der Familie Cuccittini und ebenfalls Mutter von Fuß-ballspielern. Maximiliano und Emanuel spielen beide für Bahia in Brasilien. Marcela Cuccittini de Biancucchi ist Leos Paten- und Lieblingstante. Kommt er nach Rosario, verbringt er seine Zeit am liebsten bei ihr zu Hause. „Wir müssen dann zu Marcela, um ihn zu sehen, oder dort anrufen, um zu erfahren, wie es ihm geht. Aber meine Schwester verhätschelt ihn natürlich auch“, sagt Celia. „Und dann ist da noch Emanuel. Die beiden sind unzertrennlich.“ Seit frühester Kindheit spielten sie immer zusammen Ball. „Sie waren zu fünft: meine drei Jungs, also Matías, Rodrigo und Leo, und die beiden von meiner Schwester, Maximiliano und Emanuel. Wenn wir am Sonntag bei meiner Mutter waren, gingen sie vor dem Mittagessen immer zum Spielen auf die Straße“, erinnert sich Celia. Es waren wilde Spiele, Fuß-ball oder Fußballtennis, und am Ende kam Leo oftmals weinend zurück ins Haus, weil er verloren oder die Älteren geschummelt hatten. „Erst gestern hat Maxi mich wieder an diese Spiele erinnert“, fügt Marcela hinzu. „Er meinte, dass er mal wieder wie in alten Zeiten Messis gegen Biancucchinis spielen wolle, wenn sie sich alle hier in Rosario treffen.“

      Erinnerungen an Großmutter Celia werden wach: an ihr köstliches Essen, ihr Gebäck, die sonntäglichen Familientreffen und ihre Leidenschaft für Fußball. „Sie war es, die die Kinder zum Training begleitete und darauf bestand, dass sie meinen Lionel trotz seines Alters schon spielen lassen, auch wenn er der Jüngste und klein war“, erzählt Celia. „Er war immer klein und die hatten Angst, dass er umgetreten und verletzt werden würde, aber Großmutter hatte diese Angst nicht. Sie sagte: ‚Spiel zu Lionel, spiel zu dem kleinen Mann, der schießt die Tore.‘ Sie überredete uns auch, ihm Fußballschuhe zu kaufen. Es ist ein Jammer, dass sie ihn heute nicht mehr erleben kann. Sie starb, als er zehn Jahre alt war. Aber wer weiß, ob sie nicht von dort oben sehen kann, was aus ihm geworden ist, und sich nicht für ihren geliebten Enkelsohn freut?“

      Doch wie fing Leo mit dem Fußball an? Wer war sein Lehrer? Woher kommt all sein Können – ist es etwa eine Frage der Gene? „Keine Ahnung – von seinem Vater, seinen Brüder, seinen Cousins. Unsere Familie hat Fuß-ball immer geliebt. Ich bin auch ein Fan. Mein Idol? Maradona. Seine Karriere und seine Tore habe ich mit großer Leidenschaft verfolgt. Auf dem Platz war er ein Wilder. Als ich ihn mal kennenlernte, sagte ich zu ihm: ‚Ich hoffe, dass mein Sohn eines Tages ein großer Fußballer sein wird und du ihn trainieren kannst.‘“ Ein Wunsch, der in Erfüllung gehen sollte: Als Nationaltrainer Argentiniens von 2008 bis 2010 trainierte Maradona auch Messi.

      Die Erzählung wird kurz unterbrochen durch das Klingeln von Celias Mobiltelefon. Sie entschuldigt sich und entfernt sich ein paar Schritte, um dranzugehen. In der Zwischenzeit kommt Marcela auf den jungen Leo zurück. „Er war unglaublich. Er war noch nicht einmal fünf Jahre alt und hatte eine Ballkontrolle wie sonst keiner. Er liebte es, zu spielen, und tat dies unaufhörlich. So donnerte er den Ball immer wieder gegen das Vordertor, bis die Nachbarn ihn baten, ein paar Gänge runterzuschalten.“

      Celia setzt sich wieder zu uns und nickt zustimmend. „Wir konnten ihm keine schlimmere Strafe androhen als ‚Heute gehst du nicht zum Training.‘ Er bettelte und flehte dann: ‚Nein, Mutti, bitte, ich werde ganz artig sein, keine Sorge, ich verspreche es‘, bis er mich überredet hatte. Leo war weder ein besonders lebhaftes Kind, noch war er faul. Er war immer ein guter Junge, ruhig und schüchtern, so wie heute noch.“

      Tatsächlich? „Ja, wirklich. Der ganze Ruhm interessiert ihn nicht. Wenn er zu Besuch in Rosario ist, will er immer zusammen mit seinem Cousin Emanuel in der Calle San Martín hier bei uns im Viertel spazieren gehen. Erklären wir ihm, dass das nicht geht, weil die Leute in seiner Heimatstadt bei seinem Anblick hysterisch werden und ihn auf Schritt und Tritt verfolgen, wird er sauer. Er versteht das nicht. In Barcelona geht er in Turnschuhen und Sportsachen zum Kaufhaus Corte Inglés. Ronaldinho hat ihm immer mal wieder das Haar zerzaust und ihm gesagt, dass er verrückt ist, in solchen Klamotten auf die Straße zu gehen. Es interessiert ihn aber gar nicht, wer er ist. Deshalb stört es ihn auch nicht, berühmt zu sein, Autogramme zu schreiben oder Fotos mit Fans zu machen. Wenn er nach längerer Zeit mal wieder nach Hause kommt und ich an manchen Abenden nach ihm sehe, lege ich mich neben ihm aufs Bett. Wir schwatzen, ich streiche ihm durchs Haar, erzähle ihm das eine oder andere und sage halb im Scherz: ‚Was würden die ganzen


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