Perry Rhodan 150: Stalker (Silberband). Arndt Ellmer
und gelernt, den TSUNAMI zu steuern«, fuhr er fort. »Ich kenne mich mit dem Antitemporalen Gezeitenfeld aus und verstehe mich ausgezeichnet mit dem Kontra-Computer. Ich habe mir alles Wissenswerte über die Milchstraße und die Terraner aus der Bordpositronik geholt. Vorher erlernte ich über den Hypnoschuler eure Sprache und informierte mich aus den Personalverzeichnissen über jedes einzelne Mannschaftsmitglied. Ich habe einiges über die angespannte Lage in der Milchstraße erfahren und über die prekäre Situation der Kosmischen Hanse. Vor allem weiß ich über das Kräftemessen zwischen Kosmokraten und Chaotarchen im Bereich eurer Galaxis Bescheid. Was ich über die Entwicklungen während der letzten Monate nicht wissen konnte, habe ich mir sofort nach meiner Ankunft erarbeitet. Ich bin überrascht – und zugleich enttäuscht –, dass sich die galaktische Situation derart zugespitzt hat, weil die Probleme bislang nicht gelöst wurden. Das bringt mich in eine eher unangenehme Position. Denn als Fremder stehe ich zwischen den Fronten und werde von allen Beteiligten als Gegner gesehen. Mir ist hinreichend deutlich, dass ich zu einem ungünstigen Zeitpunkt gekommen bin, nur habe ich ihn mir nicht ausgesucht. Ich könnte mich zurückziehen und irgendwann wiederkommen, in der Hoffnung, dass ihr bis dahin alle Probleme gelöst habt. Aber dadurch würde viel wertvolle Zeit verloren gehen – und womöglich wäre es dann für eine Kontaktaufnahme schon zu spät.«
Adams hatte dem Fremden interessiert zugehört und ihn dabei fasziniert beobachtet. Sotho Tal Ker hatte ein ausdrucksstarkes Mienenspiel. Wenn er log und diese Persönlichkeit nur vortäuschte, dann war er ein guter Schauspieler.
Da Adams schwieg, redete der Fremde weiter: »Der momentane Stand ist für mich untragbar. Im Asteroidengürtel fühle ich mich trotz des Antitemporalen Gezeitenfelds nicht sicher, zumal andere TSUNAMIS im Solsystem sind. Außerdem habe ich das Versteckspiel satt. Ich suche eine Unterkunft. Du kannst mich unterstützen, Gershwin Adams.«
»Wie stellst du dir das vor? Ich habe nicht die Macht, einem Fremden, der keineswegs schon über jeden Verdacht erhaben wäre, Asyl zu gewähren. Ich kann keine derartige Entscheidung treffen, weder allein ...«
»Du bist die Kosmische Hanse!«
Sotho Tal Ker sagte das so eindringlich und überzeugend, dass Adams es beinahe selbst geglaubt hätte. Der Fremde lachte dazu, und vielleicht gerade deshalb entfaltete dieser eine Satz seine Wirkung. Du bist die Kosmische Hanse! Das war Unsinn, aber irgendwie stimmte es dennoch. Die Aussage war unrichtig, weil Adams nie nach Macht strebte. Andererseits war er der Einzige, der mit Leib und Seele hinter der Hanse stand.
»Ich kann keine solche Entscheidung treffen«, wiederholte Adams. »Ich habe nicht die Befugnisse dafür. Trotzdem versichere ich dir ...«
»Du hättest die Möglichkeiten, Gershwin Adams«, unterbrach ihn Sotho Tal Ker mit strenger Miene. »Du hast NATHAN und den Stalhof. Ich weiß darüber ein wenig Bescheid. Dort kannst du mich verbergen, oder sagen wir besser: unter Quarantäne stellen. Ich bin bereit, mich dir auszuliefern. Nur dir persönlich. Dir vertraue ich als Person, nicht hingegen der Verwaltungsmaschinerie deines Volkes. Verstehst du? Ich lege mein Schicksal in deine Hand. Du kannst mich für die Dauer der Quarantäne auf Herz und Nieren prüfen. Nur musst du dich schnell entscheiden.«
»Herz und Nieren, hast du solche Organe überhaupt?«
Der Fremde lachte hell. »Dein Humor gefällt mir, Gershwin Adams«, bemerkte er augenzwinkernd.
»Warum tust du das alles?« Adams gab sich äußerlich unberührt, dabei hatte der Fremde seine Sympathie schon gewonnen. Adams suchte nur nach einer plausiblen Rechtfertigung, einer Ausrede gewissermaßen, die es ihm erleichterte, über seinen Schatten zu springen. »Und vor allem: Warum gehst du ein solches Risiko ein?«
»Ich will deine Freundschaft, Gershwin Adams«, antwortete Sotho Tal Ker. »Und ich suche die Freundschaft deines Volkes. Ich bin vierzig Millionen Lichtjahre weit dafür gereist.«
Adams gab sich geschlagen. Er stellte nur eine Bedingung: »Nenn mich nicht mehr Gershwin Adams, Sotho Tal Ker.«
»Einverstanden, mein Freund – Gershwin.«
Es war – mit NATHANS Hilfe, wohlgemerkt – eigentlich recht einfach, den Fremden unbemerkt nach Luna und in den Stalhof zu holen.
Sotho Tal Ker bestand aus Sicherheitsgründen darauf, den TSUNAMI im Asteroidengürtel zurückzulassen. Er schlug vor, den Weg nach Luna über Transmitter zurückzulegen, lehnte eine Direktverbindung indes ab. Darum erarbeitete Adams eine Route in drei Etappen.
Sotho Tal Ker sollte zuerst einen Hanse-Stützpunkt auf dem Mars aufsuchen, wo die drei eingeweihten Hanse-Sprecher ihn erwarten würden. Sie begleiteten ihn dann zu einer Station im interplanetaren Raum, und erst danach ging es zum Mond. Dieser letzte Empfängertransmitter war ausschließlich Hanse-Sprechern, Hanse-Spezialisten und deren Gästen vorbehalten.
Die letzte Hürde war das Sicherheitssystem des Stalhofs. Ohne NATHANS Unterstützung wäre diese Hürde nie zu nehmen gewesen. Jedenfalls erhielt Sotho Tal Ker von der Hyperinpotronik ein eigenes Erkennungssymbol. Sotho Tal Ker wählte als Symbol ein Dreieck, von dessen Mittelpunkt drei Pfeile zu den Spitzen wiesen. Auf die Frage, warum er gerade dieses Bild wollte, antwortete er: »Es ist mein Hoheitszeichen, das Symbol der drei Wege.«
Es war eine fast unwirklich anmutende Begegnung, als sich Adams und der Fremde endlich im Stalhof gegenüberstanden. Sotho Tal Ker brach das Eis spontan, als er Adams begrüßte: »Ich danke dir, mein Freund, für deine Gastfreundschaft. Dies könnte ein historischer Augenblick werden, der Beginn einer innigen Freundschaft unserer Völker.«
Er reichte Adams, den er um Haupteslänge überragte, seine lange, schmale Hand, und Adams griff, ohne zu zögern, fest zu.
Adams brannten viele Fragen auf der Zunge, doch er verschob sie auf später.
Sotho Tal Ker redete schon weiter: »Ich danke dir auch dafür, dass du alles Nötige für die Geheimhaltung getan hast. Die Transmitterstationen, über die ich kam, waren alle verlassen, kein Außenstehender weiß demnach von meiner Existenz. Gerade deshalb wundere ich mich, dass du drei Personen in unser Geheimnis eingeweiht hast.«
Adams war ein wenig überrascht von dem strengen Unterton und dem unverhohlenen Vorwurf, der in der Stimme des Fremden mitschwang.
»Celeste, Patricia und Timo waren bei mir, als mich dein erster Anruf erreichte«, sagte Adams, und zugleich ärgerte er sich darüber, dass dies wie eine Rechtfertigung klang. »Wir können uns auf sie verlassen, sie sind mir treu ergeben.«
Er blickte zu den drei Hanse-Sprechern, die den Fremden begleitet hatten, und merkte an ihren Gesichtern, dass etwas vorgefallen sein musste, das ihnen Unbehagen einflößte.
Sotho Tal Ker überspielte das kurze Stocken. »Ich sehe euch zwar sehr ähnlich, aber ich habe einige Eigenheiten, die auf meine andere Mentalität zurückzuführen sind. Unsere drei Freunde waren ein wenig schockiert, weil ich bei unserer Begegnung etwas überreagierte. Ich entschuldige mich für meinen Fauxpas, dass ich im ersten Moment an Verrat dachte.«
»Fauxpas ist gut«, sagte Timo Porante, der jüngste der drei Hanse-Sprecher. »Ich dachte, er würde bei unserem Anblick Amok laufen und uns in Stücke reißen.«
»Wie soll ich das verstehen?«, fragte Adams irritiert.
»Timo übertreibt«, wehrte Patricia Kolmeth unsicher lächelnd ab. »Es wird so gewesen sein, wie unser Gast sagt. Unser Erscheinen kam unerwartet für ihn und entsetzte ihn. Er hat sich umgehend wieder gefangen, als wir ihm die Sachlage schilderten.«
»Das Ganze war mein Fehler«, gestand Adams ein. »Ich hätte Sotho Tal Ker auf euch als Empfangskomitee vorbereiten sollen.«
»Ich hätte nicht so heftig reagieren dürfen«, sagte der Fremde entschuldigend. »Als Erklärung kann ich nur mein angeborenes Misstrauen anführen. Ich muss vorsichtig sein – als Einziger meiner Art in einer fremden Galaxis.«
»Du hast immerhin den Vorteil, dass du sehr viel über uns weißt«, entgegnete Adams. »Im Gegenzug bist du weiterhin der große Unbekannte für uns.«
»Das ist richtig. Darum ist es