Berufsbezug in südeuropäischen DaF-Hochschulcurricula vor und nach der Krise von 2008. Matthias Prikoszovits
sind generelle Planungsinstrumente von Unterricht. Sie werden in der Regel von staatlicherseits berufenen Kommissionen entworfen und von der staatlichen Schulaufsicht erlassen. Sie beanspruchen traditionell ein hohes Maß an Verbindlichkeit, was die Orientierung an den erklärten allgemeinen Bildungszielen und die Berücksichtigung der obligatorisch oder fakultativ verordneten Unterrichtsinhalte anbetrifft. (S. 13)
Lehrpläne beziehen sich auf konkrete Zeiträume und enthalten Angaben zur Aufteilung des im Unterricht zu behandelnden Stoffes in ebendiesen Zeiträumen. Ebenso beinhalten Lehrpläne Angaben zu übergreifenden unterrichtlichen Zielen sowie zu methodischen und didaktischen Grundlagen (s. Neuner, 2001, S. 799). Auch Christ (2007, S. 73) beschreibt „[…] Ziele […]“ und „[…] Methoden […]“ als wesentliche Elemente von Lehrplänen und ergänzt diese Elemente um „[…] Inhalte […]“ sowie „[…] Überprüfungsformen […]“. Lehrpläne würden zudem den FSU amtlich regeln und für Jahrgänge sowie ferner auch Schulstufen gelten.
Quetz (2007, S. 122) hält fest, dass dem Lehrplan am besten der Terminus „[…] Syllabus […]“ entspricht, dieser komme aber wiederum nicht dem Curriculum gleich. Auch er argumentiert dieses begriffliche Arrangement dadurch, dass der Lehrplan (Syllabus) sich eher auf die konkret zeitlich umrissene Unterrichtsplanung bezieht.
Mit Blick auf den FSU in der Schule bezeichnet Bausch (2007, S. 112) den Lehrplan als das „[…] Herzstück für die konkrete Unterrichtsplanung, -durchführung und -evaluation […]“. Er plädiert also im schulischen Bereich für den Lehrplan, im Bildungswesen außerhalb der Schulen für das Curriculum (ebd., S. 112). Auch Heine (2016, S. 188) bedient sich im schulischen Bereich des Begriffs Lehrplan und führt aus, dass der Lehrplan für den FSU in Österreich „[…] sprachoffen formuliert […]“ sei, was bedeutet, dass Schüler Fremdsprachen in der Schullaufbahn frei wählen können. Dies verhält sich bei Studierenden an Hochschulen nicht anders. Es ist anzumerken, dass das, was Bausch als schulischen Lehrplan für bestimmte Fächer betrachtet, sich wiederum an übergeordneten Verordnungen orientiert. Auch dies kann sich an Universitäten wiederum ähnlich verhalten. Es bleibt offen, ob Bausch Universitäten den „[…] außerschulischen Bildungssektoren […]“ (2007, S. 112) zuordnet. Wäre dies so, würde er im Hochschulbereich also doch für den Terminus „Curriculum“ plädieren.
Bei Neuners Nennung der Elemente eines Curriculums (2001, S. 803–804), also der in der Regel festen Bestandteile eines Curriculums, zeigt sich der geringere Umfang eines Lehrplans im Gegensatz zum weiteren Umfang eines Curriculums auch deutlich. Bei Lehrplänen führt Neuner lediglich die Elemente „[…] Bildungsziele“, „[…] Lehrstoffe“ und „[…] Unterrichtsmethodik“ an. Bei Curricula vervielfachen sich diese Elemente, etwa um die „Benennung der Zielgruppe […]“ bzw. um die „Benennung der Arbeitsgruppe […], die das Curriculum erstellt hat“.
Bei der Definition des Lehrplans und über dessen deutlich geringere Komplexität im Gegensatz zu Curricula und auch zu Richtlinien sind sich Experten weitgehend einig. Für die Zwecke vorliegender Arbeit scheint der Begriff des „Lehrplans“ neben dem Argument der terminologischen Einheitlichkeit und Transparenz auch deswegen der geeignetste zu sein, da er als einziger Zeiträume klar eingrenzt und auf ein einziges Fach beschränkt ist, auch wenn es sich um universitäre und keine schulischen Dokumente handelt und Bausch somit eher von Curricula sprechen würde. Vor allem jedoch aufgrund des Grades an Verbindlichkeit, der Lehrplänen attestiert wird, erweist sich der Lehrplan als für diese Arbeit zutreffender Terminus. Überall dort, wo Leistungsmessung und Notenfindung eine fundamentale Rolle spielen – etwa an Schulen und Universitäten – muss der Unterrichtsplanung eine größere, wenn auch teils nur partielle Verbindlichkeit zukommen. Eine solche Verbindlichkeit scheint am besten durch Lehrpläne geregelt. Die in dieser Arbeit untersuchten Dokumente enthalten durchgehend Angaben zu Prüfungsmodalitäten, die als verbindlich zu betrachten sind. Da es Lehrende sind, die an Universitäten Prüfungen erstellen, korrigieren und bewerten, ist anzunehmen, dass diese Lehrenden zumindest den Teil eines Lehrplans erstellen, in dem es um Leistungsmessung geht.
Vogel (2007) verwendet im Hochschulkontext ebenso den Terminus Lehrplan, merkt jedoch an:
Lehrpläne mit relativ konkreten Lernzielangaben, mit methodischen und medialen Hinweisen, mit Textauswahl und Übungsvorschlägen sowie Einheitliche Prüfungsanforderungen (EPA) […] fehlen an der Hochschule und werden nach wie vor ersetzt durch sog. akademische Freiheit von Lehre und Forschung. Die daraus resultierende Selbstverantwortung der Lehre seitens der Lehrer kann die Voraussetzung für einen kreativen, abwechslungsreichen und effektiven Unterricht sein, daraus kann aber auch Ineffektivität und Unverbindlichkeit, Willkürlichkeit und Wildwuchs des Lehrangebots resultieren und nicht zuletzt die Unmöglichkeit, fremdsprachliche Leistungen der Hochschulabsolventen hochschul- und länderübergreifend nach den Prinzipien der Einheitlichkeit und der objektiven Vergleichbarkeit zu bewerten. (S. 216)
Vogel erkennt hier im universitären Bereich also auch Lehrende als eigenverantwortlich für Unterricht und Unterrichtsplanung1. Dies berge Chancen ebenso wie Gefahren. Als Chance ist im Kontext der vorliegenden Arbeit die Freiheit der hochschulischen Lehre zu begreifen, da durch diese Gestaltungsfreiheit auch ein angemessener Berufsbezug rasch Einzug in Lehrpläne halten kann. Dass Lehrpläne für den FSU an Universitäten oft fehlen, wie Vogel konstatiert, unterstreicht abermals die Notwendigkeit der Forschung in diesem Feld sowie der konsequenten und transparenten hochschulischen Curriculumentwicklung im Bereich des FSUs.
Der schnelle Wandel, den hochschulische Lehrpläne durchlaufen können, bringt jedoch auch Nachteile mit sich. Wie sich bei den Lehrplananalysen in der vorliegenden Studie gezeigt hat, verändern sich nicht nur etwa Layout und Inhalte der Lehrpläne rasch, sondern ebenso Kursstrukturen, Stoffverteilungen, Umfang, Progression, Dozenten etc. Dies erschwert es, Lehrpläne aus verschiedenen Jahren miteinander zu vergleichen, da sich die Lehrpläne derselben Universität aus verschiedenen Jahren häufig in Strukturen und Progression nicht mehr genau entsprechen. Dies stellt jedoch für die Beantwortung der Forschungsfrage in diesem Band kein Hindernis dar, wie in Abschnitt 7.1.1 erläutert werden wird.
2.3 Ebenen der Curriculumerstellung
Wie bereits betont wurde, wird FSU an Universitäten häufig von Dozenten selbst geplant und diese Planung leitet sich in der Regel aus übergeordneten Vorgaben wie Curricula oder Richtlinien ab. Dies soll in diesem Kapitelabschnitt anhand eines Theoriemodells untermauert werden, das die in der Hauptstudie untersuchten Dokumente bestimmten Erstellungsebenen zuordnet. Ebenso werden im Folgenden ein Dokument zur Unterrichtsplanung aus Spanien und eines aus Italien vorgestellt, in denen sich auch wichtige Funktionen von Lehrplänen (Abschnitt 2.4) abzeichnen.
Beacco, Byram, Cavalli, Coste, Egli Cuenat, Goullier & Panthier (2016, S. 18) sprechen mit Blick auf Curriculumerstellung generell und mit Bezug auf Institutionen, an denen Curricula entstehen und eingesetzt werden, von Entwicklungsstufen („development levels“). Ein Curriculum zu entwickeln und zu implementieren umfasse zahlreiche Aktivitäten auf einigen Stufen des Bildungs-/Schulsystems, von der „Supra-“ bis hin zur „Nanoebene“. Das Modell in Abb. 5, das sich aus einer Arbeit des SLO („Netherlands Institute for Curriculum Development“)1 ableitet, verdeutlicht dies:
„The curriculum on different levels of the education system“ (Beacco, Byram, Cavalli, Coste, Egli Cuenat, Goullier & Panthier, 2016, S. 18)
Im Folgenden sei dieses Modell erläutert2:
1 Curricula der obersten „Supraebene“ zeigen sich als internationale Bezugsinstrumente, Beispiele sind der GER und internationale Evaluierungsstudien wie die PISA-Studie. Für die Curriculumerstellung auf dieser Ebene sei internationale Expertenkooperation vonnöten. Hochschulische Unterrichtsplanung und folglich das Korpus der Hauptstudie sind nicht auf diese höchste Stufe zu stellen, aber von dieser in gewissem Maße beeinflusst.
2 Curricula der „Makroebene“ würden sowohl durch nationale, also staatliche, als auch durch regionale Initiativen entstehen. Hier wird das internationale Level also bereits verlassen. Als Beispiele werden etwa