Ihr werdet es schon sehn. Oliver Birkner

Ihr werdet es schon sehn - Oliver Birkner


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wird, zur richtigen Zeit einfach am falschen Platz. Doch schließlich intrigiert die zukünftige Braut den Mann ja auch mit durchtriebenem Kalkül und farbenfrohen Versprechungen in die Ehe. Dort sind schweißtreibende Europapokal-Nächte flugs Vergangenheit, man spielt höchstens noch DFB-Pokal und macht nach der ersten Runde schlapp. Im Grunde müsste man als nobelste Instanz des freien und rechten Willens eigentlich umspringen können – auf Barcelona oder die Freundinnen der Frau, insbesondere deren beste Freundin! Größere Brüste und Trophäen. Aber nun bist du mittendrin und dabei, weit hinter der ersten Reihe, mit dem ganzen Sich-Durchschlängeln und den charmanten Erinnerungen für schlechtere Zeiten – bis am Ende der allerletzten Saison das Flutlicht für immer ausgeknipst wird.

      Meine naive Bildungsreise führte mich als Köttel in Kutte durch die Ostkurve, entlockte mir die ersten animalischen Grunzer bei Siegen gegen die Stuttgarter Kickers oder Düsseldorf. Die Erkenntnis, dass man im Fußball auch Trophäen erringen kann, kam leider zu spät. Seit den Siebzigern bin ich VfL-Fan, lange verschworen mit Aspirin, bisweilen mit drei Punkten. Irgendwann blieb ich dabei aus Trotz, so wie man täglich zur Arbeit schlurft oder manche freitags Lotto spielen. Es ist die Hingabe in die resignierende Hoffnung, ein Cocktail aus Minderwertigkeitskomplex und transzendentaler Erwartung. „2010, ihr werdet es schon sehn.“ Schnell reimen sich zum Glück 2013 bis 2019 wieder auf „sehn“, dann müssen wir den Song bis 2110 archivieren.

      Erdrückt zwischen Gazprom- und Signal-Iduna-Despoten will ich tapferer Realist bleiben. Wer an Bochum und Titel glaubt, glaubt auch, dass Hulk Hogan beim Wrestling wirklich den Finger in die linke Iris des Clowns im Indianerkostüm sticht. Mit dem Doppelpass machen wir stets Bielefeld, manchmal unsere eigene U19 nass.

      Im Ausland kann nicht einmal jemand unfallfrei unseren Vereinsnamen aussprechen. Meine Ohren mussten sich jenseits der Republikgrenzen an Bokum, Butschum, Bojum, Boum, Raiiivairiipavirstadium und Revirpowirschitadion gewöhnen. Borussia und Schalke gehen verbal leider überall. Selbst Luzifers Gebräue DAB und Veltins sind im Gegensatz zu unserem Nektar Fiege Pils bizarrerweise in fremden Ländern zu erwerben.

      Aber während die Sauerländer und Bueraner sich in diamantener Vergangenheit suhlen und von opulenter Zukunft palavern, bleiben sie ohne Gegenwart. Das haben wir ihnen voraus. Der Bochumer ist Allegorie des Alltags: gelegentlich schüchterne Zwischenhochs unter einer Mittelmaß-Front, ein fragiles Hier des Ernüchtertseins, ein tröstender, hängender, reifer Busen.

      Nach dem Remis in Cottbus saufen ist eben vor der Heimniederlage gegen Leverkusen saufen, in unserem blau-weißen Dorado der Masochisten, die selbst bei einer 3:0-Führung zur Pause an der Pinkelrinne ihren Bierbecher warnend vor solidarisierte Gesichter strecken: „Ein schnellet Gegentor und dann is die Kacke aba gehörich am Dampfn!“, und nach dem 4:2-Endergebnis fluchen: „Wat für Stutenkerle! Nach sonne Leistung hättn die eigntlich verliern müssn!“ Wahrscheinlich sind wir die einzigen Fans, die nicht so recht wissen, was sie mit Siegen eigentlich anstellen sollen – wir lechzen nach Niederlagen, nur um vorausahnende Gewissheiten tumb abzunicken. Ja, im Grunde muss der VfL verlieren, um das eigene Weltbild im Gleichgewicht zu halten.

      Doch wenn die Bayern sich uns deshalb als Notopfer-Verbündete auserkoren haben, sollen sie gefälligst nach anderen Strichjungen fahnden. Jackpots und Titel kommen nicht nach Bochum. Aber das macht uns noch lange nicht zu Prostituierten von Latzhosen. Die, die keine durchgeschnittene Currywurst kennen. Würde behalten wir auch nach 2110 für uns. Niemals Rot-Weiß, außer bei Currywurst-Pommes. Natürlich durchgeschnitten und von Dönninghaus – dem Mythos, der uns mit einem Fiege selbst nach einem 1:4 gegen die Bayern richtig scharf macht.

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