Finding home: Zuhause ist .... Meg Harding

Finding home: Zuhause ist ... - Meg Harding


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      »Wen hast du heute mitgebracht?«, fragte er und begann bereits, Phoenix‘ übliche Bestellung vorzubereiten: einen Erdbeer-Cheesecake-Smoothie.

      »Sie hat noch keinen Namen. Ich habe sie gerade in deinem Müllcontainer gefunden.«

      Chase griff nach der Milch, goss etwas davon in eine kleine Schüssel und schob sie über den Ladentisch. »Darf ich fragen, was du in meinem Müllcontainer zu suchen hattest?«

      Phoenix grinste breit. »Nö.«

      Chase hatte nichts anderes erwartet.

      Die kleine Katze schnurrte und machte sich über die Milch her, wobei sie Tropfen davon auf der Theke verspritzte. Chase würde alles desinfizieren müssen, wenn sie fertig war. Ihr Schwanz zuckte hin und her, gegen Phoenix‘ Bauch, sodass sie Katzenhaare auf seinem schwarzen T-Shirt verteilte. Sie war zerzaust und dürr, aber abgesehen davon schien ihr nichts zu fehlen. Aus gelben, neugierigen Augen starrte sie Chase an. Ihre Ohren waren unversehrt, sie schien keine Wunden zu haben und ihr fehlten keine Körperteile.

      Chase streckte die Hand aus und wartete, bis sie zögerlich daran schnupperte, dann begann er sie unter dem Kinn zu kraulen. »Sie ist süß«, sagte er und lächelte, als sie versuchte, ihm mit ihren scharfen kleinen Zähnchen spielerisch in den Finger zu beißen.

      »Willst du sie haben?«

      Chase lachte.

      »Ich meine es ernst.«

      »Deswegen lache ich ja.« Chase hatte früher bereits ein Tier adoptiert und hatte Cleopatra über alles geliebt. Sie war ein Pitbull-Mischling gewesen; man hatte sie als Welpe aus einem illegalen Hundekampfring in Miami gerettet. Chase hatte sie von Hand aufgezogen und sie bei jedem noch so kleinen Problem zum Tierarzt gebracht. Sie hatte in seinem Bett geschlafen und war im Auto auf dem Beifahrersitz mitgefahren. Vor acht Monaten war sie an Krebs gestorben. Chase war nicht bereit dazu, etwas in sein Leben zu lassen, das er wieder verlieren konnte. Er schaffte das nicht mehr. Man liebte etwas und musste es dann wieder gehen lassen. Nein, er hatte genug. Bald würde er dreißig werden und er hatte genug Verluste ertragen müssen. Er kapitulierte. Es reichte schon, dass er so an dieser Stadt und ihren Bewohnern hing. Da brauchte er nicht auch noch einen zwei Kilo schweren Fellball, um den er sich Sorgen machen musste.

      Phoenix schnaubte. »Ich überrede dich schon noch.«

      Chase lächelte und zuckte ungerührt mit den Schultern.

      »Also, erzählst du mir etwas über meinen Bruder?«

      »Nun ja, Zane ist …«

      »Der Halbbruder, der heute mit dir mitgefahren ist«, unterbrach Phoenix Chase unwirsch. »Ich weiß, dass du Elliot angerufen hast und er ihn beim Haus getroffen hat. Er hat mich angerufen und war komplett mit den Nerven durch.«

      »Jaden«, sagte Chase, »dein Halbbruder heißt Jaden. Warum fragst du ihn nicht selbst aus? Und warum macht Elliot sich Sorgen? Jaden wirkt nett.«

      Phoenix schwang sich auf die Theke und platzierte seinen Hintern auf der Arbeitsplatte aus Granit, als würde es ihn nicht kümmern, dass er sich hier in einem anständigen Laden befand.

      Die Katze schenkte ihm einen missbilligenden Blick, bevor sie sich wieder der Milch widmete. Chases Herz zog sich vor Rührung zusammen.

      »Aha. Nett, hm? Elliot meinte, er wolle heute nicht zum Abendessen vorbeikommen. Er ist müde. Elliot hätte gerne, dass wir einen weiteren Bruder dazugewinnen, aber er ist auch realistisch genug, um zu wissen, dass alles Mögliche passieren könnte. Und dann lehnt Jaden gleich die erste Einladung ab. Ja, natürlich macht Elliot sich Sorgen.« Phoenix verzog die Mundwinkel nach unten.

      »Das war sicher nicht persönlich gemeint. Elliot macht sich zu viele Gedanken«, sagte Chase. Phoenix hätte das Wort „müde“ auch gleich in Anführungszeichen setzen können. Die Betonung war deutlich gewesen.

      »Klar.«

      »Er ist die ganze Strecke gefahren. Wahrscheinlich ist Jaden tatsächlich müde.« Er hatte zumindest so ausgesehen. Seine Augenringe waren dunkel und von stattlicher Größe gewesen, seine Miene hatte angespannt gewirkt. Während die anderen drei Brüder immer gelassen blieben, oder zumindest so taten, hatte Jaden verkrampft und gestresst gewirkt. »Ich glaube, er ist prinzipiell eher ein nervöser Mensch.«

      Die Katze hatte ihre Milch ausgetrunken. Sie stieg anmutig über die Schüssel hinweg und blieb direkt vor Chase stehen. Erwartungsvoll starrte sie ihn an.

      Chase seufzte. Sie miaute. Chase war ein schwacher, schwacher Mann. Er hob sie hoch und drückte sie an seine Brust. Dann ging er zur Ladentür, um das Schild umzudrehen, sodass es nun geschlossen anzeigte. Es war schon nach fünf. Es wären wahrscheinlich ohnehin nicht mehr viele Kunden gekommen.

      »Warum denkst du, dass er ein nervöser Mensch ist?«, fragte Phoenix neugierig. »Was verschafft dir den Eindruck?«

      Gott, wie sehr Chase diesen Klatsch hasste. »Frag doch Elliot, wenn du ihn später siehst.« Er wiegte die Katze in seinen Armen. »So ein neugieriger Mistkerl«, flüsterte er ihr zu. Chase hatte zu wenig Zeit mit Jaden verbracht, um sich ein Urteil zu erlauben. Auf keinen Fall wollte er Gerüchte in die Welt setzen, die auf reinen Vermutungen basierten. Er konnte sich noch zu gut erinnern, was für ein Chaos nach seiner Ankunft losgebrochen war. Aus irgendeinem Grund waren die Leute zu dem Schluss gekommen, dass Chases Schulterverletzung nicht von einem Autounfall stammte. Das Ergebnis des Stille-Post-Spiels lautete, dass ein verschmähter Liebhaber ihn vom Surfboard geworfen hatte. Dramatisch? Ja. Wahr? Kein bisschen. Chase konnte nicht einmal besonders gut surfen.

      »Das habe ich gehört«, sagte Phoenix.

      »Du solltest es auch hören.«

      Phoenix schlürfte laut seinen Smoothie. Er war ein Arsch und wusste, dass es Chase nervte. Schließlich gab er nach. Er seufzte laut und resigniert. »Also schön. Dann verrat mir eben nichts.«

      Chase grinste nur.

      Wenn jemals irgendjemand etwas herausfinden und Fragen stellen sollte, würde Chase die Schuld auf seine Mutter schieben. Sie hatte ihm sein ganzes Leben lang eingebläut, wie wichtig es war, sich um andere zu kümmern. Manieren zu haben. Einige Jahre lang hatte er ihre Ratschläge in den Wind geworfen, doch diese Zeiten waren vorbei. Deshalb stand er nun vor Lily-Annes Haus. Mit einem Becher Nudelsalat, einer Schachtel Chicken Wings und sicherheitshalber auch noch einem Becher Käsemakkaroni aus dem nächsten Supermarkt. Was sollte er sagen? Er war eben ein netter Mensch und hatte das Gefühl, dass Jaden heute nicht mehr einkaufen gehen würde.

      Es war irgendwie schräg und vielleicht würde Jaden das auch so sehen, also hatte Chase guten Grund, nervös zu sein, als er an der Tür läutete. Es hatte absolut nichts damit zu tun, dass er Jaden gerne wiedersehen wollte. Jaden mit seinen großen, dunkelblauen Augen und seinem Haar, das ihm eine Ähnlichkeit mit George Clooney gab. Sein Gesicht ließ vermuten, dass er Mitte bis Ende dreißig war, aber sein hellbraunes, schon leicht von Grau durchzogenes Haar ließ ihn älter wirken. Jaden hatte einen schlichten Kurzhaarschnitt, nichts Ausgefallenes. Er war nicht besonders groß, vielleicht knapp unter dem Durchschnitt, und recht schlank. Seine Gesichtszüge waren scharf geschnitten und er hatte hohe Wangenknochen und einen kantigen Kiefer. Objektiv gesehen sah Jaden ziemlich gut aus. Also schön. Er sah besser als gut aus, verdammt gut sogar. Aber das war Chase egal. Er war nicht hier, weil er Jaden scharf fand, sondern weil er ein netter, hilfsbereiter Mensch war. So einfach war das.

      Die Tür schwang auf und da stand Jaden und blickte ihn überrascht an. Seine vollen Lippen waren leicht geöffnet und Chase sah dabei zu, wie er sich in die Unterlippe biss und einen Moment daran knabberte.

      Chase hielt die Einkaufstüte hoch. »Ich habe dir Essen gebracht.«

      »Du hast mir Essen gebracht?«

      In diesem Moment fiel Chase ein, dass Jaden beim Essen vielleicht lieber keine Gesellschaft wollte. Irgendwie hatte er angenommen, dass er ihm Gesellschaft leisten würde. Eine gewagte Annahme. Nun stand er hier und wusste nicht, was er sagen sollte, und das war ganz allein seine Schuld. »Phoenix


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