Die Kolonie Sammelband 1 - Interstellare Bräute Programm. Grace Goodwin
ist es möglich, dass Sie vor sechs Jahren nach Prillon gehen konnten? Das Bräute-Programm gibt es erst seit zwei Jahren.“ Zwei Jahre, seit die Aliens gelandet waren. Zwei Jahre, seit alles auf der Erde ins Schleudern gekommen war und wir erfahren hatten, dass wir nicht alleine waren.
Zwei Jahre, und unsere Regierungen kämpften immer noch untereinander wie die Halbstarken im Schulhof, die sich um ihr Revier stritten. Nichts hatte sich geändert. Nichts würde sich jemals ändern. Die menschliche Natur war...nun...einfach zu menschlich.
Ihr Lächeln war beherrscht und reichte nicht bis an ihre Augen. „Nun, ich war nicht in Ihrer Lage. Ich war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Meine Gefährten fanden mich, bevor die Erde offiziell der Koalition beigetreten war. Ich hatte keine Wahl, Rachel. Nicht wie Sie. Ich war nur für kurze Zeit bei ihnen, bevor sie von den Hive getötet wurden, aber ich liebte sie und ich bereue nicht einen Augenblick, den ich als ihre Gefährtin verbracht habe. Ich verstehe Ihre Angst davor, auf einen anderen Planeten zu gehen. Aber Sie sind einem hochrangigen Prillon-Kommandanten zugeordnet worden. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Sie ihn zu lieben lernen werden. Sein Sekundär wird, da bin ich mir sicher, ebenso beeindruckend sein.“
„Sekundär?“
Sie nickte. „Ja, alle Prillon-Krieger teilen ihre Gefährtin mit einem anderen. Das ist dort so Brauch. Wenn einer Ihrer Gefährten im Kampf umkommen sollte, hätten Sie und mögliche Kinder immer noch den zweiten Mann, um Sie zu beschützen und zu versorgen.“
„Zwei Männer? Ein Dreier?“ War sie verrückt? Ich wollte keinen Gruppensex. Ich wollte nicht einmal einen Außerirdischen, geschweige denn zwei.
Mein Körper erinnerte sich an die zwei Männer, die mich erst vor wenigen Augenblicken noch mit ihren Schwänzen gefüllt hatten, in diesem verdammten Traum, und mir wurde sofort warm. Nein.
Nein. Nein. Nein. Ich würde vor meiner Berufung nicht davonlaufen, nur um heißen Alien-Sex zu haben. Einfach nur Nein.
„Auf gar keinen Fall“, sagte ich. Wenn ich mit der Hand durch die Luft hätte wedeln können, dann hätte ich das getan. Wie die Dinge standen, musste ich mich damit zufrieden geben, den Stuhl mittels der Schnallen an meinen Händen zum Rasseln zu bringen. Ich blickte ihr in die Augen hoch und schüttelte noch einmal meinen Kopf, um ganz sicher zu sein, dass sie genau verstand, was ich sagen wollte. „Nein danke. Ich weiß, dass John gesagt hat, ich solle hierher kommen, aber nein. Ich kann nicht weg. Ich lehne die Zuweisung ab.“
„Dann kommen Sie bis zu Ihrer Verhandlung zurück ins Hochsicherheitsgefängnis.“
Der Gedanke daran, zurück in die Einzelhaft zu gehen, war elend. Eine Gefängniszelle oder der Weltraum. Die Auswahlmöglichkeiten waren düster. Das Wissen, dass ich unschuldig war, verhalf mir zu einem Entschluss.
„Ich schätze Ihre Sorge um mich, Aufseherin. Aber ich bin unschuldig. Ich muss daran glauben können, dass ich gewinnen kann. Ich kann sie nicht damit davonkommen lassen, die Aufsichtsbehörde anzulügen und all diese armen Patienten und ihre Familien. Ich werde nicht vom Planeten flüchten und meine Karriere ruinieren. Wenn ich davonlaufe, werden alle glauben, was über mich behauptet wird. Dass ich über die Risiken gelogen habe, dass ich gelogen habe, um die Firma zu schützen. Das habe ich nicht. Ich habe denen die korrekten Daten gegeben, und das kann ich beweisen. Ich will nicht auf eine andere Welt. Mir gefällt diese hier. Ich hatte ein gutes Leben. Und ich will es zurück.“
Tränen traten mir in die Augen, aber ich hielt sie zurück. Ich vermisste meine Wohnung, meinen Sportwagen, meine verdammte Katze. Ich hatte noch nie im Leben so starke Sehnsucht nach meinem eigenen Doppelbett gehabt. Aber ich hatte genug geweint. Verdammt, ich hatte fast nichts getan, die ersten paar Monate im Gefängnis. Genug. Ich war unschuldig, und das würde ich beweisen. Freikommen. In mein Leben und mein Labor zurückkehren. Ich würde meine Forschungsarbeit weiterführen und Leben retten. Das war das Einzige, was ich je wollte. Ich weigerte mich, das aufzugeben.
Mein Vater würde sich im Grab herumdrehen, wenn ich vor diesem Kampf davon lief. Er hatte zusehen müssen, wie meine Mutter starb, als ich erst fünf war. Ich konnte mich kaum an sie erinnern, aber ich erinnerte mich daran, wie sich ihr kahler Kopf angefühlt hatte, wenn ich sie umarmte. Ich erinnerte mich an die Gerüche der Krankheit in meinem Zuhause.
Nachdem sie gestorben war, hatte mein Vater sich bemüht, weiterzumachen. Er hatte es geschafft, bis ich an der Uni war. Dann hatte er sich zu Tode getrunken.
Schuldgefühle. Was für ein schwaches Wort für die Emotionen, die in mir brüllten, wenn ich an meinen Vater dachte. Ich hätte ihn niemals alleine lassen sollen. Ich wusste, dass er sie immer noch vermisste. Ich wusste, dass er mit seinen eigenen Dämonen kämpfte. Aber ich war achtzehn gewesen und begierig darauf, in die Welt hinaus zu ziehen und ein neues Leben zu beginnen. Ich war zweitausend Kilometer weit entfernt zur Uni gegangen und kam nur ein paar Mal im Jahr nach Hause. Ich war davongelaufen, und er war direkt vor meiner Nase in sich zusammengefallen. Großer Fehler. Sehr großer Fehler.
Nein. Ich würde vor dem hier nicht davonlaufen.
Aufseherin Egara seufzte, und ich war nicht erfreut über die Enttäuschung oder Resignation, die ich in ihren Augen sah. Als hätte ich mich falsch entschieden.
„In Ordnung. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Zuordnung erfolgt ist, aufgezeichnet und zu ihrer Akte hinzugefügt wurde. Wenn Sie es sich anders überlegen, haben Sie ein gesetzliches Recht, mich zu kontaktieren. Sollten Sie sich doch entscheiden, eine Braut zu werden, werden alle Anschuldigungen gegen Sie fallengelassen, Ihr Strafregister wird getilgt und Sie werden umgehend zu Ihren Gefährten geschickt.“
Während sie sprach, hob sie ein seltsames Gerät an die Seite meines Kopfes, und ich jaulte auf, als ein scharfer, beißender Schmerz meine Schläfe durchfuhr.
„Aua!“ Ich wand mich vor ihr, zerrte mit neuer Entschlossenheit an den Schnallen. „Was war das?“
„Es tut mir leid, Rachel, aber es war notwendig.“ Sie ging davon und legte das eigenartige zylindrische Gerät auf dem Tisch ab, bevor sie sich wieder mir zuwandte, ihr Daten Tablet fest in der Hand und eine grimmige Miene auf dem Gesicht. „Und es tut mir leid wegen der Kopfschmerzen, die Sie in den nächsten paar Stunden erleiden werden. Für gewöhnlich wären Sie im Transport unterwegs, während Ihr Gehirn sich an die NPU gewöhnt, aber diesen Luxus werden Sie nicht haben.“
„NPU? Was ist das?“ Ich wollte meine Hand an meine Schläfe heben und mir über die schmerzende Stelle reiben. Was zur Hölle hatte sie gerade getan? „Was haben Sie mit mir angestellt?“
Die Fesseln um meine Handgelenke lösten sich mit einem einfachen Fingerwisch der Aufseherin über ihr Tablet. Sie hob ihren Blick vom Tablet, um meinem Blick zu begegnen, und ich sah kein Mitgefühl darin, eher Mitleid. „Die NPU ist eine neuronale Prozessor-Einheit, die für den Transport vom Planeten notwendig ist. Die Neuro-Technologie verbindet sich mit dem Sprachzentrum Ihres Gehirns und ermöglicht es Ihnen, alle bekannten Sprachen der Koalitionsflotte zu verstehen und zu sprechen. Sie können ohne sie nicht als Braut abgefertigt werden.“
„Ich will keine Braut sein.“ Als ich aufstand, kam ein Wächter mit den nur zu vertrauten Handschellen heran, mit einer langen Kette zwischen den Handgelenken. Ich wusste, wohin er mich bringen würde: zurück ins Gefängnis, zurück in die Einzelhaft, wo die Wächter mich behandelten, als wäre ich unsichtbar, eine Ratte im Käfig, die Wasser und Futter brauchte und sonst nichts. Trotzdem war es besser als die Alternative. Ich wollte nicht mehr für sie sein als eine weitere Insassin, ein weiteres Maul zum Stopfen. Ich wollte ihnen nicht auffallen.
Aber ich war unschuldig. Bestimmt würden mein Anwalt und meine Freunde draußen der Wahrheit auf die Spur kommen. Ich musste daran glauben, dass der Richter, der meinen Fall behandelte, die Lügen der Anklage durchschauen konnte.
„Wenn Sie keine Braut sein wollen, warum sind Sie dann der Empfehlung Ihres Anwalts nachgekommen, sich testen zu lassen?“ Ihre Frage traf einen Nerv, aber ich weigerte mich, zurückzuweichen. Ich weigerte mich, zu glauben, dass das Justizsystem mich so völlig im Stich lassen würde.
„Für