James Bond 17: Der Kunstsammler. John Gardner
Ort – ein riesiges Haus, Nebengebäude, eine Autorennstrecke, Pferde, Angelteiche, alles, was das Herz begehrt.«
»Waren Sie mal dort?«
»Nein, aber ich habe all die Bilder gesehen – von den Satelliten und den hoch fliegenden Luftaufklärern. In Langley gibt es ein 3D-Modell. Sie haben es mir im Zuge meiner Unterweisung gezeigt. Ich habe Fotos dabei. Das gesamte Gebiet – die ganzen vierhundert Quadratkilometer – ist extrem gut eingezäunt, und Bismaquer hat seinen eigenen Sicherheitstrupp.«
»Also, was hat er angestellt?« Bond holte sein Zigarettenetui aus Geschützbronze hervor und schaute zu M, um sich seine Erlaubnis einzuholen. M nickte nur und machte sich daran, seine Pfeife zu stopfen. Cedar lehnte die angebotene Zigarette ab. »Was hat er angestellt? Abgesehen davon, dass er ein Vermögen verdient hat?«
»Das ist das Problem.« Cedar schaute unsicher zu M.
»Oh, Sie können ruhig weitermachen, Miss Leiter. 007 muss alles wissen, bevor wir diese Besprechung beenden.«
»Bis vor ein paar Monaten war alles noch sehr vage«, fuhr Cedar fort und zog die Beine auf dem Lederstuhl unter ihren Körper. M schaute zur Decke hinauf, als wollte er die Götter um gute Manieren und eine ordentliche Haltung für die junge Frau anflehen. »Politisch gesehen war Bismaquer schon immer verdächtig, aber offenbar hat sich niemand allzu große Sorgen gemacht, weil er sich so weit vom Geschehen entfernt hält. Es gibt sehr eindeutige Beweise, dass er – wie drückt man das am besten aus? – sein Fähnchen stets in den Wind hängt?«
Bond nickte.
»So agiert Bismaquer seit Jahren – auf der Suche nach einem ›Einstieg‹, einer Möglichkeit, in ein politisches Amt aufgenommen zu werden. Niemand hat ihn je für voll genommen.« Sie lachte, und Bond musste erneut an Felix denken. »Sie haben sein Geld genommen, aber nicht ihn. Nach Watergate kam heraus, dass Geld von Bismaquer in die berühmte Schmiergeldkasse geflossen war. Und zwar nicht nur Peanuts. Doch die nachfolgenden Regierungen haben ihn in Schach gehalten.«
»Warum?«
Sie zuckte kurz mit den Schultern, als wollte sie sagen, dass die Gründe offensichtlich seien. »Es gibt außerdem Beweise, dass Bismaquer nach einer Möglichkeit gesucht hat, in jede beliebige Behörde zu gelangen, und zwar mit dem Gedanken, ein Übernahmeangebot zu machen.«
Nun musste Bond lachen. »Übernahmeangebot? Für was? Die Regierung der Vereinigten Staaten?«
»Ich weiß, dass das weit hergeholt klingen muss, aber das ist genau das, was die Leute befürchten.« Cedar bedachte ihn mit einem kühlen Blick. »Sie glauben, dass diese Araber und ihr Gefolge reich sind? Tja, es gibt Familien in Texas, die tatsächlich wie Könige leben. Und es gibt einige wenige – wie in jedem Land –, die eine gefährliche Fantasie haben. Wenn man diese Fantasie mit immensem Reichtum kombiniert …«
Sowohl Bond aus auch M nickten, um anzuzeigen, dass sie verstanden hatten.
»Hat er die Nazi-Ideologie immer noch verinnerlicht?« Bond blies den Rauch seiner Zigarette Richtung Decke.
»Davon ist die CIA überzeugt.«
»Aber so ein Spinner wie er kann nicht wirklich gefährlich werden, es sei denn …«
»Es sei denn, er unternimmt etwas, richtig?« Cedar schaute Bond direkt an. »Ja, da stimme ich Ihnen zu, aber es hat Probleme gegeben – oder zumindest Anzeichen davon. Bismaquer hat im Laufe des vergangenen Jahres eine große Anzahl sehr seltsamer Besucher auf der Ranch empfangen. Außerdem hat er die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt und seinen Mitarbeiterstab vergrößert.«
Bond seufzte und schaute hilfesuchend zu M. »Das ist verrückt. Ein Kerl, der seine eigenen Fantasien auslebt …«
»Hören Sie ihr weiter zu, 007«, sagte M ruhig.
»Er hat auf jeden Fall etwas vor. Das FBI hat ihn überwacht und die Besucher und die Ausrüstung überprüft, die auf die Ranch kamen. Sie haben beschlossen, ein paar ihrer Erkenntnisse mit der Bundessteuerbehörde zu teilen. Die haben daraufhin ein paar mögliche Steuerhinterziehungen entdeckt. Das gab der Steuerbehörde und dem FBI etwas, womit sie arbeiten konnten. Letzten Januar machten sich vier Agenten – zwei von jeder Abteilung – auf, um mit Bismaquer zu reden. Sie verschwanden. Das FBI schickte zwei weitere. Sie kehrten nicht zurück. Also meldete sich die Polizei von Amarillo bei ihm und führte eine Ermittlung durch. Unser Freund Bismaquer wusste nichts und konnte ihnen nichts mitteilen. Es gab keine Beweise. Also zog die Polizei wieder ab, und die CIA schickte eine Agentin rein. Man hörte nie wieder etwas von ihr.
»Dann, vor etwa einer Woche, tauchte in einem Sumpfgebiet in der Nähe von Baton Rouge, Louisiana, eine Leiche auf. Die Sache wurde geheim gehalten – die Medien bewahrten Stillschweigen darüber. Offenbar war die Leiche in einem üblen Zustand, aber man identifizierte sie als die der Agentin. Seitdem sind alle Leichen in der Nähe dieses Ortes aufgetaucht. Zwei konnten nicht identifiziert werden, aber die restlichen schon – hauptsächlich mithilfe der Zähne. Jeder Beamte, der ausgesandt wurde, um Markus Bismaquer in Texas etwas anzulasten, wurde tot in Louisiana aufgefunden.«
»Und das ist jetzt unsere Sache?« Bond gefiel das ganz und gar nicht. Bismaquer kam ihm wie ein psychopathischer Wahnsinniger vor, der Geld wie Heu, eine Privatarmee und eine überdurchschnittlich große Menge an folie de grandeur besaß.
»Ganz genau.« Cedar Leiter schaute zu M. »Werden Sie es ihm zeigen, Sir?«
M blätterte die Papiere durch, die in einem ordentlichen Stapel vor ihm lagen, zog ein Blatt heraus und reichte es Bond.
Es handelte sich um eine klare Fotokopie eines zerrissenen Stücks Papier, auf dem deutlich maschinengeschriebene Worte zu lesen waren. Bonds Miene verfinsterte sich, als er sie las:
sollten natürlich zerstört werden. Aber er wollte sichergehen, dass Sie vollständige Gewissheit bezüglich unserer weltweiten Substan-1-
Unterstützung haben. Der erste Stoß wird vor allem in Europa und im Nahen Osten zu spüren sein. Aber,
ießlich wird es den weitläufigen Pferch der Vereinigten Staaten verlassen. Mit sorgfältiger Manipulation können wir erfolgreich
eilen und herrschen – oder zumindest Ich freue mich auf unser nächstes Treffen.
Dann folgte die gekritzelte, aber deutlich lesbare Unterschrift:
Blofeld
Bond spürte, wie sich seine Eingeweide zusammenzogen. »Wo …?«, begann er.
»In der verrottenden Kleidung unserer CIA-Agentin. Der Zettel wurde an ihrer Leiche gefunden«, antwortete Cedar ruhig. »Die Analytiker in Langley glauben, dass Bismaquer mit einer Terrororganisation namens SPECTRE zusammenarbeitet. Man sagte mir, Sie seien ein Experte dafür, Mr Bond …«
»Blofeld ist tot.« Bonds Stimme war ebenfalls ruhig.
»Es sei denn, 007«, M zog die Pfeife aus seinem Mund, »es sei denn, es gab einen Nachkommen. Oder einen Bruder. Oder sonst jemanden. Sie haben eine beträchtliche Menge Zeit damit verbracht, mich davon zu überzeugen, dass SPECTRE wieder aktiv ist und hinter diesen elenden Flugzeugentführungen steckt. Und nun haben wir den Beweis, dass Blofeld in irgendeiner Form noch existiert und mit einem sehr reichen, verrückten Texaner gemeinsame Sache macht. Dieses Stück Papier« – er deutete auf die Fotokopie – »legt nahe, dass Bismaquer und SPECTRE ein Wagnis eingehen wollen, das die ganze Welt in Brand setzen könnte. Und dieses Risiko ist weiß Gott schon groß genug, wenn man an die Regierungen, die Unruhen, die politischen Albernheiten, den Wirtschaftsrückgang und die schwindenden Ressourcen denkt – auf offizieller Ebene. Eine große unabhängige Operation könnte zu einer Katastrophe führen, und wir wissen bereits aus früherer Erfahrung, dass SPECTRE durchaus internationale Probleme auslösen kann.«
Als er zu Ende gesprochen hatte, klopfte es an der Tür und Bill Tanner trat ein, sobald M sein knappes »Herein«