Kaiserkrieger 13: Flammen über Persien. Dirk van den Boom

Kaiserkrieger 13: Flammen über Persien - Dirk van den Boom


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Atlantis

       Eine Veröffentlichung des

       Atlantis-Verlages, Stolberg

       Dezember 2020

       Druck: Schaltungsdienst Lange, Berlin

       Titelbild und Umschlaggestaltung: Timo Kümmel

       Lektorat und Satz: André Piotrowski

       ISBN der Paperback-Ausgabe: 978-3-86402-719-2

       ISBN der E-Book-Ausgabe (EPUB): 978-3-86402-761-1

       Dieses Paperback/E-Book ist auch als Hardcover-Ausgabe direkt beim Verlag erhältlich.

       Besuchen Sie uns im Internet:

       www.atlantis-verlag.de

      1

      Pāygān-sālār Jawed war noch am Leben, er atmete schwer und betete wahrscheinlich bereits zu seinen Göttern. Zenturio Marcus Sempronius Metellus hatte nicht die Absicht, seinen Kameraden sofort aufzugeben und alles höheren Mächten zu überlassen – nicht, solange er hier war. Er drückte mit beiden Händen auf die Wunde. Die Blutung ließ nach, als er die Schlagader im Becken fand und abpresste. Die Blutung stoppte dann fast vollständig und er starrte Jawed in die Augen, die verschleiert wirkten. Der Schock, so hatte man ihm bei der obligatorischen Sanitätsausbildung auf der imperialen Akademie beigebracht, und er hatte oft genug miterlebt, was das bedeutete. Jawed war jemand, dessen Leben er schätzte. Der Offizier hatte mit ihm in den letzten drei Monaten die persische Ostgrenze bewacht, jederzeit in Erwartung eines Angriffes. Er war kein Freund. Metellus hatte eher wenig Freunde. Jawed kam aber einem am nächsten.

      Es gab diese Scharmützel. Es gab Verletzte. Noch wurde nicht richtig gekämpft. Es war ein Abtasten vor dem großen Angriff, wann auch immer der kommen mochte. Und Pāygān-sālār Jawed war nun zu einem Opfer dieses Abtastens geworden. Metellus kontrollierte seine Wut, konzentrierte sich. Die Befehle waren eindeutig: nicht provozieren lassen, sich nur verteidigen, alles melden, sich vor einer Übermacht zurückziehen. Das war vernünftig. Die Instinkte des Zenturios aber sagten etwas anderes.

      »Herr, die Angreifer haben sich zurückgezogen!« Ein persischer Soldat meldete direkt einem römischen Offizier. Vor Jahren ein unmöglicher, ein undenkbarer Vorgang, doch Metellus, der keine Mühen gescheut hatte, die zum Glück recht logische Sprache der neuen Verbündeten Roms zu lernen, hatte sich angepasst.

      »Wo ist der Arzt?«, fragte er.

      »Draußen. Er versorgt …«

      »Blutet dort jemand zu Tode?«

      »Ich frage nach.«

      Das kleine Grenzfort bot kaum 40 Mann Platz und es war ein willkommenes Ziel gewesen für eine starke Baekye-Patrouille, bewaffnet mit Gewehren. Ein Angriff aus der Ferne, der relativen Sicherheit einer guten Deckung, wohl wissend, dass weder Perser noch Römer die Erlaubnis hatten, auf die andere Seite vorzudringen, um eine passende Antwort zu geben.

      Wut, da war sie wieder. Verdammt! Seit Imperator Haraldus tot war, ging alles den Bach runter. Es gab diese Momente, in denen rang Metellus um seine Selbstdisziplin. Er war Soldat. Dort war der Feind. Und sie saßen hier und ließen es zu, dass die engsten Verbündeten aus der Ferne niedergeschossen wurden, und durften nichts tun.

      »Sie drücken auf die Arterie?«

      Der Medicus kam an, erschöpft, voller Blutspritzer. Er schaute auf Jawed, dessen Augen ihren Fokus verloren hatten. Cornelius war ein alter Mann, stand am Ende seiner Dienstzeit und hatte sich, des Wahnsinns fette Beute, freiwillig zur gemeinsamen Grenzwache mit den Persern gemeldet. Wollte es noch einmal wissen, sich beweisen, etwas tun, bis er nicht mehr konnte oder man ihn nicht mehr haben wollte.

      Das hatte er nun davon.

      »Ja.«

      »Bleiben Sie so. Auf den Tisch mit ihm. Wo ist mein Assistent?«

      Männer kamen herein, schleppten Verwundete, manche mit Bandagen. Keinen hatte es so schwer erwischt wie den persischen Kommandanten, der zur falschen Zeit an der falschen Stelle des kleinen Wachturms gestanden hatte. Schicksal. Hinterhalt. Heimtücke.

      Feigheit, dachte Metellus. Die des Feindes und die der eigenen Anführer.

      Cornelius machte sich an die Arbeit. Die Medizin hatte fantastische Fortschritte gemacht. Früher wäre so eine Verwundung tödlich gewesen, früher waren die Felddoktoren lediglich bessere Metzger gewesen. Jetzt aber gab es die Neumann-Akademien im ganzen Imperium und eine, neu eröffnet, in Persepolis. Jetzt gab es Leute wie Cornelius, die Leute wie Jawed zusammenflickten, damit sie wieder auf Wachtürme klettern und aus der Ferne abgeknallt werden konnten wie ein Rehbock.

      Die Wut. Metellus knirschte mit den Zähnen. Diese Regung lag in seinem Blut, in dem seines Vaters, seines Großvaters: gewalttätige Männer, die es nie geschafft hatten, sich zu beherrschen. Er war zur Armee gegangen, aus Angst davor, so zu werden wie sie. Doch die Anlage war da, der Fluch seiner Familie, und er drückte in seinem Zorn auf die Arterie, bis Cornelius’ Assistenz diese Pflicht übernahm und er für die Operation nicht mehr gebraucht wurde.

      Nicht mehr gebraucht.

      Er suchte nach heißem Wasser, wusch sich das Blut des Persers ab. Hörte Meldungen. Jaweds Stellvertreter war kein Idiot, er tat, was zu tun war, intelligent, ruhig, ein Mann, auf den man bauen konnte. Alle ließen Metellus das Blut abwaschen, keiner sprach ihn an. Der Römer merkte nicht, dass der eigentliche Grund seine von wildem Hass verzerrte Fratze war, ein Gesichtsausdruck, der allen, selbst den Hartgesottenen, Angst einflößte.

      Dann trat er aus dem kleinen Gebäude ins Freie. Die Lage hatte sich beruhigt, aber alle Soldaten verharrten noch in Deckung. Der dritte Römer in diesem Grenzabschnitt, Hans Lucretius, kam auf ihn zu. Der Mann war seit zehn Jahren bei den Legionen, trug den Rang eines immunes und war vor allem deswegen für den Dienst ausgewählt worden, weil er aufgrund seiner Verwandtschaftsverhältnisse leidlich Persisch sprach. Dass sein Vater ihm aus Ergebenheit gegenüber dem Erbe der Zeitenwanderer einen Vornamen gegeben hatte, der mit Persien eher wenig zu tun hatte, war nur auf den ersten Blick überraschend. Das Römische Reich war und blieb ein Völkergemisch und die enge Kooperation mit Persien, das selbst viele Völkerschaften unter seiner Herrschaft vereinte, intensivierte diese Tendenz nur noch. Von der endlosen Schlange an Flüchtlingen, die aus dem nunmehr unter der Kontrolle Baekyes stehenden Indien nach Westen strömte, einmal ganz zu schweigen. Tatsächlich hatten die Grenzsoldaten mehr damit zu tun, die ankommenden Kriegsflüchtlinge in jene Regionen zu verweisen, wo sie Aufnahme fanden, anstatt die Grenze im engeren Sinne zu schützen.

      Die großen, fatalen Fehler des Römischen Reiches zu Beginn der Völkerwanderung, das Versagen im Umgang mit den Goten, hatte dazu geführt, dass man diesmal gelernt hatte. Die Menschen aus dem indischen Subkontinent, Überlebende zerschlagener und einst mächtiger Großreiche, waren nur dann eine Gefahr, wenn man sie als solche behandelte. Tatsächlich meldeten sich viele, vor allem ehemalige Soldaten, nach kurzer Zeit freiwillig in den Militärdienst. Sie wurden gerne genommen. Erfahrungen mit einem Feind, der bisher nur aus der Ferne angriff, waren wertvoll.

      »Hast du den Angriff gemeldet?«, fragte Metellus und sein Untergebener nickte.

      »Ich habe sofort telegrafiert. Persepolis dürfte schon Bescheid wissen und Rom spätestens in einer Stunde.« Die größte technologische Anstrengung der letzten drei Jahre – neben der Bahnstrecke, die aus dem Imperium direkt nach Persepolis führte – war das Aufstellen der Telegrafenmasten gewesen. Die Grenzstationen damit zu verbinden, hatte einen immensen Aufwand bedeutet, aber wenn die Kommandeure der Großen Allianz, wie das Bündnis aus Rom, Aksum, Teotihuacán und Persien nunmehr genannt wurde, eines gelernt hatten, dann dies: In einem den Globus umspannenden Krieg waren Informationen alles und ohne Informationen war alles nichts. Die richtige Nachricht zur richtigen Zeit war wertvoller als zehn Legionen und die größten Kanonen


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