Das Erbe sind wir. Michael Meyen

Das Erbe sind wir - Michael Meyen


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in den vielen kleinen Foren, die diese Zeit für alle unvergesslich machen: Es ging um die Fragen, die uns immer noch beschäftigen. Wie wollen wir zusammenleben? Wie schaffen wir es, dass alle mitsprechen können, wenn es um ihr eigenes Leben geht?2 Wie schaffen wir es vor allem, dass auch unsere Urenkel noch darüber streiten können? Was heute die Welt bedroht, in der sich viele gemütlich eingerichtet haben, stand schon vor 30 Jahren auf der Tagesordnung.

      Mein Blog Medienrealität war diesem Ideal verpflichtet. Ich habe den öffentlichen Debattenraum dort mit den Mitteln der Wissenschaft seziert und all das kritisiert, was die Erfüllung des Auftrags Öffentlichkeit gefährdet. Ich will mir nicht anmaßen, hier einen schärferen Blick zu haben als andere, da es in diesem Buch aber um das ›Erbe‹ geht (ein positiv besetzter Begriff), das Menschen wie ich einzubringen haben, möchte ich hier wenigstens einen Punkt setzen und dafür den Sozialkonstruktivismus bemühen.

      Die ›institutionelle Ordnung‹ der Gegenwart und die ›symbolische Sinnwelt‹, die sie legitimiert, waren für mich nicht einfach da. Ich kann verstehen, dass es Menschen gibt, die keinen Grund haben, beides in Frage zu stellen. Ich muss dafür nur durch München gehen. So viel Reichtum und so viele braungebrannte Gesichter. Gerade mit Blick auf die existenziellen Fragen, die wir in den nächsten Jahren beantworten müssen, sollten diese Menschen aber auch verstehen, welche Vorteile es hat, ›institutionelle Ordnung‹ und ›symbolische Sinnwelt‹ stets einem Wirklichkeitstest zu unterziehen. Das ist das, was Menschen wie ich zu bieten haben. Das ist das ›Erbe‹, auf das der Buchtitel anspielt. Und dafür steht der Ruf nach »Pressefreiheit«, der für den flüchtigen Blick weit weg vom Thema DDR-Journalistik zu sein scheint.

      Anmerkungen

      1Vgl. Michael Meyen: Kontroverse um »Medienrealität«. In: Michael Meyen (Hrsg.): Medienrealität 2020. https://medienblog.hypotheses.org/9621 (5. Juni 2020)

      2Vgl. Stephan Lessenich: Grenzen der Demokratie. Teilhabe als Verteilungsproblem. Stuttgart: Philipp Reclam 2019, S. 18

      3Uwe Tellkamp: Der Turm. Geschichte aus einem versunkenen Land. Roman. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2008

      4Vgl. Lutz Niethammer: Erfahrungen und Strukturen: Prolegomena zu einer Geschichte der Gesellschaft der DDR. In: Hartmut Kaelble, Jürgen Kocka, Hartmut Zwahr (Hrsg.): Sozialgeschichte der DDR. Stuttgart: Klett-Cotta 1994, S. 95-115

      5Vgl. Franziska Kuschel: Schwarzhörer, Schwarzseher und heimliche Leser. Die DDR und die Westmedien. Göttingen: Wallstein 2016, Michael Meyen: Denver Clan und Neues Deutschland. Mediennutzung in der DDR. Berlin: Ch. Links 2003

      6Vgl. Anke Fiedler: Medienlenkung in der DDR. Köln: Böhlau 2014

      7Horst Pöttker (Hrsg.): Öffentlichkeit als gesellschaftlicher Auftrag. Klassiker der Sozialwissenschaft über Journalismus und Medien. Konstanz: UVK 2001

      8Rainer Mausfeld: Warum schweigen die Lämmer? Wie Elitendemokratie und Neoliberalismus unsere Gesellschaft und unsere Lebensgrundlagen zerstören. Frankfurt/M.: Westend 2018, S. 192

      9Vgl. Günther Rager, Bernd Weber: Publizistische Vielfalt zwischen Markt und Politik. Eine Einführung. In: Günther Rager, Bernd Weber (Hrsg.): Publizistische Vielfalt zwischen Markt und Politik. Mehr Medien – mehr Inhalte? Düsseldorf: Econ 1992, S. 7-26

      10Peter L. Berger, Thomas Luckmann: Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Frankfurt/M.: Fischer Taschenbuch


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